Neuer VW Golf: Mildhybride und Plug-ins in zehn Versionen
Jetzt wird der Golf elektrischer

Alle reden über VWs Elektro-Offensive mit ID.3 und ID.4. Aber: Auch normale VW-Modelle wie der Golf kommen nicht mehr ohne Strom aus – mal mehr, mal weniger.
Publiziert: 09.10.2020 um 14:19 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2020 um 11:36 Uhr
Andreas Faust

Volkswagen erfindet sich gerade neu. Mit frischen Stromern wie ID.3 und ID.4, die konsequent auf einer eigenen Elektro-Plattform basieren, die sich für alle möglichen Modelle bis zum Bulli anpassen lässt. Mit einer offeneren Unternehmenskultur, damit so etwas wie der Dieselskandal von 2015, dessen juristische Aufarbeitung gerade begonnen hat, künftig unmöglich ist.

Und mit einer neuen Herangehensweise ans Auto: Statt klassischem Automobilbau sollen neue Modelle künftig von der Software her gedacht werden. VW-CEO Herbert Diess will das Unternehmen zum Technologiekonzern umbauen. Vorbild: Tesla. So ganz rund lief das beim Start des ID.3 noch nicht. Aber immerhin hat der Konzern ihn nach nur fünf Jahren Entwicklungszeit auf die Räder gestellt.

Zehn Golf unter Hochspannung

Pech für die konventionellen Modelle, dass nur noch Stromer künftig interessieren? Nein, weil auch Verbrenner ihren Teil beitragen müssen zur Einhaltung des CO2-Grenzwertes. Und dabei von den Stromern technisch profitieren können – mal mehr, mal weniger. Deshalb kommt jetzt auch der Ex-Bestseller Golf mit Mild-Hybridantrieb mit 48-Volt-Bordnetz oder als Plug-in-Hybride mit bis zu 245 PS und 80 Kilometern rein elektrischer Reichweite. Wenn die Palette im kommenden Jahr komplett sein wird, inklusive dem im Herbst startenden Kombi Variant, werdens zehn Golf unter Hochspannung sein.

Jetzt wird der Golf elektrischer: Weil die CO2-Emissionen runter müssen, profitiert jetzt auch der einstige VW-Bestseller Golf von der Elektrifizierung.
Foto: Zvg
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Kleinster Teilzeitstromer ist ein Mildhybrid mit 110-PS-Dreizylinder mit 4,3 l Schnittverbrauch auf 100 Kilometern und Zylinderabschaltung, den es schon beim Marktstart gab. Mildhybrid? Zusätzlich zur normalen 12-Volt-Batterie verfügen diese über ein 48-Volt-Bordnetz – mehr Spannung heisst dabei mehr Rekuperation und mehr Zusatzschub beim Anfahren. Für den sorgt ein kleiner Elektromotor, der den Benziner startet, anschiebt und beim Bremsen Energie zurückgewinnt. Was bringts uns? Rund vier Deziliter weniger Verbrauch im Vergleich zu einem gleich starken nicht-elektrifizierten Motor.

Jetzt wird gesegelt

Und mehr Spurt-Spass beim Anfahren, weil der kleine Elektromotor sich spürbar mit ins Zeug legt. Ausserdem völlige Stille, wenn man Gas wegnimmt, das serienmässige Doppelkupplungsgetriebe auskuppelt, der Benziner abstellt und man mit Schwung dahinrollt – sozusagen segelt, wie es die VW-Ingenieure nennen. Bringt nichts? Wenn man mal draufachtet, kann man im Schnitt in gut 30 Prozent einer Fahrt vom Gas gehen.

Neu gibts die gleiche Technik jetzt auch mit 150 PS aus 1,5 Litern Hubraum und vier Zylindern; im kommenden Jahr folgt auch noch eine Version mit 131 PS. Äusserlich sieht man den Teilzeit-Stromern nichts an – nur beim Segeln merkt man es, weil es leise ist.

Konkurrenz für den GTI

Star-Stromer wird aber der neue Golf GTE, der gerade zu den Händlern rollt. Mit 245 PS Systemleistung rollt er auf Augenhöhe mit dem GTI – und schaut auch so aus mit den zehn LEDs im Tagfahrlicht, fetten Frontschürzen und Karo-Sitzbezügen. Für den Antrieb sorgen ein 150 PS Turbobenziner und ein bis zu 110 PS liefernder Elektromotor, der im serienmässigen Doppelkupplungsgetriebe mit sechs Gängen steckt. Nein, einfach addieren kann man die Werte technisch nicht, deshalb bleibt es bei 245 PS.

Im Vorgänger gabs nur eine kleine Lithium-Ionen-Batterie, jetzt reicht der neue 13-Kilowattstunden-Akku für bis zu 62 elektrische Kilometer – gut das doppelte der täglichen Strecke von Schweizerinnen und Schweizern. Nachladen lässt er sich an der Haushaltssteckdose innert 3 Stunden 40 Minuten.

Strom laden statt Sprit tanken

Und wie fährt er? Spurtstark, vor allem aus dem Stand heraus, wenn immer der E-Motor anfährt. Die 135 Kilogramm Mehrgewicht durch den Akku sind allerdings spürbar und wenn der Benziner bei mehr Leistungsbedarf oder leerer Batterie beispringt, scheint der GTE eine winzige Pause einzulegen. Reine Gewöhnungssache.

Und der Verbrauch? Ein Fabelwert, wie immer bei Plug-in-Hybriden, deren Spritdurst für den Werkswert – vereinfacht gesagt – immer mit voller Batterie gemessen wird. Beim GTE sinds 1,7 l/100 km plus 12,4 kWh/100 km Strom. Rechnet man die Stromenergie auf Benzin um, wären das 3,2 Liter im Schnitt. Klar, Theoriewerte. Aber wer konsequent den GTE einstöpselt, der dürfte allermeistens ganz ohne Sprit auskommen.

GTE wird Topmodell

Wer noch ein paar Franken sparen will, kann die gleiche Technik, aber mit elektronisch gedrosselter Systemleistung von 204 PS auch als Golf eHybrid haben, der sich noch ein paar Deziliter Sprit weniger nimmt und 80 Kilometer elektrisch schafft. Dafür ist aber nicht nur der Antrieb verantwortlich: Dessen Steuerung schaut auch aufs Navi, kennt Tempolimite und merkt per Radarsensor, wenn vorne Verkehr auftaucht. Sie mahnt, den Fuss vom Gas zu nehmen, wenns nicht nötig ist, und bremst die Teilzeitstromer so präzise ab, dass man mit Tempo 50 am entsprechenden Schild vorbeirollt.

Bei den Mildhybriden beginnen die Preise bei 32'500 Franken (110 PS), fast 10'000 Franken über dem Basis-Golf. Die 150-PS-Version kommt ab 39'200 Franken; für den mittleren mit 131 PS, der später folgt, steht er noch nicht fest. Dabei ist aber immer auch schon der Doppelkupplungsautomat dabei. Der GTE toppt mit ab 49'050 Franken gar den GTI; als eHybrid mit 204 PS wirds 3600 Franken günstiger.

Retten die Strom-Gölfe nun VWs CO2-Bilanz? Sie helfen. Aber ohne die lokal emissionsfreien Stromer gehts künftig definitiv nicht.

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