Harley-Davidson Street Rod
Nächster Versuch

Die vor drei Jahren lancierte Harley Street 750 war eine Enttäuschung. Sie wirkte billig, dürftig verarbeitet und war im Vergleich zum Bestseller Sportster Iron zu teuer. Nun wagen die Amis mit der Street Rod einen neuen Anlauf. Mit besseren Erfolgsaussichten?
Publiziert: 12.06.2017 um 13:34 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:23 Uhr
Harley-Davidson Street Rod
Foto: Stefano Gadda und Lionel Beylot
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Daniele Carrozza

Das für die Wachstumsmärkte Indien, China oder Brasilien bestimmte Einsteigerbike Street 750 («Made by Milwaukee in India») sollte gemäss Harley auch die junge urbane Generation Europas ansprechen. Obwohl der «Revolution X» genannte, 58 PS starke 750er-V2 auf Anhieb gefiel, fiel das Gesamtpaket vor allem wegen unterdimensionierten Bremsen und indifferent dämpfendem Fahrwerk durch. Die Folge: die für 7750 Franken weiterhin angebotene Street 750 ist bei uns – trotz Nachbesserungen von Harley-Händlern und dem Mutterwerk – kein Erfolg.

Doppelt neuer Versuch

Nun wagt Harley mit der ebenfalls in Indien gefertigten und ab sofort ab 8500 Franken lieferbaren Street Rod auf Basis der Street 750 einen neuen Anlauf. Kenner der Marke wissen: Eine Street Rod gabs schon mal – 2006. Diese wurde allerdings nur gerade während zwei Jahren gebaut, obwohl sie als eine der fahraktivsten Harleys überhaupt in die Geschichtsbücher einging. Und an genau dieses Bike will die neue Street Rod anknüpfen.

Die neue Street Rod hat einen 71 PS starken V2 mit 750 Kubik Hubraum.
Foto: Stefano Gadda und Lionel Beylot

Kleine Mängelliste

Das Wichtigste vorab: Anmutung und Verarbeitungsqualität sind um Welten besser als bei der Street 750. Keine freistehenden Kabel und Stecker, durchs Band wertigere Komponenten und makellose Lackierung. Praktisch alles wirkt wie aus einem Guss gefertigt. Natürlich gehts nicht ganz ohne Kritik: So liegt beim nicht einstellbaren Bremshebel eine eher knappe Spreizung vor, die unveränderten Instrumente und insbesondere der Blinkerschalter bleiben fummelig – und beim Ampelstopp bekommen die Beine spürbar Abwärme vom Auspuff bzw. Zylinderkopf ab. Ebenfalls verbesserungswürdig: die Auffindbarkeit des Neutralen, die erst ab etwas über Schritttempo funktionierende Ganganzeige im kleinen LC-Display, die beim Anfahren nach wie vor leicht rupfende Kupplung und der etwas zu hoch liegende Fussbremshebel. Kleinigkeiten zwar, in Summe aber nicht gerade einsteigerfreundlich. Und an Einsteiger richtet sich die Street Rod.

Den Tacho als klassisches Rundinstrument hat Harley von der Street 750 übernommen.
Foto: Stefano Gadda und Lionel Beylot

Grosser Spassfaktor

Sehr erfreulich dagegen: Der neu «High Output Revolution X» genannte Twin-Motor wurde durchs Band besser und vor allem kräftiger. 18 Prozent mehr Leistung verspricht Harley – konkret 71 PS bzw. 65 Nm bei 9000 bzw. 4000/min. Die zusätzlichen Muckies entstanden dank neuem Luftfilter, knackigeren Steuerzeiten, höherer Verdichtung und neuem Auspuff.

Die Performance ist beeindruckend: Die Maschine ist hervorragend ausbalanciert und gibt sich super-handlich.
Foto: Stefano Gadda und Lionel Beylot

Erfreulich beim Fahren: die fahrfertig 238 Kilo schwere Street Rod liefert eine beeindruckende Performance. Sie ist hervorragend ausbalanciert, gibt sich super-handlich und zieht unabhängig vom angelegten Speed stets einen sauberen Strich. Die neuen Federelemente dämpfen anständig und bieten stets guten Komfort. Neben der Tatsache, dass sich die Street Rod auch dank ihres kleinen Wendekreises absolut einfach rangieren lässt, ist auch die Schräglagenfreiheit – von jeweils 30 auf jetzt knapp 40 Grad erweitert – sehr grosszügig bemessen.

Fazit

Die neue Street Rod ist die in jeder Hinsicht bessere und vor allem wertigere Street 750. Oder endlich jenes Einstiegsbike, wie wir es von Harley von Beginn weg gewünscht hätten.

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