Organische Stoffe sollen die E-Mobilität revolutionieren
Kommt jetzt die Öko-Batterie?

Die Batterieproduktion für Elektroautos steht vor allem wegen der Gewinnung nötiger Rohstoffe wie Lithium und Kobalt in der Kritik. Andreas Hintennach forscht bei Mercedes an Bio-Batterien als künftiger Alternative.
Publiziert: 20.04.2020 um 11:24 Uhr
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Aktualisiert: 11.02.2021 um 17:55 Uhr
Interview: Joaquim Oliveira

Er hat zwei Doktortitel, einen in Elektrochemie und den zweiten in Medizin, hat in der Schweiz und Deutschland studiert und lehrt am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Heute ist Andreas Hintennach (36) einer der weltweit führenden Spezialisten auf dem Gebiet der Batterieforschung. BLICK hat mit ihm über die Elektroauto-Batterie der Zukunft gesprochen.

BLICK: 20 Jahre nach den ersten Hybridautos haben Autoindustrie sowie Verbraucher erkannt, dass das Elektroauto auf lange Sicht die Mobilitätslösung sein könnte. Wie lange wird es dauern, bis dies Realität wird?
Andreas Hintennach:
Die Entwicklungen sind riesig, aber es braucht seine Zeit. Tatsächlich waren die Kosten für Batterien Ende der Neunzigerjahre so hoch, dass man nicht glauben konnte, dass Elektroautos jemals grosse Verkaufsvolumen erzielen könnten. Aber im Jahr 2020 betragen die Kosten für Batterien nur 20 Prozent der damaligen Kosten.

Bei neuen Batterie-Chemikalien wie Lithium-Silizium bestehen einige Sicherheitsrisiken. Welche speziell?
In den letzten Jahren wurden einige Sicherheitsprobleme gelöst, aber wir brauchen noch ein paar Jahre, bis es für die Serienproduktion bereit ist. Wir wissen mit Sicherheit, dass in kleinen Zellen keine Explosionsgefahr besteht, und dies ermöglichte die Integration zum Beispiel in Hörgeräte. Für grössere Anwendungen müssen wir jedoch in den nächsten 24 Monaten noch einige Tests durchführen.

Kommt jetzt die Bio-Batterie? Andreas Hintennach gilt weltweit als einer der profiliertesten Batterieexperten und leitet die Batterieforschung bei Mercedes.
Foto: Daimler AG
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Derzeit dominieren asiatische Unternehmen den Batteriemarkt. Gibt es deutliche Unterschiede zwischen Anbietern wie LG, Panasonic und Co.?
Eigentlich nicht sehr. Die Unterschiede in der jeweiligen Technologie, die sie verwenden, reichen nicht aus, um das eine oder andere Produkt hervorzuheben. Auffällig ist, dass einige bessere Preise erzielen, weil sie schnellere Produktionssysteme haben.

Organische Batterien gelten als Alternative zu herkömmlicher Batteriechemie. Wie funktionieren sie und wann werden sie in Autos zum Einsatz kommen?
Organische Batterien enthalten keine Metalle oder giftigen Materialien. Sie verwenden oxidierte organische Bestandteile von Pflanzen, Pilzen, Bakterien und Tieren. Sie sind viel billiger und die Prototypen zeigen, dass sie 5000 Ladezyklen standhalten können – das sind fünfmal so viele wie mit der heutigen Lithium-Ionen-Chemie. Die Batterien funktionieren dabei ähnlich wie Brennstoffzellen. Stellen Sie sich zwei Wassertanks vor, die elektroaktive organische Materialien enthalten: einen mit einer negativen Lösung und einen mit einer positiven Lösung. Wenn wir sie dann in einen zentralen Tank giessen, der durch eine Membran getrennt ist, setzt die Wechselwirkung von Chemikalien in der Membran Energie frei.

Werden bereits organische Batterien verwendet?
Wir haben bereits einige in unseren Testlabors, aber wir sind weit von endgültigen Anwendungen entfernt. Wir könnten sogar einen Prototyp für die Demonstration vorbereiten, aber das macht das reale Anwendungsszenario nicht schneller. Wir sind noch in der Forschungsphase. In den nächsten 15 Jahren werden sie noch nicht marktreif sein.

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