Diesel-Debatte und Fahrverbote
Das müssen Sie jetzt wissen!

Kürzlich beschloss das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (D), dass Fahrverbote von Dieselfahrzeugen in deutschen Innenstädten erlaubt sind, wenn die Schadstoff-Grenzwerte überschritten werden. BLICK klärt die wichtigsten Fragen zur Dieseldebatte und die Folgen für Schweizer Autofahrer.
Publiziert: 19.03.2018 um 20:37 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 23:50 Uhr
Andreas Engel

Worum gehts genau?

Konkret gehts um den zu hohen Ausstoss der gesundheitsgefährdenden Stickoxide (NOx) – speziell von Dieselfahrzeugen. Dies führt in deutschen Innenstädten regelmässig zu einer Überschreitung der Stickstoffdioxid-Werte (NO2-Werte). Dort drohen nun Fahrverbote, weil NO2 nachweislich Atemwegs-Erkrankungen begünstigt.

Dieselfahrern drohen Fahrverbote in deutschen Innenstädten.
Foto: zvg
Auch Schweizer Fahrzeuge benötigen zur Einfahrt in deutsche Umweltzonen die entsprechende Plakette.
Foto: GTÜ

Sind von allfälligen Dieselfahrverboten auch Schweizer Diesel-Fahrer betroffen?

Die Fahrverbote gelten für alle! Allerdings gehts in der Diskussion nur um Innenstädte oder gar nur bestimmte Strassen, die vom Fahrverbot betroffen sein könnten. Ein generelles Fahrverbot, etwa auf dem Land, wirds nicht geben.

Diese Schilder kennzeichnen in deutschen Städten die Umweltzonen.
Foto: zvg

Wann kommen Fahrverbote?

In Hamburg könnten Fahrverbote schon Ende April Realität werden. Aber nur auf einigen wenigen Strassenabschnitten. Ende Jahr könnte Stuttgart folgen und Verbote für Diesel (bis und mit Abgasnorm Euro 4) verhängen. Fahrzeuge mit Euro 5 und 6 dürfen voraussichtlich bis Herbst 2019 weiterdieseln.

Darf ich gar keine Diesel mehr kaufen?

Doch. Allerdings sollte dieser nach der neuen, strengeren Abgasnorm Euro-6d-Temp geprüft sein – davon gibts zur Zeit erst wenige Fahrzeuge (siehe Tabelle). Während Euro-5-Modelle noch 180 mg NOx/km auf dem Rollenprüfstand ausstossen durften und in der Praxis meist ein vielfaches dieser Menge emittierten, sind es bei Euro 6d Temp nur noch 80 mg. Noch wichtiger: Die Autos werden auch im Realbetrieb getestet und dürfen dort maximal das 2,1-fache – also 168 mg NOx – ausstossen. Und dieser Grenzwert wird in den kommenden Jahren weiter sinken!

Diese Diesel haben die neue Abgasnorm Euro 6D Temp: BMW 2er Active Tourer 216d/218d/220d
Foto: Werk
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Kommts in Schweizer Städten zu keinen Überschreitungen der NOx-Werte?

Seit 1980 ist der Ausstoss von NOx laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) in der Schweiz um 60 Prozent zurückgegangen. Dennoch wird der NO2-Grenzwert von 30 µg/m3 im Jahresmittel in Gebieten mit hoher Verkehrsdichte immer noch überschritten. Doch während etwa am Autobahnende in der Schimmelstrasse in Zürich-Wiedikon 1991 noch 77 kurzzeitige Grenzwertüberschreitungen von mehr als 80 µg/m3 NO2 gemessen wurden, waren es letztes Jahr nur noch zwei!

In der Schweiz sind noch keine Fahrverbote geplant.
Foto: zvg

Drohen auch in der Schweiz Diesel-Fahrverbote?

Eher nicht. Da der Diesel-Boom in der Schweiz später einsetzte als in Dieselnationen wie Deutschland oder Österreich, ist unsere Fahrzeugflotte moderner. Dennoch fordern erste Städte wie Genf mit Verkehrsdirektor und CVP-Politiker Luc Barthassat Fahrverbote für alte Dieselautos. Alleingänge einzelner Städte hält aber TCS-Vizepräsident Thierry Burkart (FDP) für unwahrscheinlich: «Aus heutiger Sicht muss man davon ausgehen, dass es dafür eine Regelung auf Bundesebene braucht.»

Welche Auswirkungen haben die Schadstoffe auf den Menschen?

In Deutschland sterben jedes Jahr rund 6000 Menschen an Herz-Kreislauferkrankungen, die von NO2 ausgelöst wurden. In der Schweiz geht das Bafu aufgrund der Luftverschmutzung von 3000 frühzeitigen Todesfällen im Jahr aus. Diese sind auf zu hohe Ozon-, Feinstaub- und NO-Werte zurückzuführen.

Die Umrüstung alter Diesel-Fahrzeuge ist kostspielig.
Foto: zvg

Gibts Nachrüstlösungen, um ältere Dieselmodelle «sauber» zu machen?

Bei vielen Dieseln lassen sich moderne SCR-Katalysatoren einbauen. Erste Nachrüstlösungen sind schon serienreif. So bietet Abgasspezialist Twintec ein System an, das Euro-5-Diesel auf Euro 6 trimmt. Dadurch sollen laut Hersteller die Stickoxide bis zu 94 Prozent unter realen Bedingungen reduziert werden. Der Haken: Das System kostet umgerechnet fast 2000 Franken. Auf diesen Kosten bleibt der Fahrzeug-Besitzer (vorerst) sitzen.

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