Lamborghini Huracán Sterrato
So fährt sich der Gelände-Lambo

Sinnfrei, völlig überflüssig und irgendwie auch aus der Zeit. Doch genau das macht den spektakulären Lamborghini Sterrato so einzigartig. Blick fuhr bereits den atemberaubenden Offroad-Sportwagen.
Publiziert: 16.05.2023 um 05:06 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2023 um 11:01 Uhr
Stefan Grundhoff

Er ist der langsamste Lamborghini seit Jahrzehnten. Und doch dürfte kein Modell der italienischen Sportwagenmarke mehr das Kleinkind im Autofan wecken als der Sterrato. Klar, kann man den Supersportler aus Sant’Agata Bolognese (I) auch über Landstrassen oder Rundstrecken jagen, doch vor allem der wilde Drift auf unbefestigten Pisten lässt einen süchtig werden.

Nur 260 km/h Spitzentempo – da war vor knapp 60 Jahren beinahe ein Lamborghini 400 GT schneller. Doch um die schnöde Höchstgeschwindigkeit allein gehts beim Sterrato nicht. Dank Stollenreifen, Höherlegung und Offroadtrimm ist der Allradler ein Supersportler, der die meiste Laune macht, wenn der Asphalt endet. Eine sinnfreie Spassmaschine, ein Spielzeug, das man nie wieder loslassen und abends mit ins Bett nehmen möchte. Der Auftritt mit Unterfahrschutz, Zusatzscheinwerfern, verbreiterter Spur und Dachreling ist geradezu martialisch – da fehlt nur noch die Seilwinde unterhalb der stechenden LED-Augen.

Einzigartiger Klang inklusive Staub

Am Steuer bleibt der 4,53 Meter lange Sterrato so freudvoll wie der normale Lamborghini Huracán – aber eben auf unbefestigter Piste. Asphalt? Nein danke – da gibt es bessere Sportwagen, die einen noch mehr verzaubern mit dem einzigartigen Klang eines V10-Saugmotors. Die 5,2 Liter Hubraum garantieren wie beim normalen Strassen-Huracán, der ein Gutteil der Technik spendiert, unverändert 610 PS (449 kW) und, wenn die Drehzahl stimmt, ebenso imposante 560 Newtonmeter maximales Drehmoment. Gerade das Richtige, um es im zweiten oder dritten Gang des siebenstufigen Doppelkupplungsgetriebes auf einer Sandpiste so richtig fliegen zu lassen.

Sinnfrei, völlig überflüssig und irgendwie auch aus der Zeit gefallen. Doch genau das macht den spektakulären Lamborghini Sterrato so einzigartig.
Foto: wolfango spaccarelli
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Wenn es ins leichte Gelände geht, zeigt der Sterrato dank 4,4 Zentimetern mehr Bodenfreiheit und um rund drei Zentimeter verbreiteter Spur vorne wie hinten ungeahnte Nehmerqualitäten. Sand, Geröll oder Schotter – einfach am Steuer ins Rally-Programm wechseln und der Lambo wird zum Offroad-Boliden. Gelenkt wird nicht nur mit dem Steuer, sondern mit Gasfuss und dem Lastwechsel beim Schalten. Das auskeilende Heck lässt sich bei mittlerer Drehzahl mühelos wieder einfangen.

Wem der Sterrato nur als ab 300'000 Franken teurer Blender gilt, sieht sich spätestens nach den ersten Kilometern auf Schotter, Sand oder Geröll eines Besseren belehrt: Der Zweiplätzer ist wild und schnell zugleich, ohne den Piloten zu überfordern. Doch das ändert nichts daran, dass der rund 1,6 Tonnen schwere Sterrato auch auf bestens asphaltierten Fahrbahnen begeistern kann. Driften mag der Pseudo-Offroader besonders gern – nicht nur auf Sand. «Wir haben das Erlebnis eines echten Supersportwagens mit dem Fahrspass eines Rallyeautos kombiniert», sagt Rouven Mohr (43), Lamborghinis Chefentwickler.

Wozu der Innenspiegel?

Natürlich hat den Lamborghini Sterrato ebenso niemand vermisst wie den Porsche 911 Dakar mit ähnlichem Konzept. Doch wer in der eigenen Garage schon alles hat, der dürfte genau das noch nicht haben: Einen Offroader im Sportwagenkleid mit einem Äusseren, das zur Zurückhaltung ebenso wenig taugt wie die überdimensionalen LED-Wände am New Yorker Times Square. Das aus dem Dach ragende Sehrohr hat dabei nicht nur Designgründe. Es sorgt dafür, dass der Zehnzylinder auf staubigen Wüstenpisten auch saubere Luft bekommt. Die gibt es auch für die maximal zwei Passagiere, die sich über Sportsitze mit Alcantara-Bespannung freuen und auf den mässigen Touchscreen in der Mittelkonsole schimpfen. Und was bitte soll der Innenspiegel? Durch das geschlossene Heck sieht der Fahrer nicht mehr als den Gitterkäfig, der für Steifigkeit sorgt.

Doch die Staubfahne, die der Sterrato im unwegsamen Geläuf hinter sich herzieht, lässt den Blick nach hinten ohnehin entbehrlich werden. Für den Fall der Fälle verfügen die rustikalen Bridgestone-Offroadpneus über Notlaufeigenschaften. Selbst wenn sich der Sterrato ein Loch auf Lauffläche oder Flanke der 235er- vorn und 285er-Reifen hinten hineinfährt, ist er noch mindestens 80 Kilometer bis zur nächsten Werkstatt mobil. Und wer braucht diesen Lambo? Wahrscheinlich wird ein guter Teil in Sammlergaragen verschwinden. Wer noch einen ergattern will, sollte sich beeilen. Denn das Fahrzeug ist auf 1499 Exemplare limitiert.


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