Wegen neuem Wheelie-Assistent droht Busse
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TCS testet Töff-Fahrsysteme:Wegen neuem Wheelie-Assistent droht Busse

TCS testet moderne Töff-Fahrsysteme
Wegen neuem Wheelie-Assistent droht Busse

Immer mehr Töffs verfügen wie Autos über moderne Fahrassistenzsysteme. Die meisten arbeiten fehlerfrei und erhöhen die Sicherheit, urteilt der TCS. Manche können aber auch zweckentfremdet werden und gar zu Bussen führen.
Publiziert: 27.05.2021 um 16:22 Uhr
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Aktualisiert: 28.05.2021 um 11:20 Uhr
Andreas Engel

Töfffahren bedeutet für viele Freiheit pur. Auch in der Schweiz. Noch nie waren Motorräder so beliebt wie aktuell – die Pandemie hat das Freiheitsbedürfnis für viele offenbar noch grösser gemacht (Lesen Sie hier: Die schönsten Töff-Strecken der Schweiz). Doch so cool wie einst Tom Cruise in «Top Gun» ohne Helm Richtung Abendsonne bretterte, dürfen wir Schweizer nicht sein. Völlig zu Recht ist der Kopfschutz vorgeschrieben – viel zu gross wäre sonst das Verletzungsrisiko bei einem Crash. Und auch auf entsprechende Schutzkleidung am restlichen Körper verzichten die meisten Schweizer Töff-Fahrer nicht.

Aber auch die Töffs werden immer sicherer. So sind viele Motorräder mit allerhand Hightech ausgestattet, um die Sicherheit der Piloten weiter zu erhöhen. So ist ABS seit 2017 bei allen neu zugelassenen Töffs Pflicht. Das System verhindert wie beim Auto ein Blockieren der Räder, womit der Bremsweg kürzer und bestenfalls ein Sturz verhindert wird. Seit der ABS-Einführung kamen weitere Sicherheits- und Komfortfeatures dazu, die der TCS zusammen mit der Beratungsstelle für Unfallverhütung (Bfu) nun einem ausgiebigen Test unterzogen hat.

Sieben Systeme auf dem Prüfstand

Bei den Testmotorrädern handelt es sich um die drei marktrelevanten Modelle Ducati Multistrada, Honda Africa Twin und Kawasaki Ninja 1000SX. Diese sind neben dem ABS auch mit Kurven-ABS sowie einer Traktions-, Wheelie- und Stoppie-Kontrolle ausgestattet. Bei der Ducati wurden zudem die ganz neu auf dem Markt erhältlichen Systeme ACC (Abstandstempomat) und Totwinkelwarner geprüft.

Immer mehr Motorräder verfügen wie Autos über hochmoderne Fahrassistenzsysteme.
Foto: TCS
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Die gute Nachricht vorweg: Alle Systeme haben bei den Tests auf dem TCS-Trainingsgelände in Hinwil ZH äusserst zuverlässig funktioniert und erhöhen laut den Testern die Sicherheit von Motorradfahrerinnen und -fahrern massgeblich. Neben der deutlich geringeren Sturzgefahr dank ABS und Kurven-ABS konnte auch die Traktionskontrolle bei allen Modellen überzeugen. Sie verhindert auf nasser Fahrbahn ein Wegrutschen des Hinterrads, wenn der Pilot zum Beispiel in Kurven zu früh zu viel Gas beim Herausbeschleunigen gibt.

Sind alle Systeme sinnvoll?

Auch die Stoppie-Kontrolle erhält von den Testern Bestnoten: Bei einer Notbremsung verhindert das System ein Abheben des Hinterrads und somit schlimmstenfalls einen Überschlag des Piloten. Ebenfalls überzeugen konnten die beiden Weltneuheiten für Motorräder, Abstandstempomat und Totwinkelwarner. Sie funktionierten bei den Tests im öffentlichen Strassenverkehr sehr zuverlässig. Uneins sind sich die TCS-Tester allerdings über Sinn oder Unsinn der ebenfalls verbauten Wheelie-Kontrolle. Das System, das wie die Traktionskontrolle über die Motorsteuerung funktioniert, verhindert beim zu starken Dreh am Gasgriff ein unkontrolliertes Abheben des Vorderrads.

Bei Wheelie droht Busse

Bei zwei Test-Motorrädern kann die Wheelie-Kontrolle über mehrere Stufen eingestellt werden – das erlaubt ein unterschiedlich hohes Abheben des Vorderrads – auch für weniger geübte Piloten. In Ausnahmesituationen, etwa zum Überwinden kleinerer Hindernisse im Gelände, mag ein solches System sinnvoll sein. Im Strassenverkehr aber definitiv nicht.

Zudem ist ein sogenanntes Wheelie auf öffentlichen Strassen verboten. Grund: Laut Strassenverkehrsgesetz SVG handelt es sich um «Nichtbeherrschen des Fahrzeugs». Diese «einfache Verletzung der Verkehrsregeln» kann mit mehreren 100 Franken Busse geahndet werden. Zum anderen animiere ein solches System auch ungeübtere Töff-Fahrer zur unerlaubten Handlung. «Das stellt Sinn und Zweck des Systems etwas infrage und kann unter Umständen sogar gefährlich sein», urteilen die TCS-Tester.

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