Utøya–Überlebende verurteilt Netflix-Film über Breivik-Horror
«Er zeigt nicht das ganze Grauen»

Als Jugendliche überlebte Emma Martinovic (25) das Massaker von Anders Behring Breivik (39) auf der Insel Utøya, bei dem 69 Menschen ums Leben kamen. Nun wurde die Tat verfilmt. Die 25-Jährige kritisiert die Netflix-Produktion «22 July».
Publiziert: 20.10.2018 um 01:25 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2018 um 08:24 Uhr

Am 22. Juli 2011 richtete der rechtsextreme Amokläufer Anders Behring Breivik (39) auf der norwegischen Insel Utøya ein schreckliches Blutbad an. Als Polizist verkleidet schoss er auf die Teilnehmer eines Jugendlagers der norwegischen Arbeiterpartei. 69 Menschen, darunter zahlreiche Jugendliche, starben in seinem Kugelhagel.

Nun, mehr als sieben Jahre nach den schrecklichen Ereignissen, läuft auf Netflix der Film «22 July» an, der die Geschichte des Massakers dramatisch aufarbeitet. Emma Martinovic (25), die an dem Tag auf der Insel war, kritisiert den Film. Sie überlebte das Drama nur knapp, weil sie ins kalte Wasser sprang und um ihr Leben schwamm, während Breivik auf sie und ihre Freunde schoss. 

«72 Minuten Hölle auf Erden»

«Man erfährt beim Schauen nichts Neues und er baut auf falschen Annahmen auf», sagt sie dem australischen Medienportal news.com.au. Im Film scheine es, dass das Ganze in knapp zehn Minuten vorbei gewesen sei. «Aber ich und die anderen auf der Insel mussten 72 Minuten lang die Hölle auf Erden durchleiden, bis die Polizei kam. Der Film zeigt nicht das ganze Grauen dieses Tages.»

Als Jugendliche überlebte Emma Martinovic das Massaker von Anders Behring Breivik auf der Insel Utøya, bei dem 69 Menschen ums Leben kamen. Sie kritisiert den Netflix-Film «22 July».
Foto: Facebook
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Die mittlerweile 25-Jährige moniert auch, dass die Filmemacher die Geschichte zu sehr dramatisiert hätten und wichtige Aspekte nicht erzählt würden. Sie verstehe zwar, dass im Film nicht alles vorkommen könne, aber sie habe sich oft gefragt, warum etwas nicht vorkomme, sagt sie.

Den eigenen Kindern will sie den Film nicht zeigen

«Was ist zum Beispiel mit den Leuten, die sich in einem Schulhaus verbarrikadiert hatten, während Breivik erfolglos versuchte einzudringen?», fragt sich Martinovic. «Oder mit jenen, die ins Wasser gingen und von Zivilisten auf Boote gerettet wurden?»

Die zweifache Mutter hofft trotzdem, dass der Film eine Diskussion anstösst und die Leute so über die Geschehnisse aufgeklärt werden. «Meinen eigenen Kindern werde ich ihn aber nicht zeigen», sagt sie. Sobald sie dafür bereit seien, werde sie ihnen selber davon erzählen. «Ich will sicher sein, dass sie erfahren, was wirklich passiert ist.» (krj)

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