Warum durfte die Titan trotz Sicherheitsbedenken abtauchen?
Diese 5 Fragen sind nach dem U-Boot-Drama ungeklärt

Jetzt ist klar: Die Titan ist auf dem Meeresgrund implodiert, alle fünf Insassen wurden für tot erklärt. Was bleibt, sind viele offene Fragen. Wie konnte es so weit kommen? Warum durfte das U-Boot überhaupt abtauchen? Blick verschafft Überblick.
Publiziert: 23.06.2023 um 13:06 Uhr
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Aktualisiert: 23.06.2023 um 19:11 Uhr
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Janik LeuenbergerRingier Journalistenschüler

Nun herrscht traurige Gewissheit. Ein französischer Tauchroboter hat in der Nähe des Titanic-Wracks Trümmerteile entdeckt, alle fünf Insassen wurden für tot erklärt. Was von der Medienkonferenz am Donnerstagabend bleibt, sind viele offene Fragen.

Blick zeigt auf, welche Fragen in den kommenden Wochen beantwortet werden müssen.

Was genau ist mit dem U-Boot passiert?

Die US-Küstenwache spricht von einer «katastrophalen Implosion». Darauf schliessen lässt ein Tauchroboter, der auf dem Meeresboden Trümmer des Wracks entdeckte. Mit Sicherheit kann man das aber noch nicht sagen.

Am Donnerstag hat die Küstenwache an einer Pressekonferenz in Boston über das Drama informiert. Dennoch bleiben viele Fragen offen.
Foto: AFP
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Bei einer Implosion bricht ein Objekt schlagartig in sich zusammen. Das passiert, weil die Kapsel dem Druck von aussen nicht standhalten kann.

Weil Wasser deutlich schwerer ist als Luft, ist der Druck in dieser Tiefe immens. Laut Experten ist der Druck in dieser Tiefe rund 350-mal stärker als an Land. Normalerweise wird dieser Druck durch die Aussenwand abgehalten. «Jedes kleinste Leck kann aber eine sofortige Implosion auslösen», so Tom Maddox, forensischer Unterwasserexperte zum US-Nachrichtensender CNN.

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Für die Crew würde diese Erklärung einen schnellen Tod bedeuten. Eine solche Implosion würde im Bruchteil einer Sekunde stattfinden. Viel zu schnell, als dass es Menschen überhaupt wahrnehmen könnten.

Wann ist das U-Boot implodiert?

Der genaue Zeitpunkt ist nicht klar. Der Veranstalter Ocean Gate wurde dafür kritisiert, erst acht Stunden nach Kontaktabbruch mit dem U-Boot die Behörden informiert zu haben. In diesem Zeitraum war das Suchfeld also noch nicht überwacht. Damals ging man auch davon aus, das U-Boot zu finden und die Insassen lebend retten zu können.

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Am Sonntag empfing die US-Küstenwache dann akustische Signale, die auf eine Implosion schliessen liessen. Laut CNN-Informationen wurde die Information zwar weitergeleitet, das Geräusch wurde jedoch als «nicht eindeutig» eingestuft.

Die Küstenwache bestätigt, dass das Suchfeld in den vergangenen Tagen auf Geräusche überwacht wurde. Auch diese Geräte nahmen jedoch laut der Behörde keine Geräusche auf. Es könnte also sein, dass das U-Boot bereits vor Beginn der Suchaktion implodierte.

Woher stammten die Klopfgeräusche?

Am Mittwoch hat die Küstenwache mitgeteilt, dass sie aus dem Suchgebiet Klopfgeräusche wahrnehme. Forscher sagten, sie hörten das Klopfen in 30-Minuten-Intervallen.

Bei der Pressekonferenz am Donnerstagabend Schweizer Zeit sagte Admiral John Mauger von der Küstenwache, dass es offenbar keine Verbindung zwischen den Unterwassergeräuschen und der Suchaktion gab.

Warum durfte das U-Boot trotz Sicherheitsbedenken abtauchen?

Die Liste der Mängel, die nach dem Unglück zum Vorschein kamen, ist lang: Das Bullauge wurde nur für ein Drittel der Tiefe der Titanic zertifiziert, bei der Steuerung verliess man sich auf einen modifizierten Logitech-Controller, und auch das Material des Rumpfs soll nicht optimal gewesen sein.

Ein früherer Direktor für Marineoperationen bei Ocean Gate wurde entlassen, nachdem er vor einer Jungfernfahrt des Titan-Boots Bedenken hinsichtlich des Kohlefaserrumpfs und anderer Systeme geäussert hatte. Das geht aus einer Klage aus dem Jahr 2018 hervor, über die mehrere amerikanische Medien übereinstimmend berichten.

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In einem Interview mit CBS vor einem Jahr sagte Ocean-Gate-CEO Stockton Rush, dass es bei den Sicherheitsvorkehrungen «Grenzen» geben sollte. «Wenn Sie einfach nur sicher sein wollen, dann steigen Sie nicht aus dem Bett, steigen Sie nicht in Ihr Auto, tun Sie nichts. Ich glaube, ich kann das genauso sicher tun, wenn ich die Regeln breche.»

Welche Konsequenzen hat die Katastrophe?


Die Erforschung der Tiefsee in internationalen Gewässern, in denen die «Titan» unterwegs war, ist weitgehend unreguliert, wie der Meereskunde-Experte Simon Boxall von der University of Southampton der BBC sagte. Spekuliert wird nun, dass sich dies infolge der «Titan»-Tragödie ändern könnte.

Der Chef der auf Titanic-Ausstellungsstücke spezialisierten Firma White Star Memories, David Scott-Beddard, sagte dem Sender CNN: «Es wird sicherlich eine Untersuchung nach dieser Katastrophe geben, und deutlich striktere Regeln und Vorschriften werden eingeführt werden.»

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