Todkranker Brite (62) wird zum ersten Cyborg
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Science-Fiction als Realität:Todkranker Brite will erster Cyborg sein

Will Grenze zwischen Realität und Science-Fiction überwinden
Todkranker Brite (62) wird zum ersten Cyborg

Der britische Wissenschaftler Peter Scott-Morgan ist todkrank. Jetzt will er zum ersten Cyborg werden, einem Robotermenschen. Sich selbst sieht der Brite als «menschliches Versuchskaninchen, um zu sehen, wie weit wir Science-Fiction in die Realität umsetzen können».
Publiziert: 24.08.2020 um 18:14 Uhr
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Aktualisiert: 25.08.2020 um 06:53 Uhr
Daniel Kestenholz

Peter Scott-Morgan (62) leidet am Lou-Gehrig-Syndrom, einer unheilbaren Erkrankung des Nervensystems, die innert weniger Jahre zum Tod führt. Die Muskeln im Körper versagen nach und nach. Am Ende können nur noch die Gesichtsmuskeln, ganz zuletzt nur noch die Augenlider bewegt werden.

An der gleichen Krankheit litt auch der Wissenschaftler Stephen Hawking (†76). Bevor ihn dieses Endstadium erreicht, will sich Scott-Morgan zum Robotermenschen gemacht haben. Auf seiner Webseite scott-morgan.com führt er dies im Detail aus, wie er nichts Geringeres schaffen will als dem Tod ein Schnippchen zu schlagen.

2017 hatte Dr. Scott-Morgan die Diagnose erhalten. 2019 sei er tot. Die Zeit eilt. Scott-Morgan hat alles vorbereitet. Schliesslich möchte Scott-Morgan, dass ein «Exoskelett», eine Stützstruktur, seinen Oberkörper umhülle und ihm übermenschliche Kraft und die Fähigkeit verleihe, Menschen aus «Fleisch und Blut» zu überragen, wie er in einem Dokumentarfilm des britischen TV-Senders «Channel 4» sagt, der diese Woche ausgestrahlt wird.

Peter Scott-Morgan (62) ist todkrank. Er leidet an der unheilbaren Nervenerkrankung Lou-Gehrig-Syndrom.
Foto: Channel 4
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Avatar ersetzt erstarrtes Gesicht

«Betrachten Sie es als ein wissenschaftliches Experiment», lachte er dem Besucher entgegen. «Dies ist Cyborg-Territorium, und ich habe vor, ein menschliches Versuchskaninchen zu sein, um zu sehen, inwieweit wir Science-Fiction in die Realität umsetzen können.»

Ein Gedankenlese-Computer soll direkt an sein Gehirn angeschlossen werden und seine Gedanken fast augenblicklich zum Ausdruck bringen. Dabei wird sein gelähmtes, erstarrtes Gesicht durch einen hyperrealistischen Avatar ersetzt, der sich im Takt eines Sprachsynthesizers bewegen soll.

Damit werde er kein schlechteres Leben führen, beharrt Scott-Morgan. Er werde eine neue Version seiner selbst sein – und den Weg für eine Menschenrasse ebnen, die ihre Fähigkeiten mithilfe von Technologie erweitern könne.

Kann künstliche Intelligenz die Kontrolle übernehmen?

Dabei hat er bereits einige radikale Veränderungen an seinem Körper vorgenommen. Im Jahr 2018 liess er sich seinen Magen «umleiten», so sodass er nicht mehr auf eine Pflegekraft angewiesen ist, um zu essen oder zur Toilette zu gehen. Heute nimmt er, nach drei riskanten Operationen, Nahrung automatisch ein und diese wird automatisch ausgeschieden. Auch seinen Speichelfluss liess er unterbinden.

Demnächst wird der todkranke 62-Jährige seine Stimme verlieren. Daher verbrachte er Stunden damit, mithilfe von Wissenschaftlern Wörter und Sätze aufzuzeichnen. Diese Aufnahmen sollen ihm später als synthetische Stimme dienen, die fast wie das Original klingt. Dazu wurde ein fotorealistischer virtueller Avatar entworfen, der seine Lippen im Takt seiner Rede bewegt und Mimiken wie Lachen und Überraschung im Takt des Gesprächs zum Ausdruck bringt.

Der Bildschirm-Avatar wird seinen erstarrten Kopf verdecken. Dabei soll ihm künstliche Intelligenz (AI) helfen, spontane und ganze Antworten zu geben. Nach einer gewissen Zeit, so die Hoffnung, wird die Maschine selbstständig sprechen – und eine umstrittene Grenze überschreiten, was es bedeutet, Mensch zu sein. Dabei gebe es ein grösseres Problem, so die Computerwissenschaftlerin Lama Nachman, Direktorin im Anticipatory Computing Lab des Halbleiterriesen Intel. Nachman unterstützt Scott-Morgan bei der Erschaffung seiner synthetischen Stimme. Sie grosse Herausforderung sei, so Nachman, wie zu verhindern, dass AI die Kontrolle übernimmt.

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