Waffenstillstandsversprechen und geleakte Dokumente
Wie Putin jetzt die Bürgenstock-Konferenz sabotiert

Er ist nicht eingeladen, aber allgegenwärtig: Kremlchef Wladimir Putin. Seit Wochen führt er einen Propagandakrieg gegen die Schweizer Friedenskonferenz. Warum er mit allen Mitteln versucht, diese Konferenz zum Flop zu machen.
Publiziert: 26.05.2024 um 18:46 Uhr
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Aktualisiert: 27.05.2024 um 14:44 Uhr
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Russische Geheimdienste sind im Besitz des angeblich vorbereiteten Entwurfs der Schlusserklärung der Schweizer Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock. Das zumindest behauptet Maria Sacharowa (48), Sprecherin des russischen Aussendepartements, wie die «SonntagsZeitung» berichtet. Die Absichten des Kremls sind klar: Die russische Regierung will den Friedensgipfel mit allen Mitteln sabotieren. Denn wenn die Konferenz erfolgreich ist, hat Kremlchef Wladimir Putin (71) ein grosses Problem.

Suche nach Weg zu dauerhaftem Frieden

Über 70 Staats- und Regierungschefs bestätigten ihre Teilnahme am Gipfel, der am 15. und 16. Juni stattfindet, bereits. Das Ziel der Konferenz ist es, eine gemeinsame Vorstellung für einen möglichen Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine zu entwickeln, wie das Aussendepartement (EDA) mitteilte.

Russische Geheimdienste sind im Besitz des angeblich vorbereiteten Entwurfs der Schlusserklärung der Schweizer Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock. Das zumindest behauptet Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Aussendepartements.
Foto: IMAGO/SNA
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Umso wichtiger ist es also, dass möglichst viele Staatsoberhäupter aus aller Welt teilnehmen. Je mehr Staaten eine gemeinsame Vorstellung vom Frieden haben, desto dünner wird die Luft für Putin. Das weiss auch der Kremlchef selbst – und setzt alles daran, die Konferenz zu torpedieren.

Wladimir Putin ist nicht zur Friedenskonferenz eingeladen – und doch ist er allgegenwärtig. Wie er versucht, den Gipfel zu sabotieren.
Foto: IMAGO/SNA

Angeblicher Waffenstillstand und geleakte Dokumente

Am Freitag macht die Nachrichtenagentur Reuters überraschend publik, dass Putin einem Waffenstillstand mit der Ukraine nicht abgeneigt sei. Akzeptieren wird die Ukraine diesen Deal wohl nicht. Doch das dürfte gar nicht Putins Absicht sein. Das Ziel Russlands: Wichtige Teilnehmer sollen der Konferenz fernbleiben.

Das zumindest vermutet der deutsche Sicherheitsexperte Nico Lange (49): Russland wolle die Gespräche in der Schweiz «unterminieren» und gebe seinen Befürwortern im Westen neuen Gesprächsstoff, so Lange auf «X». Der Zweifel, den Russland säen möchte: «Wir haben einen Vorschlag für einen Waffenstillstand gemacht. Wieso noch eine Konferenz halten?»

In dasselbe Horn bläst Sacharowa mit ihrem Bericht über den angeblichen Schlussbericht: Wieso teilnehmen, wenn das Ergebnis bereits feststeht? Gegenüber der «SonntagsZeitung» hat sich das EDA nicht zum angeblich geleakten Dokument äussern wollen.

Russische Propaganda zeigt Wirkung

Bei potenziellen Teilnehmenden zeigt die russische Propaganda bereits Wirkung. China und Brasilien unterzeichneten am Freitag eine gemeinsame Erklärung für eine «alternative Friedenskonferenz mit gleichberechtigter Beteiligung aller Parteien sowie einer fairen Diskussion aller Friedenspläne». Damit machen sie deutlich, dass sie nicht an einen Erfolg der Schweizer Konferenz glauben. Auch Südafrika wird nicht am Schweizer Gipfel teilnehmen.

Russland nimmt also die Staaten ins Visier, mit denen es politische oder wirtschaftliche Beziehungen führt. Denn diese Nationen bergen für Russland das grösste Risiko: Wenn sie sich an der Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock davon überzeugen lassen, Russland fallen zu lassen, steht Russland vor einem grossen Problem. Schliesslich ist es der Globale Süden, die Brics- und die Golfstaaten, die noch grösstenteils zu Putin halten. Wenn er diese Rückendeckung verliert, steht der Kremlchef alleine da.

Wenn diese Länder an der Konferenz teilnehmen, setzt das Putin unter Druck. Er muss versuchen, diesen Ländern den Gipfel auszureden. Aber auch die Schweiz gerät mächtig unter Druck, diese Länder auf den Bürgenstock zu locken. Denn ob die Konferenz ein Erfolg wird, hängt nicht von der Anzahl anwesender Staatschefs ab, sondern von deren Herkunft.

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