VW wird zur Öko-Marke
Gibts in Wolfsburg bald nur noch vegane Currywurst?

Volkswagen will sich vom Saulus zum Paulus der Autobranche wandeln. Mit Milliarden-Investitionen in eine riesige Elektro-Flotte und der konsequenten Senkung des CO2-Ausstosses wollen die Wolfsburger zum nachhaltigsten Autobauer der Welt werden.
Publiziert: 25.02.2019 um 08:50 Uhr
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Andreas EngelRedaktor Auto & Mobilität

Haben die in Wolfsburg zu viel am Diesel-Auspuff geschnüffelt? Der Eindruck entsteht, wenn man VW-Experten am Nachhaltigkeits-Workshop in der Gläsernen Manufaktur in Dresden (D) lauscht. Eben noch machte der Volkswagen-Konzern fast wöchentlich Schlagzeilen mit der endlosen Kette von Dieselskandal-Episoden. Und jetzt das: Vom Hightech-Standort Dresden aus wird die Kehrtwende um 180 Grad propagiert. 

«Klimawandel ist real»

«Wir wollen zum weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität werden», sagt Michael Liebert, Leiter Nachhaltigkeit bei VW. Sein Kollege und Leiter der neuen Elektro-Baureihen, Christian Senger: «Bis 2050 sollen unsere Autos 100 Prozent CO2-neutral sein.» Warum, erklärt der renommierte Umweltexperte Georg Kell, Sprecher des VW-Nachhaltigkeits-Beirats: «Der Klimawandel ist real und ein Thema, das jeden betrifft. Es führt kein Weg daran vorbei, von den fossilen Energieträgern wegzukommen.» Doch auch Kell habe bei der Anfrage aus Wolfsburg Zweifel gehabt, ob der grösste Autobauer der Welt wirklich den Willen für den Wandel aufbringe. Nun sagt Kell: «Was in den nächsten Jahren folgt, ist ein historischer Schritt in die Zukunft.» 

Grosse Worte. Ganz freiwillig kommt der Wandel vom Dieselsaulus zum Ökopaulus nicht: Nach den Milliarden-Bussen in den USA verpflichtete sich Volkswagen zum Wandel zum klimafreundlichen Unternehmen. Darüber muss der Konzern regelmässig dem US-Justizministerium Bericht erstatten. Die Dekarbonisierung, also das Senken des CO2-Ausstosses, soll sich durch den ganzen Konzern ziehen.

In der Gläsernen Manufaktur in Dresden (D) wurden letztes Jahr 14'000 elektrische Golf produziert.
Foto: Werk
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Ziel ist massive CO2-Reduktion

Die Werke sollen mehr Ökostrom nutzen, Zulieferer werden ab Mitte 2019 im Nachhaltigkeits-Rating bewertet, bei Nichteinhalten ausgeschlossen. Das aufgewendete CO2 eines kompakten Stromers – von Rohstoffen über Betrieb bis Recycling – soll von heute rund 30 Tonnen (zum Vergleich: Benzin-Golf 44 t) in den nächsten Jahren massiv gesenkt werden. Auch der Strom für die Elektroflotte (ob übers öffentliche Ionity-Ladenetz oder VWs Heim-Ladestationen) soll komplett aus erneuerbaren Energien stammen. Nicht vermeidbare Emissionen sollen kompensiert und damit etwa Regenwälder geschützt werden. 

50 neue E-Autos bis 2025

Bis 2025 investiert der VW-Konzern 34 Milliarden Franken in die E-Mobilität und will 50 (!) E-Modelle auf den Markt bringen. Alleine die Marke VW soll dann auf mehr als 20 E-Modelle kommen. Los gehts Anfang 2020 mit dem Neo als erstem Modell der ID-Elektroreihe. Nach dem Golf-Pendant Neo, der je nach Akku 330 bis 550 Kilometer weit kommen soll, folgen der SUV ID Crozz, der Van ID Buzz und die Limousine ID Vizzion – alle auf der neuen E-Plattform MEB. 

Kunden schlecht informiert

Die Wolfsburger sind überzeugt, dass die neuen Modelle auf Anklang stossen werden: Soeben wurde das Ziel, in einer ersten Welle 10 Millionen E-Mobile unters Volk zu bringen, auf 15 Millionen erhöht. Damit sie gekauft werden, müssen sie aber erst einmal schmackhaft gemacht werden – denn heute sind laut Umfragen noch rund 70 Prozent der Deutschen nicht oder kaum informiert. In der Schweiz dürfte es ähnlich sein. Liegt VW wirklich so viel an Nachhaltigkeit, müsste der Konzern konsequenterweise dann an sich auch die berühmte VW-Currywurst vegan anbieten – schliesslich verkauft VW, kein Scherz, mehr Currywürste als Autos!

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