BLICK-Serie: So werden die 20er-Jahre (Teil 7)
Die Zukunft der Mobilität

Auf autonome Autos müssen wir zwar noch warten. Aber Elektromobilität, Carsharing und -abos und digitale Services für die letzte Meile werden unsere individuelle Fortbewegung in den kommenden zehn Jahren deutlich verändern.
Publiziert: 10.01.2020 um 05:47 Uhr
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Aktualisiert: 10.01.2020 um 10:02 Uhr
Andreas Engel

Autonomes Fahren

Im letzten Jahrzehnt überschlugen sich die Prognosen in Sachen autonome Autos: Es hiess, die Technologie stehe vor dem Durchbruch, Ende 2019 wollten erste Hersteller uns auf Autobahnen das Lenkrad aus der Hand nehmen. In der Tat wäre die Technik längst bereit: Moderne Autos sind für gewisse Teilstrecken, etwa gut signalisierte Autobahnen (ohne Baustellen), schon auf autonomes Fahren auf Level 3 ausgelegt – das Auto fährt selbst, der Fahrer übernimmt erst nach Vorwarnung wieder das Steuer.

Doch dann häuften sich Probleme, vermeintliche Details erwiesen sich als hohe Hürden. Hinzu kommt die Rechtslage: In der Schweiz muss der Lenker die Hände am Lenkrad haben. Und doch: Auf der Autobahn werden wir wohl noch im kommenden Jahrzehnt das Fahren dem Auto überlassen können. Auch Funktionen wie Ein-und Ausparken im Parkhaus werden automatisiert. Bis wir uns aber per App ein Roboterauto rufen, das uns in der komplexen City oder über Land von A nach B bringt, dauert es laut Experten noch satte 30 Jahre.

Elektromobilität

Die Wende zum elektrischen Auto ist vollzogen: Die Autohersteller investieren Milliarden in E-Antriebe – denn die gehen effizienter mit Energie um und sind trotz umstrittener Fragen (Stromquelle, Ladenetze, Umweltbilanz der Akkus und Recycling) die abgasfreie Zukunft. Allein VW will bis 2025 gut 50 E-Modelle herausbringen (im Sommer startet der VW ID.3 als potenzieller Mega-Seller bei uns). Schlicht, weil nur das E-Auto unsere individuelle Mobilität überlebensfähig macht. Doch die Verbrenner begleiten uns noch lange parallel.

Die Technik fürs autonome Fahren gibts bereits: Sie ist für den Einsatz im komplexen Alltag noch nicht ausgereift.
Foto: zVg
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Antriebsexperte Christian Bach von der Empa sagt: «Innerstädtisch macht ein E-Auto Sinn, aber schon im gemischten Verkehr würde ich momentan auf ein Gasauto setzen. Und für Langstrecken wird der Diesel in Zukunft weiterhin unverzichtbar bleiben.» Allerdings müsse, so Bach, synthetischer Diesel, den man aus überschüssigem Naturstrom CO2-arm erzeugen kann, ins Spiel kommen.

Auch Wasserstoff wird in den 2020er-Jahren vermehrt genutzt werden – vor allem, weil der Brennstoffzellen-Antrieb als einzige realistische Variante für elektrische Nutzfahrzeuge gilt: Akkus wären viel zu schwer, die Reichweiten zu gering für den Güter-Fernverkehr. Ob sich das im PW-Bereich etabliert, ist noch offen: Die Infrastruktur ist teuer, ebenso die Brennstoffzelle selbst.

Digitalisierung

Die SBB machts mit dem «Green-Class»-Abo vor: Zu einem monatlichen Fixpreis können Kunden ÖV und E-Auto mit weiteren Services wie Bike-Sharing oder Taxi kombinieren. Solche personalisierten Angebote werden in den nächsten Jahren rasant zunehmen – dank Digitalisierung. Schon heute können User via App automatisch Billetts lösen: Einfach vor dem Fahrtantritt aktivieren, und das Smartphone berechnet von selbst das günstigste Ticket.

Angebote für die letzte Meile, also von der Haltestelle bis zur Haustür, wie es sie heute in Form von Leihvelos oder E-Scootern schon gibt, werden in der Smart City zunehmen – über unser Smartphone wissen wir jederzeit, mit welchem Verkehrsmittel wir am schnellsten und günstigsten vorankommen. Die Digitalisierung hilft auch in der Agglo: Autonome Busse könnten schon bald mehr auf festgelegten Strecken verkehren und per App gerufen werden.

Konnektivität

Die Digitalisierung veränderte bereits unser Alltagsleben – und in den 20ern sind die Autos dran: Schon heute sind viele Neuwagen ständig online, dienen als rollendes Smartphone, kennen freie Parkplätze und kommunizieren. Die nächsten Schritt stehen bevor: Zwar können unsere Autos in den nächsten Jahren noch nicht autonom fahren, aber sie wissen, dass hinter der Kuppe ein Pannenauto steht oder dass die nächste Ampel rot ist oder dass in der Innenstadt gerade ein Parkplatz frei geworden ist.

Auch im Auto ändert sich manches: Künftige Head-up-Displays zeigen uns in wenigen Jahren auch gleich die Spur an, die das Navi empfiehlt – indem etwa in der Windschutz-Scheibe passgenau ein Pfeil über der Spur eingeblendet wird (Augmented Reality). Und die Bedienung erfolgt quasi in der Luft: Modernste Anzeigetechnik arbeitet mit Hologrammen, und Sensoren erkennen, welchen der virtuellen, im Interieur «schwebenden» Knöpfe wir nun gerade drücken.

Carsharing

Ob nun ein bestimmtes Auto auf Zeit im per Smartphone gelösten Abo oder das Teilen eines Fahrzeugs mit anderen Nutzern: Carsharing gibts bereits. Vor allem in urbanen Gebieten wächst die Zahl der Nutzer. Kein Wunder: Das Auto, das man nicht kauft, kostet weniger und braucht keinen Parkplatz, und gerade Städtern ist das eigene Auto nicht mehr so wichtig wie einst. In den 20ern wird dieser Trend massiv das Kauf- und Nutzungsverhalten verändern.

Aber auch hier gilt: Das frisch gekaufte, eigene und samstags auf Hochglanz polierte Auto als stolz gefahrenes Status- und Spassobjekt wird uns wohl noch lange erhalten bleiben.

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