«Wollen an die Front und keinen Job»
Wagner-Soldaten jammern über normales Leben zu Hause

Die Wagner-Söldner kämpften in der Ukraine. Doch im Juni wurden sie abgezogen. Viele würden alles geben, um wieder an die Front zu dürfen. Die Ex-Söldner können sich nicht in den «normalen Alltag» einfinden, doch das Wagner-Büro rät zu einem Jobwechsel.
Publiziert: 07.09.2023 um 13:23 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2023 um 08:21 Uhr
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Jenny WagnerRedaktorin News

Sie leben, um zu töten: Die Wagner-Söldner verdienen ihr Geld damit, das Leben anderer auszulöschen, und dass sie ihr Handwerk gut beherrschen, zeigte der Krieg in der Ukraine. Dort waren es die Kämpfer der Wagner-Gruppe, die für die entscheidenden Erfolge der Russen sorgten – weil sie besonders brutal und skrupellos vorgingen.

Jetzt, wo sie nicht mehr an der Front stationiert sind, geht es vielen Söldnern schlecht. Laut russischen Medienberichten wurden viele Ex-Wagner-Söldner nach der Rückkehr aus dem Krieg kriminell. Viele sehnen sich nach der Front.

«Wenn die Wagner-Gruppe den Befehl gibt, in die Ukraine zurückzukehren, werde ich auf Ellenbogen dorthin kriechen», sagt ein Wagner-Kämpfer zum Investigativportal Bumaga. Er befand sich seit 2017 im Donbass und wurde vom Kreml zum Oberstleutnant ernannt. 2022 kehrte er dem Kreml den Rücken zu und schloss sich als «einfacher Söldner» der Wagner-Gruppe an. Er verlor im Krieg beide Beine – doch jetzt nicht zu kämpfen zu dürfen, sei schlimmer für ihn.

Was passiert mit den Wagner-Söldnern?
Foto: keystone-sda.ch
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«Alle sagen mir, ich soll Arbeit suchen»

Ein weiterer Kämpfer (36) wurde für den Mord an seiner Frau verurteilt – und von Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin (†62) begnadigt. «Wenn du nicht zu Wagner gehst, wirst du hier verrotten», soll Prigoschin dem Häftling gesagt haben. Der Wagner-Boss rekrutierte viele Häftlinge für den Krieg und versprach ihnen Freiheit. Später erhielt der Söldner die Tapferkeitsmedaille – seit er im März aus dem Kriegsgebiet zurückkehrte, trinkt er. 

«Alle sagen mir, ich soll Arbeit suchen und ein friedliches Leben anfangen – aber das ist nicht so einfach», erzählt der Söldner. Und er ergänzt: «Ich würde jetzt alles liegenlassen, um zurück nach Bachmut zu kehren.» Doch für das russische Verteidigungsministerium direkt wolle er nicht arbeiten und töten. Die russische Armee sei in einem traurigen Zustand. «Die Wehrpflichtigen sind Kinder ohne jegliche Kampferfahrung. Sie halten ein Maschinengewehr in der Hand, und ihre Hände zittern», kritisiert er. Diesem Himmelfahrtskommando wolle er sich nicht anschliessen.

Bruch zwischen Kreml und Wagner-Boss

«Wer zum Verteidigungsministerium geht, ist ein Verräter», stellt der Söldner klar. Mit der Meinung ist er nicht allein. Für die meisten Kämpfer ist klar: Entweder sie kehren als Wagner-Soldaten zurück an die Front oder gar nicht. Denn der Streit zwischen den Wagner-Söldnern und dem russischen Verteidigungsminister ist längst nicht begraben. Der Konflikt zwischen dem toten Wagner-Boss Prigoschin und dem Verteidigungsministerium unter Leitung von Sergei Schoigu (62) führte zu einem Bruch zwischen Wagner und dem Kreml. Zwei Monate später kam Prigoschin bei einem rätselhaften Flugzeugabsturz ums Leben. Viele sind überzeugt, dass es sich um eine Hinrichtung handelte.

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Das Schicksal der Wagner-Gruppe ist ungewiss. Wie das oppositionelle Portal Waschnije Istorije herausfand, sind viele der Söldner derzeit beurlaubt. «Wartet ab oder sucht euch eine neue Methode, Geld zu verdienen», sagt der derzeitige Vertreter von Prigoschins Büro in St. Petersburg. Unterdessen versucht Schoigu, die ehemaligen Söldner unter seine Fittiche zu bringen.


 

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