Neuwagenmarkt-Halbjahresbilanz
Ein Drittel weniger Autos verkauft

Wegen der Corona-Pandemie wurden in der Schweiz in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 34,3 Prozent weniger Neuwagen verkauft als 2019. Experten rechnen mit dem schlechtesten Verkaufsjahr seit der Ölkrise Mitte der 1970er-Jahre.
Publiziert: 03.07.2020 um 12:03 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2020 um 10:13 Uhr
Raoul Schwinnen

Die gute Nachricht für die Branche vorweg: Im Juni kamen in der Schweiz 24'477 neue Autos auf die Strasse. Damit war der Juni der stärkste Auto-Verkaufsmonat in diesem Jahr. Die Bestelleingänge steigen also nach der Wiedereröffnung der Showräume am 11. Mai wieder. Dennoch relativiert Christoph Wolnik von der Importeursvereinigung Auto Schweiz: «In den vergangenen Jahren war der Juni schon immer einer der stärksten Monate. Und das aktuelle Juni-Ergebnis ist zwar erfreulich, bedeutet aber dennoch ein Minus von 13,8 Prozent gegenüber dem vom Juni 2019, das damals schon 9,8 Prozent unter Juni 2018 lag.»

Nach den ersten sechs Verkaufsmonaten 2020 fehlen mit 103'201 Immatrikulationen schon 53'935 Einlösungen im Vergleich zum Vorjahr – und Wolnik befürchtet, dass diese Zahl im zweiten Semester noch höher wird. Auto Schweiz rechnet bis zum Jahresende mit 240'000 verkauften Neuwagen. Das entspräche rund 70'000 Neuzulassungen oder 23 Prozent weniger als 2019 und wäre das schlechteste Ergebnis seit der Ölkrise in den 1970er-Jahren.

Alternative auf dem Vormarsch

Weiter auf Rekordniveau bewegen sich dagegen die Verkäufe von Autos mit alternativen Antrieben. Mit 21,6 Prozent Marktanteil (einer Verdoppelung gegenüber dem ersten Halbjahr 2019!) verfügte mehr als jeder fünfte bislang in diesem Jahr neu eingelöste Personenwagen in der Schweiz über einen Hybrid-, Elektro-, Gas- oder Wasserstoffantrieb.

Die Halbjahresbilanz bei den Neuwagenverkäufen sieht düster aus. Corona und der Lockdown lassen den Automarkt in der Schweiz um einen Drittel schrumpfen.
Foto: zVg
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Aber auch hier könnten Corona und die Abhängigkeit der Schweizer Importeure von den Herstellern Auto Schweiz einen Strich durch die Rechnung machen. «Corona machte rund um die Welt Werkschliessungen nötig. Bis die Produktion wieder hochgefahren ist und reibungslos funktioniert, kann es noch Monate dauern», erklärt Wolnik. Deshalb hätten einige Hersteller fürs zweite Halbjahr 2020 vorgesehene Modelleinführungen bereits auf 2021 verschoben.

EU-Absatzmärkte haben Priorität

Dazu kommt, dass sich die Zurückhaltung der Schweiz bei der Förderung von Alternativantrieben im zweiten Semester nachteilig auswirken könnte. Wolnik: «Viele EU-Länder wie Frankreich oder Deutschland haben teils zeitlich begrenzte Zusatzprogramme zur Förderung von Elektrofahrzeugen aufgelegt. Deshalb werden die Hersteller in den nächsten Monaten eher daran interessiert sein, die dortige Nachfrage, die eher noch steigen dürfte, zu bedienen.» Das könnte für die Schweizer Importeure bedeuten: Sie erhalten ihre gewünschten Kontingente an Fahrzeugen mit Alternativantrieben nicht mehr – und geraten deshalb in Konflikt mit den für dieses Jahr sowieso verschärften CO2-Zielen.

79 Millionen CO2-Bussen für 2019

Der durchschnittliche CO2-Ausstoss 2019 von neuen Schweizer PWs betrug gemäss aktueller Information des Bundesamts für Energie (BFE) 138,1 g/km. Dieser Wert ist 0,3 g/km höher als 2018 und liegt gar 8,1 g/km über dem damals gültigen Zielwert von 130 g/km.

Die Auto-Lobby begründet den leichten Anstieg trotz den effektiv sparsamer gewordenen Fahrzeugen mit dem neuen Prüfzyklus WLTP, der auf dem Papier zu höheren CO2-Werten führt gegenüber dem alten NEFZ-Messzyklus.

Der VCS dagegen reklamiert, dass bereits im vierten Jahr in Folge der geltende Zielwert nicht erreicht wurde. Und stört sich daran, dass die fälligen Sanktionszahlungen sich auf nur 79 Millionen Franken oder im Schnitt 250 Franken pro verkauftem Neuwagen belaufen. Das entspricht der gesetzlichen Regelung, liege aber gemäss VCS-Geschäftsführer Anders Gautschi bei einem durchschnittlichen Neuwagenpreis von 43'400 Franken unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Autokäuferinnen und -käufer. Auch für die Branche selbst seien die Sanktionen kein grosser Budgetposten.

Das dürfte sich dieses Jahr aber ändern. Denn ab 1.1.2020 gilt der neue CO2-Grenzwert von 120 g/km. Amag-CEO Morten Hannesbo rechnete deshalb bereits am Jahresanfang mit empfindlich höheren CO2-Strafen für 2020 und 2021.

Der durchschnittliche CO2-Ausstoss 2019 von neuen Schweizer PWs betrug gemäss aktueller Information des Bundesamts für Energie (BFE) 138,1 g/km. Dieser Wert ist 0,3 g/km höher als 2018 und liegt gar 8,1 g/km über dem damals gültigen Zielwert von 130 g/km.

Die Auto-Lobby begründet den leichten Anstieg trotz den effektiv sparsamer gewordenen Fahrzeugen mit dem neuen Prüfzyklus WLTP, der auf dem Papier zu höheren CO2-Werten führt gegenüber dem alten NEFZ-Messzyklus.

Der VCS dagegen reklamiert, dass bereits im vierten Jahr in Folge der geltende Zielwert nicht erreicht wurde. Und stört sich daran, dass die fälligen Sanktionszahlungen sich auf nur 79 Millionen Franken oder im Schnitt 250 Franken pro verkauftem Neuwagen belaufen. Das entspricht der gesetzlichen Regelung, liege aber gemäss VCS-Geschäftsführer Anders Gautschi bei einem durchschnittlichen Neuwagenpreis von 43'400 Franken unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Autokäuferinnen und -käufer. Auch für die Branche selbst seien die Sanktionen kein grosser Budgetposten.

Das dürfte sich dieses Jahr aber ändern. Denn ab 1.1.2020 gilt der neue CO2-Grenzwert von 120 g/km. Amag-CEO Morten Hannesbo rechnete deshalb bereits am Jahresanfang mit empfindlich höheren CO2-Strafen für 2020 und 2021.

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