Vater Akihito hat keinen Bock mehr auf den Thron
Naruhito wird neuer Kaiser von Japan

Am 1. Mai löst Naruhito seinen Vater Akihito als Kaiser von Japan ab. Der Druck auf ihn ist gross: Die Polit-Elite möchte aus ihm wieder einen Herrscher wie zu alten Zeiten formen.
Publiziert: 24.04.2019 um 15:46 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2019 um 19:25 Uhr
Fast eine normale Familie: der zukünftige Tennō Naruhito mit seiner Frau Masako (l.) und Tochter Aiko.
Foto: Getty
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Guido FelderAusland-Redaktor

Nach 30 Jahren tritt Kaiser Akihito (85) am 30. April zurück. Es sei für ihn schwierig geworden, «seine Aufgaben als Symbol des Staates mit voller Kraft zu erfüllen». Der Tennō («Himmelsherrscher»), wie der Kaiser in Japan genannt wird, leidet an Herzbeschwerden und Prostatakrebs. Am 1. Mai wird sein ältester Sohn Naruhito (59) in einer feierlichen Zeremonie Schwert, Juwel und Spiegel als Throninsignien übernehmen.

Damit Akihito überhaupt zurücktreten kann, musste ein Gesetz angepasst werden. Denn im Gegensatz zur Urzeit des Kaisertums bleibt gemäss einem seit 1889 geltenden Gesetz ein Tennō bis zum Lebensende im Amt. Japans Kaiserreich reicht laut der japanischen Geschichtsschreibung bis 660 vor Christus zurück. Es gilt als die älteste Monarchie der Welt. Offiziell heisst es, dass der heutige Kaiser, der 125. Tennō, direkter Nachfahre des legendären ersten Tennō Jimmu sei, der wiederum von der Sonnengöttin Amaterasu abstammen soll. 

Leben im goldenen Käfig

Die Rolle des Tennō hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. War Kaiser Hirohito (1901–1989) im Zweiten Weltkrieg noch das Oberhaupt von Staat und Militär, hat der Tennō seit 1947 nur noch eine symbolische Funktion. Selbst wenn sich Akihito in Krisensituationen wie nach den verheerenden Erdbeben von Kōbe 1995 und Fukushima 2011 tröstend ans Volk wendet, muss er seine Reden zuerst der Regierung zur Genehmigung vorlegen. 

Macht der «Himmelsherrscher» bald Schweiz-Ferien?

Der zukünftige Kaiser von Japan wird schon bald Post aus dem Berner Oberland erhalten. Als Naruhito (59) 2014 in der Schweiz weilte, um die 150-jährige diplomatische Beziehung zwischen den beiden Ländern zu feiern, machte er am 21. Juni einen Abstecher auf die Schynige Platte. Ihm zur Seite stand Jungfraubahnen-Direktor Urs Kessler (57), der sich für den hohen Gast in die über hundertjährige Uniform des Stationsvorstands vom Jungfraujoch stürzte.

Kessler erinnert sich noch an jedes Detail des Besuchs. Zu BLICK sagt er: «Die Sicherheitsmassnahmen waren enorm, jeder Schritt war geplant.» Als Naruhito in einfacher Bergkleidung und Mütze in Wilderswil BE aus der Limousine stieg, war Kessler erstaunt: Nein, so unscheinbar hätte er sich den Kronprinzen aus Japan nicht vorgestellt. Der Gast habe sich äusserst bescheiden gegeben und sich nicht immer ans Protokoll gehalten.

«Wir schritten den Blumenweg ab und eröffneten ein Kuhglockenspiel, auf dem sein Name eingraviert ist», so Kessler. Im Bergrestaurant gab es ein Zvieriplättli mit Wurst und Käse aus der Gegend.

Auch das Wetter zeigte sich von der besten Seite und bot einen fantastischen Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau. Kessler: «Der Kronprinz war entzückt. Er sagte mir, dass er dieses Paradies mit Bergen und Blumen unbedingt mit seiner Frau und seiner Tochter wieder besuchen wolle.»

Da er dies bisher noch nicht gemacht habe, wird Kessler ihm auf den Amtsantritt schreiben und ihn ins Berner Oberland einladen. Kessler: «Als er Kronprinz kam, war es eine Sensation. Wenn er nun sogar als Kaiser käme, wäre das noch einmal eine Steigerung.»

Der zukünftige Kaiser von Japan wird schon bald Post aus dem Berner Oberland erhalten. Als Naruhito (59) 2014 in der Schweiz weilte, um die 150-jährige diplomatische Beziehung zwischen den beiden Ländern zu feiern, machte er am 21. Juni einen Abstecher auf die Schynige Platte. Ihm zur Seite stand Jungfraubahnen-Direktor Urs Kessler (57), der sich für den hohen Gast in die über hundertjährige Uniform des Stationsvorstands vom Jungfraujoch stürzte.

Kessler erinnert sich noch an jedes Detail des Besuchs. Zu BLICK sagt er: «Die Sicherheitsmassnahmen waren enorm, jeder Schritt war geplant.» Als Naruhito in einfacher Bergkleidung und Mütze in Wilderswil BE aus der Limousine stieg, war Kessler erstaunt: Nein, so unscheinbar hätte er sich den Kronprinzen aus Japan nicht vorgestellt. Der Gast habe sich äusserst bescheiden gegeben und sich nicht immer ans Protokoll gehalten.

«Wir schritten den Blumenweg ab und eröffneten ein Kuhglockenspiel, auf dem sein Name eingraviert ist», so Kessler. Im Bergrestaurant gab es ein Zvieriplättli mit Wurst und Käse aus der Gegend.

Auch das Wetter zeigte sich von der besten Seite und bot einen fantastischen Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau. Kessler: «Der Kronprinz war entzückt. Er sagte mir, dass er dieses Paradies mit Bergen und Blumen unbedingt mit seiner Frau und seiner Tochter wieder besuchen wolle.»

Da er dies bisher noch nicht gemacht habe, wird Kessler ihm auf den Amtsantritt schreiben und ihn ins Berner Oberland einladen. Kessler: «Als er Kronprinz kam, war es eine Sensation. Wenn er nun sogar als Kaiser käme, wäre das noch einmal eine Steigerung.»

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Das Leben des Kaisers ist zu einem Leben im goldenen Käfig geworden. Darunter leidet vor allem die aus bürgerlichem Hause stammende Masako (55), die Gattin des neuen Kaisers Naruhito. Die über 1000 Hofangestellten überwachen jeden ihrer Schritte, sie muss essen, was ihr Ärzte und Köche zusammenstellen, und auch die Garderobe wird von Modeberatern ausgewählt. Es ist ihr verboten, das ergraute Haar zu färben. Will sie ihre Eltern besuchen, braucht sie eine Sonderbewilligung.

Die einst so lebensfrohe Diplomatentochter, die ihr Wirtschaftsstudium an der US-Elite-Uni Harvard mit «magna cum laude» abschloss, muss wegen «stressbedingter Anpassungsstörung» mit Antidepressiva bei Laune gehalten werden. Ihre Hauptaufgabe, einen Sohn als Thronfolger zu gebären, konnte sie nicht erfüllen. Nach der Geburt von Tochter Aiko (17) sowie drei Fehlgeburten wurde sie als Fortpflanzungsversagerin abgestempelt. 

Konservative wollen harten Kaiser

Wenn am 1. Mai nun ihr Mann den Thron besteigt, wird das die Diskussion um die Rolle des Kaisers neu entfachen. Nicht die Abschaffung ist ein Thema, sondern die Ausrichtung: Die wachsenden nationalkonservativen Strömungen wollen dem Tennō wieder politische Autorität zusprechen, wie er sie bis zum Weltkrieg hatte. 

«Genau das wollen aber der abtretende und der neue Tennō verhindern», sagt Raji C. Steineck (52), Japanologie-Professor an der Uni Zürich. Von Naruhito sei zu erwarten, dass er sich noch mehr auf die Seite des Volks und der Leidenden stelle. «Er wird sich noch menschlicher geben, als es Akihito schon war und – gemäss seiner verfassungsmässigen Rolle – auf zurückhaltende Weise aktuelle Themen ansprechen», sagt Steineck. 

Früher gabs Kaiserinnen, heute nicht mehr

Mit aktuellen Themen meint Steineck unter anderem die dringend benötigte Einwanderung, die Rolle des Militärs sowie die Stellung der Frau. Wird heute eine Kaiserin ausgeschlossen, waren in frühen Jahren Frauen als Tennō ganz normal. Steineck: «Der Titel Tennō wurde im 7. Jahrhundert nach Christus gewählt, weil er geschlechtsneutral ist. Unter den ersten Tennō gab es mehrere Frauen, die entscheidenden Einfluss auf die Politik nahmen.»

Unter Naruhito könnte die Nachfolgeregelung wieder aufs Tapet kommen. Das Parlament hat vor zehn Jahren bereits darüber diskutiert und angetönt, dass man sich heute wieder eine Kaiserin vorstellen könnte. Nur fanden diese Absichtserklärungen bislang den Weg ins Gesetz nicht. «Da mit Naruhitos jüngerem Bruder Akishino und dessen Sohn Hisahito zwei männliche Nachkommen vorhanden sind, erachtet die Regierung das Thema zurzeit nicht als vordringlich», sagt Steineck. 

Widerspruch zur Polit-Elite

Als Japan und die Schweiz 150 Jahre diplomatische Beziehungen feierten, besuchte Naruhito 2014 als Kronprinz das Berner Oberland. Auch Raji C. Steineck hatte die Gelegenheit, ihn kurz in Interlaken zu treffen. Steineck: «Im Vorfeld wurden wir mehrmals angewiesen, ihm auf keinen Fall die Hand zu reichen, weil die japanischen Monarchen für normale Menschen als unberührbar gelten.» 

Umso überraschter war Japanologe Steineck dann, als Naruhito auf ihn zuging und ihm selber die Hand zur Begrüssung reichte. Eine deutliche Geste für Steineck. «Der neue Tennō zeigt sich äusserst menschlich und aufgeschlossen für neue gesellschaftliche Entwicklungen. Leider steht er damit im Widerspruch zur politischen Elite in Japan.»

Schweizer strömen ins Land der aufgehenden Sonne

Japan hat sich bei Kuoni zu den beliebtesten Asien-Destinationen entwickelt. «Dieser Trend ist in diesem Jahr besonders spürbar», sagt Kuoni-Sprecher Markus Flick auf Anfrage. Bereits im Vorjahr sei bei Asia365, dem Asien-Spezialisten von Kuoni, die Nachfrage nach Japan-Reisen stark gewesen. Im Vergleich dazu habe es bisher noch einmal ein Wachstum von derzeit rund 50 Prozent gegeben.

Attraktiv sei Japan wegen seiner gewaltigen Natur, vereint mit seiner reichen Kultur von Tee-Zeremonien bis Bädern, so Flick. Dazu komme das vielfältige Kulinarikangebot, das weit über Sushi hinausgeht, und eine hervorragende Infrastruktur.  

Einen grossen Boom bei Japan-Reisen spürt man auch bei Hotelplan. «Die Buchungen sind dieses Jahr gegenüber dem Vorjahr um über einen Drittel gestiegen», sagt Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir. Bei den Asien-Destinationen steht Japan nach Thailand, Sri Lanka, Vietnam und Indonesien an fünfter Stelle.

Japan sei aber nicht das neue Thailand. Denn bei Japan-Reisegästen handelt es sich nicht um die gleiche «klassische» Kundschaft. Es bleibe eine Individual- und vor allem Rundreise-Destination und könne nicht mit einer Massen- oder Badeferien-Destination verglichen werden, fügt die Hotelplan-Sprecherin hinzu.

Der Japan-Boom sei auch auf Reise-Trendsetter zurückzuführen. Hotelplan beobachtet, dass gewisse Destinationen für individuelle oder geführte Rundreisen für ein paar Jahre «in» seien.

Neben Japan sind das derzeit Namibia und Costa Rica, zuvor war es Kuba. Prisca Huguenin-dit-Lenoir betont zudem: «Japan-Reisen sind per se nicht generell als preislich sehr attraktive Reisen einzustufen und ziehen entsprechend auch keine Schnäppchenjäger an.»

Japan hat sich bei Kuoni zu den beliebtesten Asien-Destinationen entwickelt. «Dieser Trend ist in diesem Jahr besonders spürbar», sagt Kuoni-Sprecher Markus Flick auf Anfrage. Bereits im Vorjahr sei bei Asia365, dem Asien-Spezialisten von Kuoni, die Nachfrage nach Japan-Reisen stark gewesen. Im Vergleich dazu habe es bisher noch einmal ein Wachstum von derzeit rund 50 Prozent gegeben.

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