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Gleiche Klimaziele für alle Neuwagen
Die Autobranche reagiert zähneknirschend

Das wütende Hupen der Autolobby im Vorfeld nützte nichts: Der Nationalrat hat gestern die Motion «Gleiche Klimaziele für alle Neuwagen» deutlich angenommen. Werden die betroffenen Autos nun teurer? Wir fragen nach.
Publiziert: 11.03.2021 um 17:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.03.2021 um 15:48 Uhr
Raoul Schwinnen

Die Schweiz schlägt bei den Klimazielen für Neuwagen einen eigenen Weg ein. Im Gegensatz zur EU gelten bei uns künftig auch für Modelle von Klein- und Nischenmarken dieselben CO2-Zielwerte wie für alle anderen Neufahrzeuge. Der Nationalrat nahm eine entsprechende Motion des Luzerner FDP-Ständerats Damian Müller mit 123 zu 54 Stimmen bei 3 Enthaltungen deutlich an.

Müller argumentierte bei seinem Vorstoss, dass zur Reduktion der Treibhausgasemissionen alle Marken beitragen müssten. Es gäbe keinen Grund, weshalb kleinere Marken, die im Gegensatz zur EU bei uns einen höheren Marktanteil hätten, bei Sanktionen fürs Nichteinhalten der CO2-Grenzwerte nicht gleich behandelt werden sollten. Nationalrat und Bundesrat zeigten sich mit diesem Anliegen einverstanden. Letzterer kann sich nach der gestrigen Abstimmung nun an die Umsetzung machen.

Importeurverband verärgert

Verärgert über die Motion und ihr Resultat ist man bei der Importeursvereinigung Auto Schweiz. Direktor Andreas Burgener wettert: «Es ist bitter, dass eine ehemals liberale Partei strengere CO2-Sanktionen, als sie in der EU gelten, befürwortet. Die Motion Müller basiert auf Irrtümern und trifft die Falschen. Einige Kleinwagen werden nun künstlich verteuert.» Und der Direktor von Auto Schweiz fordert: «Es braucht nun zwingend Anpassungen bei der Importregelung von erstmals in der EU zugelassenen Fahrzeugen.»

Freude herrscht bei FDP-Ständerat Damian Müller: Er brachte gestern seine Motion «Gleiche Klimaziele für alle Neuwagen» im Nationalrat durch.
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In der EU zunächst eingelöste Neuwagen dürfen derzeit nach sechs Monaten in die Schweiz eingeführt werden – ohne Strafzahlung und ganz gleich, wie hoch ihr CO2-Ausstoss auch sein mag. Damit befürchtet die Branche, dass Fahrzeuge mit höherem CO2-Ausstoss auf diesem Umweg in die Schweiz kommen könnten. Und damit zum hiesigen CO2-Ausstoss beitragen, nicht aber zum Umsatz der Schweizer Händler.

Schweigen bei Emil Frey ...

Verteuern der Entscheid des Nationalrats und die kommende CO2-Gesetzesänderung nun tatsächlich wie von Auto Schweiz prophezeit die Neuwagen-Preise? BLICK hat sich in der Szene umgehört und fragte bei Importeur Emil Frey nach. Denn die von der Frey-Gruppe importierten und bei uns beliebten Marken Subaru und Suzuki gelten durch ihre kleinen Marktanteile in Gesamteuropa als Nischenhersteller und kamen bislang in den Genuss von weniger strengen CO2-Limiten. Doch bei Emil Frey mag man sich nicht äussern und verweist, weil es sich um ein «übergeordnetes Thema» handle, auf den Branchenverband Auto Schweiz. Wir haken nach und wollen von Emil-Frey-Geschäftsführer Marcel Guerry per Mail konkret wissen, ob sich ein Suzuki Swift tatsächlich um sechs Prozent verteuert, wie uns dies die Motionsgegner vor der Abstimmung vorrechneten? Die Antwort: «Wir bitten um Verständnis, dass wir zum Thema – auch zu konkreten Fragen – keine Stellung nehmen möchten.»

Ähnlich die Reaktion bei den betroffenen Kleinherstellern. Auch die in der Schweiz besonders beliebten Luxussportler von Aston Martin, Ferrari oder McLaren profitierten bislang von humaneren CO2-Limiten. So darf etwa ein Ferrari 302 Gramm CO2 pro Kilometer sanktionsfrei ausstossen – also weit mehr als das doppelte normaler Neuwagen (118 g/km). Nach Annahme der Motion könnte sich nach Berechnungen des Bundesamts für Energie ein Ferrari 488 Spider von aktuell rund 280’000 Franken auf über 296’000 Franken verteuern.

... und auch beim Ferrarihändler

Wir wollten deshalb von einem Ferrari-Händler in Urdorf ZH wissen, ob er den drohenden CO2-Aufschlag direkt an seine zahlungskräftige Kundschaft weitergebe. Erst werden wir am Telefon abgewimmelt – der Verantwortliche sei in Meetings. Dann heisst es auf unser schriftliches Nachfragen: «No Comment».

Die Autobranche zeigt sich als eher schlechte Verliererin und reagiert verschnupft auf den gestrigen Parlamentsentscheid. Bleibt abzuwarten, wer die Zeche zu bezahlen hat. Die Hersteller und Importeure – oder doch direkt der Kunde?

Vorstoss im Nationalrat: Gleiche Klimaziele für alle Autos
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