Wegen Volksverhetzung und Nazi-Kennzeichen
Gesuchter AfD-Politiker festgenommen

Am Montagmorgen wurde ein deutscher AfD-Politiker festgenommen. Ihm wird Volksverhetzung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen vorgeworfen. In Untersuchungshaft kommt er aber vorerst nicht.
Publiziert: 30.10.2023 um 10:24 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2023 um 21:05 Uhr

«Es war gar nicht so leicht, ihn zu finden», gibt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach unumwunden zu. Es ist Montag, Tag 5 nach Erlass eines Haftbefehls gegen den bayerischen AfD-Politiker Daniel Halemba. Gegen 8.00 Uhr fassen Polizisten den untergetauchten 22-Jährigen im baden-württembergischen Kirchheim unter Teck.

Mittels Fahndungsmassnahmen wie Handyortung kommen die Beamten dem jungen Mann auf die Spur. Seit vergangenem Donnerstag sucht ihn die Staatsanwaltschaft Würzburg, die seit Wochen wegen Volksverhetzung und Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen gegen Halemba ermittelt. Der in Polen geborene und im Norden von Baden-Württemberg aufgewachsene Politiker steht seit Wochen im Fokus. 

Am Montagabend schliesslich entscheidet das Amtsgericht Würzburg allerdings: Halemba kommt nicht in Untersuchungshaft, der Haftbefehl wird unter Auflagen ausser Vollzug gesetzt.

Halemba müsse sich nun einmal wöchentlich an seinem Wohnsitz Würzburg bei der Polizei melden, erklärt Oberstaatsanwalt Seebach die Entscheidung. Zudem sei ihm unter anderem der Kontakt zu Mitgliedern der «Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg» untersagt, um deren mögliche Beeinflussung zu unterbinden. «Wir beobachten Herrn Halemba genau», kündigt Seebach an.

Der AfD-Politiker Daniel Halemba wurde am Montag festgenommen.
Foto: Facebook / Daniel Halemba

U-Haft ist nicht endgültig vom Tisch

Besonders pikant: Halemba wird rund drei Wochen zuvor als jüngster Politiker frisch in den bayerischen Landtag gewählt. Der 22-Jährige führt den Würzburger AfD-Kreisverband und war bei der Landtagswahl am 8. Oktober im Stimmkreis Hassberge/Rhön-Grabfeld angetreten. Als einer von vier AfD-Politikern aus Unterfranken sollte er am Montagnachmittag eigentlich bei der konstituierenden Sitzung im Landtag sein – und als Jüngster sogar direkt neben dem Alterspräsidenten sitzen.

Dazu kommt es allerdings nicht, stattdessen wird Halemba einem Ermittlungsrichter vorgeführt. Mit der Entscheidung gegen U-Haft ist das letzte Wort allerdings noch nicht gesprochen – die Staatsanwaltschaft will nach Seebachs Angaben eine Beschwerde prüfen. Dann müsste sich das Landgericht Würzburg mit der Sache befassen.

Halemba ist nach eigenen Angaben seit 2021 Mitglied der «Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg», bei der es im September eine Razzia gab. Laut Staatsanwaltschaft gab es den Verdacht, dass sich im Verbindungshaus der Burschenschaft Gegenstände mit Kennzeichen der Partei der Nationalsozialisten, NSDAP, sowie Aufkleber und Schriften rassistischer Natur befinden könnten.

Die sichergestellten Gegenstände seien mittlerweile fast alle ausgewertet, sagt Oberstaatsanwalt Seebach. «Die Vorwürfe haben sich für uns erhärtet.» Die Auswertung von Datenträgern laufe noch.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen vier weitere Mitglieder der Studentenverbindung. Die Verbindung hat sich bislang nicht auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur zu den Vorwürfen geäussert.

«Man will mich einsperren»


Halemba hat bisher alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe als falsch zurückgewiesen. Er bewertet den Haftbefehl als Repression der Staatsregierung gegen die AfD. «Man wollte mich, einen gewählten Landtagsabgeordneten, drei Tage vor der konstituierenden Sitzung mit einem völlig willkürlichen Haftbefehl einsperren», sagt der 22-Jährige in einem am Montag auf der Plattform X (ehemals Twitter) veröffentlichten Video.

Der Anwalt des 22-Jährigen vermutet einen Komplott und spricht von «juristischem Humbug». Im Haftbefehl werde mit «Dreck geschmissen», es gebe diverse Vorwürfe, «aber das hat alles nichts mit Halemba zu tun», sagt Rechtsanwalt Dubravko Mandic der dpa. Mit der Entscheidung des Amtsgerichts zeigt er sich am Abend zufrieden. Halemba kündigt an: «Ich werde mich jetzt auf meine Arbeit im Landtag konzentrieren.» Am Dienstag wolle er im Maximilianeum sein.

Abgeordnete geniessen grundsätzlich Immunität. In einem historisch aussergewöhnlichen Schritt hebt der bayerische Landtag am Montag aber noch direkt in seiner konstituierenden Sitzung die Immunität Halembas auf. Alle Fraktionen ausser der AfD stimmen dafür – ohne dass Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) dessen Namen in der öffentlichen Sitzung nannte. Die AfD-Fraktion enthält sich. Damit ist juristisch zweifelsfrei geklärt, dass die Ermittlungen gegen den 22-Jährigen weitergehen können.

AfD verteidigt Politiker

Aigner nennt die Festnahme und speziell die AfD-Reaktion in ihrer Antrittsrede etwas «nie Dagewesenes». «Weder das Parlament noch ich als Landtagspräsidentin können Einfluss nehmen auf die Entscheidungen der Justiz. Das ist eine der Grundfesten der Demokratie», stellt sie klar. Die Reaktion der AfD sei deshalb ein «gezielter Angriff auf die Institutionen unserer Demokratie». Es seien «Verschwörungsmythen».

AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner hatte hingegen geklagt: «Mit einem herbeikonstruierten Haftgrund wird erheblich und unter fadenscheinigen Gründen in die Rechte der Opposition eingegriffen.»

Wie auch immer der Fall juristisch weitergeht: Der Skandal überschattet die konstituierende Sitzung. Dort sind die Sorgen ohnehin gross, weil die neue AfD-Fraktion nicht nur grösser ist, sondern viele ihrer Mitglieder auch deutlich radikaler sind. Jedenfalls eilt vielen der Ruf voraus, dass mit ihnen die AfD-Fraktion weiter nach rechts rückt. Der Fall Halemba hat diese Sorgen nun endgültig auf die Spitze getrieben. (SDA)

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