«Ich habe gar keine Sympathie für die russischen Truppen»
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Britischer Soldat in Cherson:«Ich habe gar keine Sympathie für die russischen Truppen»

«Zu Hause bin ich ein Nichts»
Britischer Ex-Soldat (48) kämpft an der Seite der Ukrainer

Seine ukrainischen Kameraden nennen ihn «Grossvater». Mark Ayres hat sich im Kampf gegen Putins Armee aufs Schlachtfeld begeben. Aktuell muss er wegen einer schweren Kriegsverletzung in Odessa behandelt werden. Ans Aufgeben denkt er nicht.
Publiziert: 07.09.2022 um 16:13 Uhr
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Aktualisiert: 07.09.2022 um 17:25 Uhr

Der Kampfgeist der Ukrainer habe ihn inspiriert. Deshalb hat sich der britische Ex-Soldat Mark Ayres (48) dazu entschlossen, in die Ukraine zu reisen, um auf dem Schlachtfeld gegen Putins Armee zu kämpfen. Am ersten Tag, als die Gegenoffensive im Süden der Ukraine gestartet ist, habe Ayres mit seinem Maschinengewehr im Kampf gegen die russischen Truppen mehr als 2000 Kugeln abgeschossen.

Ayres ist Teil einer Aufklärungseinheit der ukrainischen Armee – als einer von drei Ausländern. Die Mission dieser Einheit ist die Rückeroberung von Cherson im Süden des Landes. «Die Kämpfe sind enorm intensiv, man steht beinahe ständig unter Beschuss», sagt er gegenüber CNN. «Wir haben hart gekämpft. Uns ist es gelungen, russische Stellungen zurückzuerobern.»

Schwer verwundet im Spital

Am zweiten Tag der Gegenoffensive habe Ayres durch eine Artilleriegranate eine schwere Wunde an seinem linken Bein erlitten. Vier weitere Personen aus seiner Einheit seien ebenfalls verletzt worden. Trotz dieser Verluste ist sich der Brite sicher: Die ukrainischen Truppen machen Fortschritte auf dem Schlachtfeld – langsam, aber sicher. «Es wird nicht schnell vorangehen», sagt Ayres. «Es ist ein harter, langsamer Kampf. Es geht Meter um Meter, Stellung um Stellung. Uns fehlen die Ressourcen für eine schnellere Gegenoffensive.»

Der Ex-Soldat Mark Ayres kämpft an der Seite der Briten.
Foto: Twitter
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In seinen Augen müsse die ukrainische Armee möglichst effizient handeln: «Wir müssen es smart angehen und dabei die Verluste so niedrig wie möglich halten.» Bislang haben die Truppen, so die Behauptungen der Ukrainer, eine Handvoll Siedlungen in der Region um Cherson zurückerobert. Gemäss britischen Geheimdienstexperten ist dies dadurch gelungen, dass die Taktik der Ukrainer Putins Armee bis zu einem gewissen Grad überraschen konnte.

Schon in Syrien gekämpft

Mark Ayres zog nicht nur für die Ukraine in den Krieg. Bereits in Syrien kämpfte er an der Seite von kurdischen Soldaten. Dort lernte er Michael Zafer Ronin (34) kennen, ein ehemaliges Mitglied der Marinekorps der USA. Auch Ronin reiste in die Ukraine und kämpft erneut mit Ayres Seite an Seite.

Der US-Amerikaner hat sich vergangene Woche ebenfalls Verletzungen zugezogen und wird nun behandelt. Die beiden werden derzeit in einem Spital in Odessa behandelt. Sowohl Ayres als auch Ronin haben einen Vertrag für drei Jahre als bezahlte Soldaten der ukrainischen Armee unterschrieben. Ronin beschreibt die Kampfmoral der Ukrainer als «ziemlich stark», wohingegen die russischen Truppen in seinen Augen «etwas unprofessionell und unorganisiert» wirken.

Seine Kameraden nennen ihn «Grossvater»

Für Mark Ayres geht es in diesem Krieg um «richtig oder falsch». Deswegen sei es für ihn nicht schwer, sich mit den Ukrainern zu verbrüdern. «Es war ein grundloser Angriff auf einen unabhängigen Staat.» Deshalb habe er keinerlei Mitgefühl für die russischen Soldaten.

Ayres habe inzwischen das Vertrauen seiner ukrainischen Kameraden gewonnen. Wegen seines weissen Barts nennen sie ihn «Grossvater». Wie konnte er sich so schnell in die Gruppe einfügen? «Sobald sie dich kämpfen sehen und spüren, dass du gekommen bist, um zu bleiben», erklärt Ayres, «hast du dir ihren Respekt verdient.»

In der Heimat ein Nichts

In seinen jüngeren Jahren war er Teil eines britischen Infanterie-Regiments, doch das ist nun schon länger her. «Zu Hause bin ich ein Nichts, nur ein alter Knacker, der in seinem gemieteten Zimmer dahinvegetiert.» Sein Einsatz in der Ukraine habe ihm einen neuen Sinn gegeben. «Jetzt bin ich ein Soldat und tue Gutes.»

Sobald die Verletzungen verheilt sind, ist für Mark Ayres klar: «Selbstverständlich gehe ich zurück aufs Schlachtfeld. Schliesslich bin ich ein Soldat.» (bab)


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