Bugatti Chiron: Exklusiver Supersportler
Das Auto der Superlative

Der Bugatti Chiron übertrumpft seinen Vorgänger Veyron in allen Belangen. Doch wie entsteht so ein Ausnahmesportler? SonntagsBlick besucht exklusiv die Traumfabrik im elsässischen Molsheim.
Publiziert: 25.07.2016 um 12:26 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 08:45 Uhr
Bugatti Chiron
Foto: Werk
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Andreas Engel

Jeder Mensch hat seinen Lebenstraum. Für Ettore Bugatti war es jener, das beste, luxuriöseste und eleganteste Automobil aller Zeiten zu bauen – und im Gegensatz zu unseren Träumen sollte seiner kein Traum bleiben. Und doch: Als der Bugatti-Gründer 1901 mit dem Typ 2 den ersten Bugatti auf die Strasse brachte und fortan Traumwagen erschuf, hätte er sich kaum träumen lassen, was 115 Jahre später in Molsheim (F) erschaffen werden sollte.

Bugatti-Entwicklungschef Willi Netuschil (rechts) erklärt...
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Der neue Bugatti Chiron ist mehr Biest als Auto. Stärker, schneller und exklusiver, als es je ein Supersportwagen zuvor war. Als einzige Schweizer Redaktion durfte SonntagsBlick Einblick in die Entwicklung und Fertigung des 1500-PS-Renners nehmen – vom Designentwurf bis zum letzten Qualitätscheck des drei Millionen-Franken-Traums.

Design – Form folgt Funktion

Die Vorgabe für den Veyron-Nachfolger Chiron formulierte Bugatti-CEO Wolfgang Dürheimer kurz und knapp: «Das Beste in allen Dimensionen spürbar besser machen.» Schon beim Design.

Eines der wichtigsten Stylingmerkmale bildet die geschwungene Bugatti-Linie aus einer 2,80 Meter langen, handpolierten Alu-Zierleiste, welche die Tür umschliesst. Nicht nur aus rein ästhetischen Gründen. «25 Prozent Mehrleistung gegenüber dem Veyron erfordern eine bessere Durchlüftung des Motors. Über diese C-Spange wird nun deutlich mehr Luft aufgenommen», erklärt uns Designchef Achim Anscheidt.

Der Bugatti Chiron ist wahnsinnig schnell und wahnsinnig teuer. Ein zentrales Stilelement ist die 2,8 Meter lange, handpolierte Alu-Zierleiste in C-Form.
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Stolz ist er auf die Rücklichter. Das Lichtband erstreckt sich über 1,60 Meter Breite, eingefasst in aus dem Vollen gefrästes Aluminium. «Das Bauteil ist absolut einzigartig. Die Produktion ist so komplex, dass wir den Zulieferer regelrecht überreden mussten», so Anscheidt. Dass die Voll-LED-Scheinwerfer mit 90 Millimeter (!) Höhe flacher sind als je zuvor, wird da fast zur Randnotiz.

Sünde aus Silber

Monocoque, Aussenhülle und Unterboden bestehen komplett aus Karbon, das für eine Steifigkeit wie bei einem LMP1-Rennwagen sorgt. Jedes Chiron-Teil durchlief eine aufwendige Gewichtsdiät. Wirklich jedes? «Einzige Ausnahme ist unser neues Front-Emblem», verrät Anscheidt schmunzelnd: «Es besteht aus massivem Silber und Emaille und wiegt 155 Gramm!»

Das von Hand eingesetzte Emblem im Kühlergrill besteht aus Silber und Emaille.
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Natürlich wird auch innen nicht gespart. In den vier Hochtönern der Soundanlage kommt je eine 1-Karat-Diamant-Membran zum Einsatz! Fahrer und Beifahrer trennt die c-förmige Bugatti-Linie, die mit einer dimmbaren Lichtspange inszeniert ist – selbstverständlich der längste Lichtleiter im Automobilbau.

Ausgekleidet mit feinstem Leder, bestückt nur mit den nötigsten Instrumenten – auch das Chiron-Cockpit ist ein Kunstwerk.
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Auf der schmalen Mittelkonsole thronen nur vier runde Tasten fürs Klima; die ultrascharfen Digitalanzeigen für Infotainment und Fahrdaten stecken im Hauptinstrument. Analog bleibt einzig die Tachoanzeige, und für die drücken sich Buben gerne die Nase an der Scheibe platt: Sie endet erst bei 500 km/h!

Technik – alles ausser gewöhnlich

Herzstück jedes Chiron ist der W16-Motor. «Um die Leistung gegenüber dem Veyron nochmals um 25 Prozent zu steigern, haben wir fast jedes Teil neu konstruiert», erklärt Entwicklungschef Willi Netuschil. So etwa stärkere Turbolader: Mittels Registeraufladung arbeiten bis 3800/min nur zwei, erst danach zwei weitere.

Beim Analogtacho ist erst bei 500 km/h Schluss.
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Das Resultat ist eine lineare Leistungskurve – und eine atemberaubende Beschleunigung. Von 0 bis Tempo 300 benötigt der Chiron knapp 13,6 Sekunden; die Spitze liegt bei 420 km/h (elektronisch begrenzt!). Die 1500 PS und 1600 Nm werden über ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe mit der – logisch – grössten Kupplung der Welt im PW-Bereich an alle vier Räder übertragen.

Der Spoiler ist auch eine Bremse

Erstmals kommt bei Bugatti ein adaptives Fahrwerk zum Einsatz. Je nach Fahrmodus passen sich das Karosserie-Höhenniveau, die Härte der Dämpfer, Lenkung oder Gaspedalkennlinie an.

Am Anfang war...
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Hinzu kommt ausgeklügelte Aerodynamik: Der adaptive Heckflügel stellt sich je nach Situation ein und unterstützt bei Bedarf die Karbon-Keramik-Bremsen in der aufrecht stehenden Air-Brake-Position. Da Fliehkräfte jenseits 400 km/h massiv sind – ein Gramm Gummi «wiegt» dann 3,8 Kilo – musste Michelin Hochleistungspneus fertigen – und in Amerika auf einem Prüfstand für Flugzeugpneus testen.

Überhaupt ist die Entwicklung des auf 500 Stück limitierten Chiron beispiellos: Die rund 30 Testfahrzeuge absolvierten mehr als 500'000 Testkilometer. Über 200 Reifensets liessen Gummi. Selbst die Prüfstände im Werk mussten wegen der irren Power des W16-Motors erneuert werden.

Die Reichtümer der Bugatti-Fahrer

Dass Bugatti-Kunden nicht am Hungertuch nagen, war zu vermuten. Dennoch beeindrucken die Zahlen: In durchschnittlich 4,6 Luxusvillen eines Bugatti-Besitzers parken neben dem Bugatti noch 41 Fahrzeuge. Um zu seinen 1,2 Yachten zu gelangen, stehen 3,2 Privathelikopter für den Transport bereit. Für längere Reisen warten 2,7 Privatjets – bestenfalls im Hangar des eigenen Flugplatzes.

Dass Bugatti-Kunden nicht am Hungertuch nagen, war zu vermuten. Dennoch beeindrucken die Zahlen: In durchschnittlich 4,6 Luxusvillen eines Bugatti-Besitzers parken neben dem Bugatti noch 41 Fahrzeuge. Um zu seinen 1,2 Yachten zu gelangen, stehen 3,2 Privathelikopter für den Transport bereit. Für längere Reisen warten 2,7 Privatjets – bestenfalls im Hangar des eigenen Flugplatzes.

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Bevor Kunden den Chiron persönlich in Empfang nehmen, wird er nochmals auf Herz und Nieren geprüft. Nicht auf normalen Strassen – sondern dem Flughafen Colmar (F). «Auf der Startpiste testen wir Bremsen, Launch Control und Airbrake und fahren 320 Stundenkilometer», verrät Willi Netuschil.

Danach wird der Überflieger vom Bugatti-Qualitätsmanager sechs Stunden gecheckt. Netuschil: «Unsere Kunden haben hohe Ansprüche – aber unser Qualitätsmanager ist der strengste Kunde von allen.»

Wie schnell kann der Chiron?

Irrwitzige 431 km/h – davon hätte Louis Chiron, Rennfahrerlegende und Namensgeber des neuen Bugattis, nur träumen können. Doch Bugatti wäre nicht Bugatti, wollten sie diesen bisherigen Rekord des Veyron nicht noch überbieten. CEO Wolfgang Dürheimer: «Wir wissen, dass der Chiron schneller ist. Nur wie schnell, wissen wir nicht.» Laut Berechnungen könne er 463 km/h schaffen.

Irrwitzige 431 km/h – davon hätte Louis Chiron, Rennfahrerlegende und Namensgeber des neuen Bugattis, nur träumen können. Doch Bugatti wäre nicht Bugatti, wollten sie diesen bisherigen Rekord des Veyron nicht noch überbieten. CEO Wolfgang Dürheimer: «Wir wissen, dass der Chiron schneller ist. Nur wie schnell, wissen wir nicht.» Laut Berechnungen könne er 463 km/h schaffen.

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