Wagner-Truppe verliert viele Männer, aber nicht im Kampf
Auf einen Schlag sind Tausende Söldner weg

Im vergangenen Herbst rekrutierte die Söldnertruppe Wagner zahlreiche Kämpfer in russischen Gefängnissen. Der Deal: sechs Monate Dienst in der Ukraine für die Freiheit. Jetzt kehren zahlreiche von ihnen nach Hause zurück.
Publiziert: 22.03.2023 um 19:41 Uhr

Die Wagner-Gruppe dürfte bald einen Grossteil ihrer Kämpfer verlieren. Grund dafür ist, dass bei vielen von ihnen der sechsmonatige Vertrag ausläuft. Laut einer US-Schätzung vom Januar befinden sich etwa 50'000 Wagner-Söldner in der Ukraine im Einsatz, darunter rund 40'000 verurteilte Straftäter. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin (61) startete im vergangenen Jahr eine grosse Rekrutierungsoffensive in russischen Gefängnissen. Diese erreichte im Herbst ihren Höhepunkt. Mit den Häftlingen wurde neben einem Lohn von 1300 US-Dollar pro Monat vereinbart, dass sie sich für sechs Monate Kampfeinsatz die Freiheit erkaufen können.

Chef der Wagner-Gruppe rekrutiert Söldner in Straflagern
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Aus dem Gefängnis an die Front:Chef der Wagner-Gruppe rekrutiert Söldner in Straflagern

Putin-Erlass machts möglich

Zahlreiche der Häftlinge können nun demnächst als freie Männer in ihre Heimat zurückkehren. Die Hinweise häufen sich, dass Russland das geleistete Freiheitsversprechen auch tatsächlich einlöst.

Über den Sachverhalt berichtet auch das britische Verteidigungsministerium in Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse. Die Bescheinigungen, die den Häftlingen ausgestellt würden, seien durch einen Erlass des russischen Präsidenten Wladimir Putin (70) legitimiert. In den kommenden Wochen würden voraussichtlich Tausende russische Inhaftierte, die im Ukraine-Krieg für die Gruppe der Wagner-Söldner gekämpft hätten, begnadigt und freigelassen, heisst es im täglichen Ukraine-Kurzbericht vom Dienstag.

Bittet Moskau um Unterstützung in Bachmut: Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin.
Foto: keystone-sda.ch
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Keine Rekrutierungen in Gefängnissen mehr

Wie viele der in Gefängnissen rekrutierten Kämpfer noch leben, ist unklar. Der britische Geheimdienst geht davon aus, dass etwa die Hälfte der rekrutierten Gefangenen getötet oder verwundet wurde. Einige der begnadigten Häftlinge kündigten auch an, für Wagner an die Front zurückkehren zu wollen.

Inzwischen erlaubt Moskau dem Wagner-Chef die Rekrutierung in Gefängnissen nicht mehr. Das britische Verteidigungsministerium schreibt darum, dass der «Exodus von Sträflingskräften» die ohnehin sehr angespannte Situation in der Söldner-Truppe noch verschlimmern würde.

Was passiert jetzt in Bachmut?

In der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut im ostukrainischen Gebiet Donezk spielt Wagner eine zentrale Rolle. Kommt die Söldner-Truppe an dem strategisch wichtigen Frontpunkt unter Druck? Offenbar hat Wagner Schwierigkeiten bei der Rekrutierung. Prigoschin verkündete unlängst, es seien 58 Rekrutierungszentren in 42 russischen Städten eröffnet worden. Zugleich bittet er Moskau immer wieder um Unterstützung.

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Erst am Montag veröffentlichte Prigoschin einen Brief an Verteidigungsminister Sergei Schoigu (67), in dem er um Verstärkung bittet. Nach seinen Informationen würden die ukrainischen Streitkräfte Ende März, Anfang April eine grossflächige Offensive planen. Ziel sei es, die Wagner-Einheiten von den russischen Streitkräften abzuschneiden. Schoigu solle dringend die nötigen Schritte einleiten, um das zu verhindern. Gegenwärtig halten Prigoschins Söldner seinen Angaben zufolge rund 70 Prozent von Bachmut. (noo)

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