Täter erschiesst zwei Menschen
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Anschlag in Halle (D):Täter erschiesst zwei Menschen

Wie 740 Polizisten den Halle-Killer jagten
Neonazi-Terrorist entwischte der Polizei drei Mal

Das Protokoll der Jagd auf Stephan B.* zeigt: Der Halle-Killer hatte deutlich mehr Glück als Verstand. Drei Mal entwischte er den Beamten.
Publiziert: 15.10.2019 um 12:56 Uhr
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Aktualisiert: 21.12.2020 um 17:08 Uhr
Jana L. wurde beim Terror-Anschlag von Halle getötet. Die 40-Jährige war leidenschaftlicher Schlager-Fan. Auf dem Bild posiert sie mit Sängerin Andrea Berg.
Foto: Zvg
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Am 9. Oktober 2019 tötete Neonazi Stephan B.* in Halle (D) zwei Personen (BLICK berichtete). Vor einer Synagoge erschoss er Schlager-Fan Jana L.* (†40), in einem Dönerladen Fussball-Liebhaber Kevin S.* (†20). B. wollte noch viel mehr Personen töten, war aufgrund eigener Unfähigkeit aber hauptsächlich auf der Flucht vor den Beamten – und hatte dabei mehr Glück als Verstand.

Die Polizei gab ein Protokoll der Jagd heraus, das «Bild.de» aufgegriffen hat. Es zeigt:

  • Nur rund zwei Minuten, nachdem B. von der Synagoge wegfährt, trifft der erste Streifenwagen am ersten Tatort ein.
  • Als B. einige Minuten darauf im Dönerladen Kevin S. erschiesst, geht bei der Polizei ein Notruf ein. Der Anrufer kommt aber zuerst nicht durch, weil die Telefone überlastet sind.
  • Als Stephan B. kurz darauf zum ersten Mal gestellt wird, kommt es zu einem Schusswechsel mit den Beamten. Er wird links am Hals von einer Kugel getroffen, schafft es aber trotzdem, ins Auto zu steigen und abzuhauen. Die Polizisten verlieren ihn aus den Augen.
  • Drei Minuten später fährt B. an einem Streifenwagen vorbei. Die Polizisten sind allerdings gerade dabei, ihre Schutzwesten anzuziehen und reagieren zu spät. Erst rund eine Stunde später wird B. von der Polizei wieder gesehen.
  • Dazwischen schiesst B. auf ein Pärchen in Wiedersdorf, rund 15 Kilometer von Halle entfernt. Anschliessend klaut er ein Taxi und wird auf dem Weg Richtung München von der Besatzung eines Streifenwagens entdeckt. Die Verfolgung scheitert jedoch, an einem Autobahnkreuz verlieren sie den Täter erneut aus den Augen.
  • Nur eine Minute danach wird B. aber wieder gesehen. Ein Funkstreifenwagen der Polizei entdeckt das Taxi mit dem Killer an einer Baustelle. Er hatte mit dem Auto Unbeteiligte gerammt, fuhr bei Rot über eine Ampel in der Baustellenumfahrung und krachte frontal in einen LKW. Das Glück hatte B. verlassen.
  • Insgesamt waren bei der Jagd auf Stephan B. 740 Polizisten im Einsatz.

Negative Bewertungen für Dönerladen

Während auch sechs Tage nach der Tat Ursachenforschung betrieben und vielerorts getrauert wird, machen sich rechtsextreme Trolle einen Spass aus den Geschehnissen. Der angegriffene Dönerladen erhält Bewertungen wie «Völlige Frechheit. Trotz angegebener Öffnungszeiten heute einfach zu gehabt. Musste hungernd wieder abziehen» – als Anspielung darauf, dass der Laden einen Tag nach den tödlichen Schüssen geschlossen hatte.

Ein anderer User schrieb sogar: «Die eine Bedienung hat die ganze Zeit alles fallen gelassen, und der andere hat sich hinterm Kühlschrank versteckt. Nie wieder.» Beide Kommentare erhielten Likes.

Noch viel mehr Nutzer solidarisieren sich allerdings mit dem Laden und verliehen ihm auf Google in den letzten Tagen fünf Sterne. Die negativen Kommentare wurden mittlerweile entfernt. (vof)

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