Erste Fahrt im neuen Hyundai Ioniq 6
Der rutscht unter dem Wind durch

Hyundais neuer Edel-Stromer Ioniq 6 glänzt mit geringem Verbrauch dank minimalem Luftwiderstand. Aber ein Detail an der 325-PS-Limousine gibt auf der ersten Testrunde noch mehr zu reden.
Publiziert: 13.03.2023 um 19:07 Uhr
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Aktualisiert: 16.03.2023 um 11:21 Uhr
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Vor wenigen Jahren kratzte nur Tesla an der Marke von 600 Kilometern mit einer Batteriefüllung. Doch inzwischen schafft das auch die Nobelmarke Mercedes und jetzt mit Hyundai sogar eine Volumenmarke, die Stromer für alle anbietet. Der neue Ioniq 6 kommt 614 Kilometer weit mit einer Füllung seines netto 74 Kilowattstunden (kWh) fassenden Akkus. Macht je nach Antriebsversion einen Schnittverbrauch von 14,3 oder 15,1 kWh/100 km. Da kommen selbst kleinere Elektroautos oft nicht mit.

Weder Elektronik noch Batterietricks verhelfen dem Fünfplätzer zum Spartalent, sondern gute alte Physik: Je geringer der Luftwiderstand, desto weniger Energie brauchts, um ein Auto zu beschleunigen. Deshalb erinnert der Ioniq 6 in der Silhouette an einen Wal oder Pinguin im Wasser: Flache Front, Buckel über den Passagierköpfen und lang auslaufendes Heck – ein «Entenschwanz», sagt Hyundai. Ein wenig wie bei der Mercedes-Studie EQXX, die elektrische Rekordreichweiten schaffte. Bei den Serienautos reichts hinter dem Mercedes EQS für den Ioniq 6 allerdings nur für Platz zwei mit einem cW-Wert von 0,21.

Was ist der cW-Wert?

Als cW-Wert bezeichnet man umgangssprachlich den Strömungswiderstandskoeffizienten eines Körpers – zum Beispiel einer Autokarosserie. Er lässt sich entweder rein mathematisch oder aber im Windkanal ermitteln. In letzterem Fall wird die Kraft, die anströmende Luft auf das stehende Auto ausübt, mittels Sensoren in der Bodenplatte gemessen und per Formel der Koeffizient errechnet. Einflussfaktoren sind die Luftdichte, die Windgeschwindigkeit und die Stirnfläche des Objektes. Der cW-Wert hat keine Masseinheit.

Ein möglichst geringer Luftwiderstand wirkt sich positiv auf den Verbrauch aus. Heisst: Verdoppelt ein Auto seine Geschwindigkeit, dann wirkt der vierfache Luftwiderstand auf das Fahrzeug.

Als cW-Wert bezeichnet man umgangssprachlich den Strömungswiderstandskoeffizienten eines Körpers – zum Beispiel einer Autokarosserie. Er lässt sich entweder rein mathematisch oder aber im Windkanal ermitteln. In letzterem Fall wird die Kraft, die anströmende Luft auf das stehende Auto ausübt, mittels Sensoren in der Bodenplatte gemessen und per Formel der Koeffizient errechnet. Einflussfaktoren sind die Luftdichte, die Windgeschwindigkeit und die Stirnfläche des Objektes. Der cW-Wert hat keine Masseinheit.

Ein möglichst geringer Luftwiderstand wirkt sich positiv auf den Verbrauch aus. Heisst: Verdoppelt ein Auto seine Geschwindigkeit, dann wirkt der vierfache Luftwiderstand auf das Fahrzeug.

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Mehr Platz als erwartet

Der sorgt auch für eine spezielle Optik. Mit dem kantigen SUV-Schwestermodell Ioniq 5, mit dem sie sich die Technik teilt, hat die Limousine wenig gemein. Vorn wirkt sie fast wie ein Coupé der 1980er-Jahre und hinten wie ein – tatsächlich – Porsche. Zumindest auf den ersten Blick, denn in den Proportionen fehlts an Breite. Dafür gibts einen Heckspoiler mit drittem Bremslicht – der Ioniq strahlt nach hinten wie ein Weihnachtsbaum. Kein Auto für jeden Geschmack, aber eins mit eigenständigem Charakter.

Gute alte Physik statt Elektronik oder Batterietricks: Hyundais neuer Ioniq 6 schafft in der sparsamsten Version bis zu 614 Kilometer mit einer Batteriefüllung.
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Drinnen gibts erstaunlich viel Platz dank fast drei Metern Radstand; vor allem in der zweiten Reihe und dort auch für die Köpfe. Die Beine könnte man fast übereinanderschlagen auf den Rücksitzen. Deren Lehnen lassen sich 60:40 umklappen und vergrössern so den Kofferraum von sonst 401 Litern. Vorne sitzt man höher als in einer Limousine erwartet – nicht verwunderlich, denn die Batterie im Unterboden braucht Raum. Die zwei XL-Monitore für Instrumente und Infotainment kennt man aus anderen Hyundai-Stromern, aber das Interieur wirkt angenehm konservativer dank breiter Mittelkonsole vorn und echten Tasten für alle Klimafunktionen. Die Türverkleidungen sind so dünn, dass die Fensterheber auch mittig platziert sind.

Sparsamer als hohe SUVs

Zwei Versionen gibts zum Start in der Schweiz: Den Hecktriebler mit 229 PS (168 kW) und maximal 614 Kilometern Reichweite (ab 67'900 Franken) und den Allradler mit 325 PS (239 kW) und 583 Kilometern (ab 71'900 Franken). Die optionalen 20-Zoll-Pneus kosten gegenüber den serienmässigen 18-Zöllern deutlich Reichweite, weil sie schwerer sind – aber auch hübscher. Beiden Versionen gemeinsam ist die Batterie mit 74 kWh Nettokapazität, die sich dank der Betriebsspannung von 800 Volt der Ioniq-Modelle mit bis zu 220 Kilowatt (kW) Ladeleistung in 18 Minuten von zehn auf 80 Prozent befüllen lässt.

Auf Testrunde um Madrid federt und lenkt die Basisversion etwas geschmeidiger und spurtet dennoch flott an der Ampel los. Überraschend: Mit 13,6 kWh/100 km unterbieten wir locker die Werksangabe trotz viel Autobahn. Im Allradler gehts straffer zu, spürt man ab und an den Antrieb in der Lenkung, kommt aber auch flotter voran – macht 16,6 kWh/100 km. Was den aufrecht im Wind stehenden SUV Ioniq 5 mit gleicher Technik dennoch locker unterbietet.

Hyundai Ioniq 6

Antrieb Elektromotor, 229 PS (168 kW), 350 Nm@1/min, Hinterradantrieb, oder 2 Elektromotoren, 325 PS (239 kW), 605 Nm@1/min, Allradantrieb, 1-Gang-Automat, Akku brutto 77,4 kWh (netto 74,0 kWh)
Fahrleistungen 0–100 km/h in 5,1–7,4 s, Spitze 185 km/h, Reichweite WLTP 583– 614 km
Masse L/B/H 4,86/1,88/1,50 m, ab 1985 kg, Laderaum 401 l plus 14,5 oder 45 l unter der Fronthaube («Frunk»)
Verbrauch WLTP 14,3–15,1 kWh/100 km = 0 g/km CO, Energie A
Preis ab 67'900 Franken

Antrieb Elektromotor, 229 PS (168 kW), 350 Nm@1/min, Hinterradantrieb, oder 2 Elektromotoren, 325 PS (239 kW), 605 Nm@1/min, Allradantrieb, 1-Gang-Automat, Akku brutto 77,4 kWh (netto 74,0 kWh)
Fahrleistungen 0–100 km/h in 5,1–7,4 s, Spitze 185 km/h, Reichweite WLTP 583– 614 km
Masse L/B/H 4,86/1,88/1,50 m, ab 1985 kg, Laderaum 401 l plus 14,5 oder 45 l unter der Fronthaube («Frunk»)
Verbrauch WLTP 14,3–15,1 kWh/100 km = 0 g/km CO, Energie A
Preis ab 67'900 Franken

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Gewöhnungsbedürftig ist nur eins: Die Basisversion kommt mit herkömmlichen Aussenspiegeln, die vom Wind umtost werden. Das fällt umso mehr auf, weil der Ioniq 6 sonst so leise ist. Optional gäbe es kleinere Kamera-Aussenspiegel, die auch einige Mehr-Kilometer bei der Reichweite herausholen dürften – prima! Nicht ganz durchdacht ist aber die Position der Monitore, in die die Kameras ihr Bild projizieren. Auf der Beifahrerseite passts perfekt, man schaut frontal auf den Schirm. Auf der Fahrerseite blickt man aber in viel zu spitzem Winkel hinein.

Bitte ganz genau hinschauen

Vor allem, wenn man überholen will, störts: Checkt man vor dem Ausscheren die Überholspur im Spiegel auf herannahende Fahrzeuge, so sind diese in der vordersten Ecke des Monitors kaum zu erkennen. Das hat Hyundais Nobeltochter Genesis beim GV60 viel besser gelöst. Abhilfe: Entweder umgewöhnen und mehr den Innenspiegel nutzen – oder bei den klassischen Spiegeln bleiben.

Blick-Fazit: Hyundais Ioniq 6 ist ein komfortabler Reise-Stromer mit viel Platz und Charakterkopf-Design. Dafür und für die noch immer fast konkurrenzlose Ladeleistung geht auch der Preis ab 67'900 Franken in Ordnung. Nur bei den Aussenspiegeln ist analog für einmal besser als digital. Marktstart ist bei uns Mitte März.

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