Wie ein Lottogewinn
Frau kauft verschollenes Gemälde für vier Dollar in US-Brocki

Zuerst versauerte es zwischen Ramsch, dann hing es Jahre lang an einer Schlafzimmerwand – doch dass das Bild wirklich vom berühmten Maler N. C. Wyeth stammt, vermutete niemand. Nun wird es teuer versteigert.
Publiziert: 31.08.2023 um 17:09 Uhr

Eigentlich wollte eine Amerikanerin nur einen neuen Rahmen finden und stöberte deshalb in einem Brockenhaus in Manchester im US-Bundesstaat New Hampshire. Zwischen beschädigten Postern und Plakaten fand sie einen Rahmen, in dem ein schönes Bild steckte.

Sie scherzte noch, nun für gerade Mal vier US-Dollar «ein richtiges Gemälde» gekauft zu haben, berichtet der «Boston Globe». Sie sollte Recht behalten – doch das kam erst Jahre später raus.

Denn eine Recherche im Internet lieferte damals für die Käuferin keinen Hinweis darauf, dass das Gemälde, das zwei Frauen zeigt, wirklich von N. C. Wyeth (1882-1945) stammte, dessen Signatur auf dem Gemälde stand. Wyeth war ein berühmter Maler und Illustrator, dessen Kinder und Enkelkinder ebenfalls grosse Künstler wurden. Er kam 1945 drei Tage vor seinem 63. Geburtstag tragisch ums Leben, als sein Auto auf den Schienen schlapp machte und er von einem Zug erfasst wurde.

Das nun «Ramona» getaufte Gemälde war 80 Jahre lang verschollen. Die Frau, die es in einem Brocki gekauft hatte, hängte es unwissentlich an die Schlafzimmerwand.
Foto: Bonhams Skinner/N. C. Wyeth
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Facebook-Gruppe vermittelt Kontakt zu Kurator

Weil sich die Käuferin nicht sicher war, ob das Bild von Wyeth stammte, hängte sie es zunächst in ihrem Schlafzimmer auf, wo es Jahre lang hing. Irgendwann verstaute sie es im Schrank, sodass sie erst beim Putzen im Mai 2023 wieder über das Bild stolperte. Und sie wollte es nochmals versuchen, herauszufinden, um was für ein Bild es sich handelt.

Sie suchte sich Hilfe auf Facebook, konkret in der Gruppe «Things found in Walls», in der Nutzer Dinge posten, die sie versteckt auf dem Dachboden, zwischen ihren Wänden, in ihrem Hinterhof oder im verlassenen Haus gegenüber finden. Die Kommentatoren vermittelten der Frau den Kontakt eines ehemaligen Kurators, der Experte für die Gemälde der Wyeth-Familie ist.

Als dieser das Bild sah, war er begeistert. Er war sich zu 99 Prozent sicher: Es ist echt. Mehr noch: Das Bild gilt seit 80 Jahren als verschollen.

Bild entstand für vierteilige Serie

Dem «Bosten Globe» sagte der Experte: «Das Gemälde hatte zwar einige kleine Kratzer und könnte eine Reinigung vertragen. Aber es war in einem bemerkenswerten Zustand, wenn man bedenkt, dass niemand eine Ahnung von seiner Reise in den letzten 80 Jahren hatte.»

Es stellte sich heraus, dass Wyeth das Bild 1939 für eine vierteilige Serie gemalt hatte, die er als Buchcover für den Roman «Ramona» der Autorin Helen Hunt Jackson (1830-1885) schuf. Doch von dieser Serie ist bis heute nur noch ein weiteres Bild der Öffentlichkeit bekannt, wie das Auktionshaus Bonhams Skinner mitteilt.

Jenes Auktionshaus – eines der führenden auf dem Kunstmarkt – kam nun in den Besitz des Gemäldes und versteigert es im September. Man vermutet, dass es bis zu umgerechnet 220'600 US-Dollar einbringen könnte. Ganz andere Dimensionen, als die vier Franken, welche die Frau damals für das Bild gezahlt hatte. (dru)

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