«Der Verkehr hat nur wenig abgenommen»
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Im Stau trotz Corona:«Der Verkehr hat nur wenig abgenommen»

Stau trotz Corona
«Der Verkehr hat nur wenig abgenommen»

Wer morgens über den Nordring nach Zürich pendelt, steht momentan trotz Corona-Krise im Stau. Nutzt das Bundesamt für Strassen (Astra) als Bauherr der Einhausung Schwamendingen den Minderverkehr, um vorwärtszumachen? BLICK fragt nach.
Publiziert: 18.04.2020 um 00:59 Uhr
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Aktualisiert: 18.04.2020 um 07:48 Uhr
Andreas Engel

Für viele läufts am Morgen derzeit so ab: aufstehen, im Bad parat machen, Kaffee rauslassen und am heimischen Schreib- oder Wohnzimmertisch den Laptop hochfahren. Wenigstens bei denjenigen, die im Homeoffice arbeiten und trotz Corona nicht von Stellenabbau oder Kurzarbeit betroffen sind. Umso erstaunlicher, wenn dann die Verkehrsmeldung aus dem Radiolautsprecher scheppert: «Stau oder stockender Verkehr vor dem Schöneichtunnel stadteinwärts.»

Der Grund für die Verzögerung: Seit letzter Woche wird der Verkehr vor dem Schöneichtunnel in Richtung Zürich City, wo momentan der Bau für die Einhausung Schwamendingen in vollem Gange ist, nur noch einspurig geführt. Unsere erste Vermutung: Das auf der Grossbaustelle federführende Bundesamt für Strassen (Astra) hat auf die Corona-Situation spontan reagiert und wegen des gesunkenen Verkehrsaufkommens die Bauarbeiten vor dem Tunnel hochgefahren. Also ein Corona-Stau?

Können nicht einfach mehr bauen

Wir wollen es genauer wissen und fragen beim zuständigen Projektleiter Rolf Eberle (42) der Astra-Filiale in Winterthur ZH nach. «Die Anpassung der Spurführung hat nichts mit der aktuellen Corona-Situation zu tun», sagt Eberle. «Die Bauplanung für ein solches Grossprojekt wird lange im Voraus gemacht und kann gar nicht so kurzfristig geändert werden – wir können jetzt also nicht einfach mehr bauen.»

Die Grossbaustelle der Einhausung Schwamendingen in Zürich-Nord ist ein Projekt der Superlative: Das Autobahnende vor dem Schöneichtunnel wird auf rund einem Kilometer Länge zu einem Tunnel.
Foto: Philippe Rossier
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Kurzfristig musste hingegen auf die Hygieneregeln des Bundesamts für Gesundheit (BAG) reagiert werden – und zwar von den auf der Baustelle zuständigen Bauunternehmen. Sie seien für den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter verantwortlich. «Wir wollen schliesslich nicht, dass sich die Arbeiter gegenseitig anstecken», erklärt Eberle. Dafür waren auch Anpassungen im Baustellenbetrieb notwendig. So würden beispielsweise bei der Baustelle in Schwamendingen die Arbeitenden gestaffelt auf die Baustelle fahren und machten nicht mehr alle zusammen Pausen. Zudem wurden kleinere Arbeiten unterbrochen, bei denen der notwendige Abstand zwischen den Arbeitern nicht eingehalten wird. «Trotz dieser Massnahmen rechnen wir aktuell aber mit keinen zeitlichen Bauverschiebungen.»

Morgenspitzen konstant

Doch warum stauts im Moment überhaupt in den Stosszeiten – schliesslich dürfte der Verkehr doch wegen der Corona-Krise deutlich abgenommen haben? «In Grenznähe oder beim Alpenverkehr stimmt das. Aber auf den Hauptverkehrsachsen im Mittelland ist das Verkehrsaufkommen seit Beginn des Lockdowns nur um etwa 10 bis 20 Prozent zurückgegangen», erklärt Jérôme Jacky (29), Mediensprecher beim Astra Winterthur. «Das Einzige, was weitestgehend wegfällt, ist der Freizeitverkehr. Die Morgenspitzen in städtischen Gebieten sind aber relativ konstant geblieben.» Und dann staunen wir: «Auf der Zufahrt in die Stadt Zürich stellen wir sogar eine leichte Verkehrszunahme fest», sagt Jacky. Dies, weil viele Pendler vom ÖV aufs Auto umgestiegen seien.

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