Lange Lieferfristen und steigende Preise
So viel teurer macht Putins Krieg unsere Autos

Microchip-Krise, steigende Rohstoffpreise, Container-Mangel: das Autogeschäft wird massiv eingebremst. Die Folge: Rückläufige Absätze, lange Lieferfristen und steigende Preise. Doch wie viel teurer wurden unsere Autos tatsächlich? Blick klärt auf.
Publiziert: 28.07.2022 um 05:12 Uhr
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Aktualisiert: 29.07.2022 um 09:54 Uhr
Raoul Schwinnen

Im ersten Halbjahr 2022 kletterten die Fahrzeugpreise auf dem Online-Marktplatz Autoscout24 über alle Fahrzeugsegmente und Treibstoffarten auf Rekordhöhe. Bei den Neuwagen trieb das verknappte Angebot den durchschnittlichen Preis auf 54’730 Franken – plus acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auf dem Occasionsmarkt lag der Preis für ein Fahrzeug mit durchschnittlich 29’916 Franken sogar um 14 Prozent höher als noch vor einem Jahr. Warum?

Weil manchen Herstellern noch immer Chips fehlen, weil Container für den Transport von Zuliefererteilen knapp sind und vor allem im Zuge des Ukraine-Krieges sich Rohstoffe und Energie massiv verteuert haben. Interessant: Gemäss Autoscout24 verzeichneten Elektroautos mit Preisaufschlägen von 16 Prozent die stärkste Zunahme. Verbrenner verteuerten sich dagegen nur um sieben Prozent. Doch laut den Neuwagen-Importeuren fallen die Preisaufschläge bei elektrifizierten oder rein elektrischen Modellen moderater aus.

Blick hat verglichen und für die 15 meistverkauften Autos der Schweiz (Stand Ende Juni 2022) Preisaufschläge zwischen 0,8 und 16,7 Prozent seit Sommer 2021 errechnet.

Beispielsweise Peugeots Verkaufschefin Jördis Kutscher weist darauf hin, dass die Preise im Elektrobereich praktisch stabil blieben. So legte die Batterieversion des Peugeot 208, der e-208 Active mit 136 PS, zwischen Juli 2021 und Juli 2022 lediglich von 34’050 um 700 Franken auf 34’750 Franken zu – ein Aufschlag von lediglich 2,1 Prozent. Bei Peugeots Einstiegsmodell 208 Like PureTech mit 75 PS ging der Preis dagegen im gleichen Zeitraum von 18’000 Franken auf 21’000 Franken (Juli 2022) hinauf – also um satte 16,7 Prozent (siehe Tabelle).

Corona, Microchip-Krise, steigende Rohstoffpreise – all dies macht unsere Neuwagen teurer. Wie viel? Blick nimmt die Einstiegspreise der 15 beliebtesten Modelle in unserem Land unter die Lupe.
Foto: Getty Images
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Schweizer sollen mehr E-Autos kaufen

Damit versuchen die Importeure die Konsumentinnen und Neuwagenkäufer zu umweltfreundlicheren Modellvarianten hinzubewegen. Aus nicht ganz uneigennützigen Überlegungen – schliesslich möchten sich die Hersteller und Importeure die teuren, vom Staat auferlegten CO₂-Bussen für zu hohen CO₂-Flottenausstoss sparen. Und das geht nur, wenn Frau und Herr Schweizer möglichst CO₂-freundliche, sprich elektrifizierte Neuwagen kaufen.

Doch um wie viel wurde bei den populärsten Neuwagen in der Schweiz in den letzten zwölf Monaten konkret aufgeschlagen? Wir haben die aktuellen Preise der 15 meistverkauften Modelle im ersten Halbjahr 2022 mit jenen aus dem Sommer vor einem Jahr verglichen. Dabei fällt auf: Alle 15 Modelle sind im Zeitraum teurer geworden. Aber: Die Preiserhöhungen fallen gesamthaft gesehen moderater aus, als wohl viele erwartet haben.

Anpassungen an Crash-Normanforderungen

Hat Tesla beispielsweise in Deutschland seine Preise kürzlich massiv nach oben angepasst, fällt bei uns der Aufschlag der aktuell auf Platz 1 und 2 der Neuwagen-Hitparade liegenden Tesla Model 3 und Model Y mit 2,3 beziehungsweise 4,8 Prozent verhältnismässig niedrig aus. Deutlich höher: Die Preisanpassung von 8,4 Prozent bei der aktuellen Nummer 3, dem Skoda Octavia.

Bei Skoda begründet man die Aufschläge für die Einstiegsmodelle von Octavia und Kodiaq einerseits durch die Chipkrise und die steigenden Rohstoffpreise wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine. Aber auch mit umfangreicheren Serienausstattungen und Upgrades bei Sicherheits- und Assistenzsystemen, die durch die teils geänderten Crash-Normanforderungen der Euro NCAP nötig wurden.

Varianten werden reduziert

Bei Dacia begründet man den doch erheblichen Preisanstieg beim günstigsten Sandero ähnlich. Dacia habe aufgrund der Chipkrise und der gestiegenen Rohstoffpreise seine Modellpalette und die Ausstattungsversionen auf die meistverkauften Varianten reduziert. So wird zum Beispiel die Einstiegsmotorisierung Sce65, die in der Schweiz sowieso kaum gefragt war, neu nicht mehr angeboten. Zudem wurden die Ausstattungspakete seit letztem Sommer angepasst. «Ein direkter Preisvergleich ist gar nicht mehr möglich, weil die Einstiegsvarianten Sandero TCe90 Comfort von Sommer 2021 und der aktuelle Sandero TCe90 Expression unterschiedlich ausgestattet sind», erklärt eine Dacia-Sprecherin. Und bei Mercedes erklärt sich, ähnlich wie bei BMW, die Preisdifferenz beim GLC mit dem inzwischen erfolgten Modellwechsel und einer Neu-Einpreisung.

Fakt ist: Die Neuwagenpreise wurden seit letztem Sommer in der Schweiz überall angehoben. Bei Verbrennermodellen meist etwas mehr als bei den elektrifizierten Varianten. Und die Situation ist momentan derart volatil, dass die meisten Importeure abwarten – und, wenn nötig, weitere Anpassungen vornehmen dürften.

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