So planen Porsche, BMW, Mercedes und Co. ihre Elektrosportler
Zylinder raus, Elektro rein!

Sportversionen der Modelle von Audi, BMW oder Mercedes müssen meist noch ohne Elektrifizierung auskommen. Vor allem die Batterie bringt zu viel Gewicht ins Auto und bremst ein. Aber wegen der CO2-Werte muss eine Lösung her.
Publiziert: 11.06.2020 um 16:40 Uhr
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Aktualisiert: 31.07.2020 um 13:35 Uhr
Wolfgang Gomoll und Stefan Grundhoff

Wenige Kilos, viele Pferdestärken: Nach diesem Rezept konzipieren Audi, BMW, Mercedes und Co. jeweils die Sportversionen ihrer Modellreihen. Aber längst genügt es nicht mehr, nur Kilos einzusparen. In den Sportabteilungen der Hersteller wie der Audi Sport GmbH, BMW M oder Mercedes-AMG wird für die leistungsstarken Versionen von A6, 3er oder A-Klasse längst nach jedem überflüssigen Gramm gefahndet.

Genau deshalb meiden sie auch die Elektrifizierung mit zusätzlichen E-Motoren und zugehörigen Batterien. Vor allem Letztere machen Fortschritte bei der Gewichtseinsparung sofort wieder zunichte. Zudem schrumpft die Reichweite bei rasanter Fahrweise mit exponentiell in den nur noch zweistelligen Kilometerbereich.

In naher Zukunft müssen die Ingenieure der Dynamik-Abteilungen RS, M und AMG sich aber eine Elektrifizierungsstrategie zurechtlegen. Einerseits drohen in Innenstädten Fahrverbote für reine Benzin- und Dieselautos. Andererseits werden die Abgasrichtlinien immer strenger. Die neue EU-Norm 7 kommt, auch wenn die Details dazu noch nicht bekannt sind. Und sie wird definitiv schärfer hinsichtlich der Abgaszusammensetzung. Bei beiden Problemen kann die Elektrifizierung helfen.

Die Sportabteilungen tun sich schwer, Sportler wie den BMW M2 zu elektrifizieren.
Foto: Werk
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Welche Probleme gibt es?

Hemmende Faktoren sind jedoch nicht nur das Gewichte. Hinzu kommen die Kosten und fehlender Platz für die gesamte Technik. Wie anspruchsvoll das Thema ist, zeigt der aktuelle 911er. Obwohl Porsche bei Panamera und Cayenne schon viel Erfahrung mit Plug-in-Hybriden und damit Elektroantrieben sammeln konnte, wurde die letztes Jahr lancierte achte Auflage des Sportwagenikone nicht elektrifiziert. 911-Baureihenleiter Frank-Steffen Walliser erklärt: «Zu diesem Nichtfortschritt kam es, weil für uns eine Hybridisierung nur dann Sinn ergibt, wenn der Kunde im Alltag auch etwas davon spürt.» Gleichzeitig soll er sich bei der Bedienung nicht umgewöhnen müssen. Um bei einem relativ kleinen und mit Technik gefüllten Auto wie dem Porsche 911 auch noch Hybridtechnik unterzubringen, müsste wohl ein leistungsstarker Elektromotor im Automatikgetriebe integriert werden.

Während Supersportwagen die E-Power vor allem für mehr Leistung nutzen und auf eher kleine Akkus setzen, sollen RS-, M- und AMG-Modelle auch akzeptable elektrische Reichweiten erzielen. Denn so können die Kunden mit ihren bollernden Sport-Geschossen trotzdem flüsterleise in die Innenstadt gleiten. Auch das führt zum Spagat: Denn Audi, BWM wie Mercedes wollen die Batteriezellen grundsätzlich eher auf Sportlichkeit trimmen. Sprich: Sie sollen viel Leistung schnell abgeben zu können, statt mit dem Strom für maximale Reichweite hauszuhalten. Das erfordert auch ein aufwendiges und damit schweres Kühlsystem, weil die Zellen mehr Hitze abstrahlen.

Was soll der E-Motor bringen?

Die BMW M GmbH hat schon klare Vorstellungen eines Hybridmoduls. Elektrisch angetriebene Hinterräder gehören aber nicht dazu, wie Entwicklungschef Dirk Häcker verrät. «Der Elektroantrieb ist aktuell nicht so robust, dass ich ihm über lange Zeit die Hinterachse anvertrauen würde.» Statt als reine Antriebsquelle sieht er den E-Motor eher im Dienste der Fahrdynamik, also beim Verteilen der Antriebskraft auf die Achsen oder einzelne Räder. Häcker vermutet, dass das Hybridmodul inklusive 4x4 auf über 100 Kilogramm Gewicht kommen wird. Deshalb entwickelt BMW aktuell eine neue Plattform, die Elektrifizierung und Fahrdynamik besser vereinen soll – durch noch mehr Gewichtseinsparungen.

Dennoch stellt sich die Frage, was das für die Zukunft von Modellen wie dem BMW M2 bedeutet. Hier macht eine Hybridisierung mit schwerer Batterie ebenso wenig Sinn wie beim Audi RS3 oder dem Mercedes-AMG A 45. Hier dürften Mildhybrid-System mit Startergenerator und 48-Volt-Bordnetz zum Zug kommen. Dagegen wird es Audi RS6, BMW M5 und Mercedes-AMG E 63 in naher Zukunft wohl nur noch mit Stecker als Plug-in-Hybrid à la BMW i8 geben.

Wie viele Zylinder bleiben noch?

Woran die Kunden aber eher zu knapsen haben dürften, ist die drohende Beschneidung der Zylinderzahl. Bei Mercedes steht AMG für den V8-Biturbo-Motor – vielmehr: stand. Der nächste C 63 soll nur noch mit vier Zylindern und künstlich aufgepepptem Sound kommen. Auch beim kommenden SL plant Mercedes mit einem elektrisch unterstützten Vierzylinder.

Nur haben Drei- und Vierzylinder gerade bei Sportwagenfans keinerlei Lobby, das hat beispielsweise der i8 bewiesen. Deshalb werden Audi, BMW und Mercedes in Zukunft wohl vor allem auf doppelt aufgeladene Sechszylinder-Aggregate setzen – natürlich mit elektrischer Unterstützung. Damit sind die RS-, M- und AMG-Modelle der Zukunft zwar zylinderzahlmässig kastriert, werden mit teils 700 und mehr PS dafür aber noch stärker.

Rein elektrische Sportmodelle

Eine Sonderrolle nehmen nach wie vor die rein elektrischen Sportmodelle ein. Der Porsche 718 Cayman dürfte schon in naher Zukunft rein elektrisch über die Strassen flitzen. Auch wenn es die BMW-M-Macher noch nicht bestätigen wollen, wird es eine M-Version des Stromers BMW i4 geben. Die Plattform liesse das zu, und bei den Antrieben ist ja leistungsmässig auch noch Luft nach oben. Nötig wäre das Modell, um die Tesla-Jagd nicht nur dem Porsche Taycan und dem Audi E-Tron GT zu überlassen. Ein interessantes Gedankenspiel in der BMW-M-Strategie sind vier Elektromotoren – für jedes Rad einer. Damit könnte man auf viele Fahrwerksbauteile verzichten und die Räder einzeln perfekt ansteuern.

Es wird gemunkelt: Vom rein elektrischen BMW i4 soll es auch eine M-Version geben.
Werk

Eine Sonderrolle nehmen nach wie vor die rein elektrischen Sportmodelle ein. Der Porsche 718 Cayman dürfte schon in naher Zukunft rein elektrisch über die Strassen flitzen. Auch wenn es die BMW-M-Macher noch nicht bestätigen wollen, wird es eine M-Version des Stromers BMW i4 geben. Die Plattform liesse das zu, und bei den Antrieben ist ja leistungsmässig auch noch Luft nach oben. Nötig wäre das Modell, um die Tesla-Jagd nicht nur dem Porsche Taycan und dem Audi E-Tron GT zu überlassen. Ein interessantes Gedankenspiel in der BMW-M-Strategie sind vier Elektromotoren – für jedes Rad einer. Damit könnte man auf viele Fahrwerksbauteile verzichten und die Räder einzeln perfekt ansteuern.

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