Sich filmen im Auto
Keine Bussen dank Video-Beweis?

Wie Blick berichtete, sind Dashcams umstritten. Selten und fast nur, wenn man sich damit in schweren Fällen selbst entlastet, werden sie als Beweise zugelassen – wegen des Datenschutzes. Aber was, wenn man nur sich selbst filmt?
Publiziert: 30.07.2021 um 01:00 Uhr
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Aktualisiert: 03.08.2021 um 19:05 Uhr
Martin A. Bartholdi

Der Persönlichkeitsschutz und vielleicht auch etwas das Bestreben, nicht zum Denunziantentum aufzurufen, sind Gründe, wieso Schweizer Gerichte eine Dashcam-Aufnahme selten als Beweis zulassen. Es scheint daher fast nutzlos, die Mini-Kamera im Auto mitlaufen zu lassen. Die seltene Ausnahme: Will man sich selbst von einem schweren Vorwurf entlasten, wird dies teils akzeptiert.

Aber was, wenn man gar nicht den Verkehr filmen würde – sondern nur sich selbst? Diese Frage stellten uns zahlreiche Leserinnen und Leser. Interessant wäre eine Antwort auch für Blick-Autoredaktor Andreas Engel, der laut eigener Aussage den Gurt trug, aber trotzdem fürs Nichttragen gebüsst wurde. Die Antwort: Die Rechtslage bliebe eher heikel, aber die Chancen stünden besser.

Nur Innenraum filmen?

Der Überwachung des öffentlichen Raums, zu dem die Strasse gehört, sind sehr enge Grenzen gesetzt. Denn unsere Persönlichkeitsrechte erlauben es uns, selbst über Aufnahmen von uns zu bestimmen. Bei Dashcams können wir das nicht – da wir nicht einmal wissen, dass uns ein Autofahrender aufnimmt. Deshalb werden diese Aufnahmen nur selten als Beweismittel zugelassen.

Dashcams können in schweren Fällen von Gerichten als Beweis zugelassen werden, um die eigene Unschuld zu beweisen.
Foto: Shutterstock
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Hätte Redaktor Engel jedoch eine Aufnahme einer auf sich selbst gerichteten Dashcam gehabt, wäre die Rechtslage weniger delikat. Er hätte ja nicht die Öffentlichkeit, sondern den privaten Fahrzeug-Innenraum gefilmt. Das ist gestattet, falls darum herum nur wenig vom übrigen Verkehr zu sehen ist.

TCS-Anwalt lässt hoffen

Hätte Engel sich selbst gefilmt, hätten ihm die Dashcam-Aufnahmen eventuell also helfen können, urteilt dazu der TCS-Jurist Yves Alain Moor: «Falls die Aufnahmen nur das Auto betreffen, wäre sie als Beweismittel denkbar.» Es gibt aber eine Einschränkung. «Wenn der Richter die Aufnahmen zulässt.»

Denn der Knackpunkt ist: Auch in diesem Fall läge der Entscheid im Einzelfall beim Gericht. Es müsste abwägen, ob bereits eine 60-Franken-Busse wie jene von Redaktor Engel rechtfertigt, die Aufnahmen trotz genereller Vorbehalte gegenüber solchen Videoaufnahmen als Beweis auszuwerten. Und wie das beurteilt würde, ist angesichts der vagen Dashcam-Rechtslage eher offen.

Eher in schweren Fällen

Generell steigen die Chancen auf Zulassung einer Aufnahme als Beweismittel, wenn sie nicht andere be-, sondern einen selbst entlastet – und mit der Schwere des Verstosses. Wer etwa Nachrichten am Handy geschrieben haben soll, kann dafür in schweren Fällen auch mal mit drei Monaten Ausweisentzug bestraft werden. Dann könnte eine Dashcam, erhältlich für 25 bis über 200 Franken, entlasten.

Auch bei Unfällen dürften Dashcams tendenziell eher hinzugezogen werden, um den Hergang zu ermitteln. Auch wenn sie die Strasse filmen. Jedoch nur, falls dem Beschuldigten eine deftige Strafe droht. Das Strafgericht Basel sprach einen Autofahrer etwa anhand dessen eigenen Videoaufnahmen frei: Diese zeigten, dass die Frau, der er über den Fuss gefahren war, ihm keine Chance gelassen hatte, am Fussgängerstreifen rechtzeitig zu bremsen. Es überwog angesichts der Schwere (Körperverletzung!) des Falles das Interesse an dessen Aufklärung.

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