US-Bericht wirft China «grösste Vertuschung aller Zeiten» vor
Entwich das Virus schon im August 2019 aus Wuhan-Labor?

Der von US-Präsident Biden in Auftrag gegebene Geheimbericht über die Herkunft des Coronavirus erhebt vorab schwere Vorwürfe gegen China. Covid sei wohl schon im August 2019 aus dem Wuhan-Labor entwichen. Der Bericht spricht von der «grössten Vertuschung aller Zeiten».
Publiziert: 08.08.2021 um 04:39 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2021 um 19:05 Uhr
Daniel Kestenholz

Inzwischen ist hinreichend belegt, dass das Coronavirus nicht erst im Dezember 2019 auftauchte, als China offiziell einen ersten Fall bestätigte. Wissenschaftler in Spanien wollen das Virus schon Mitte März 2019 in Abwasser nachgewiesen haben. Eine Studie des italienischen Krebsinstitutes (INT) stellte Covid-19 im September des gleichen Jahres in Mailand fest.

Wo genau das Virus erstmals auftrat und wann genau die Viruskrise in China ausbrach, Antworten auf diese Fragen bleiben unklar, zumal die Chinesen grosse Anstrengungen unternommen haben, alle Spuren zu verwischen, die auf einen frühen Covid-Ausbruch in Wuhan hindeuten. Doch Hinweise verdichten sich, dass der Ausbruch in China viel früher erfolgte als offiziell von Peking kommuniziert. Mehr noch: Ein hochrangiger US-Ermittler ist von gentechnischen Experimenten und einem Leck im Virologie-Institut von Wuhan überzeugt.

Dies sind Erkenntnisse aus dem US-Geheimpapier, das Präsident Joe Biden (78) im September vorgelegt werden soll. Der republikanische Abgeordnete Michael McCaul (59), Vorsitzender des Kongressausschusses der Aussenpolitischen Kommission, spricht in einem 82-seitigen, letzte Woche publizierten Vorabbericht von einem «Überwiegen von Beweisen», die für ein Leck im Institut für Virologie in Wuhan sprechen.

Der texanische Kongressabgeordnete Michael McCaul, federführender US-Ermittler zum Ursprung der Covid-Pandemie, erhebt schwere Vorwürfe gegen China.
Foto: Keystone
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China habe «verzweifelt» versucht, Leck zu vertuschen

McCaul verwirft die These, dass das Virus auf einem Frischmarkt vom Tier auf den Menschen übergesprungen sein soll. «Während wir weiterhin die Ursachen der Covid-19-Pandemie untersuchen», schreibt McCaul im Namen des Untersuchungsausschusses, «ist es meiner Meinung nach an der Zeit, den Frischmarkt als Quelle des Ausbruchs vollständig auszuschliessen.»

Die Chinesen selber hätten schon im Sommer 2019 Bedenken über die Sicherheitsvorkehrungen im Labor geäussert. Aufgrund von Recherchen «gehen wir davon aus, dass das Virus irgendwann Ende August oder Anfang September 2019 entwichen ist. Als sie merkten, was passiert war, begannen Beamte der Kommunistischen Partei Chinas und Wissenschaftler des Labors verzweifelt, das Leck zu vertuschen.»

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Mitten in der Nacht sei die Virendatenbank offline genommen worden - ohne Begründung - und noch am gleichen Tag stellte die Laborleitung einen 1,3 Millionen Dollar teuren Beschaffungsantrag für Sicherheitsdienste. Auch das Belüftungssystem sollte umfassend saniert werden. Beide Ausschreibungen wurden seither von der Website des chinesischen Finanzministeriums gelöscht.

«Doch ihre Vertuschung kam zu spät», fährt der Texaner McCaul fort. «Das Virus hatte sich bereits in der Millionenstadt Wuhan ausgebreitet. Innerhalb eines Monats zeigen Satellitenbilder einen deutlichen Anstieg der Zahl der Menschen in den Krankenhäusern rund um das Virologie-Institut.»

Zur gleichen Zeit seien Athleten bei den in Wuhan abgehaltenen 7. Militärweltspielen an ähnlichen Symptomen wie Covid-19 erkrankt. 9000 Sportler aus aller Welt waren angereist. Offenbar wirkte Wuhan schon damals wie im Lockdown. Niemand wusste, was vor sich ging. Viele erkrankten. «Einige von ihnen trugen das Virus in ihre Heimatländer zurück und sorgten so für einen der frühesten Superspreader-Events der Welt», so McCaul.

«Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen»

Das Virus sei in Wuhan von Menschenhand geschaffen worden, sagt McCaul. «Forscher des Instituts waren bereits 2016 in der Lage, Coronaviren erfolgreich zu verändern, ohne Spuren zu hinterlassen». Demnach seien «gefährliche genetische Veränderungen an Coronaviren auf unsicheren Biosicherheitsstufen durchgeführt» worden, so der Bericht.

McCaul fordert den Kongress dazu auf, chinesische Wissenschaftler und Politiker, die an der Vertuschung beteiligt waren, mit Gesetzen und Sanktionen zu bestrafen. «Dies war die grösste Vertuschung aller Zeiten und hat den Tod von mehr als vier Millionen Menschen auf der ganzen Welt verursacht», sagt McCaul. «Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.»

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat zum Ursprung der Pandemie soweit keine Position bezogen. Sie verfügt nicht über die für eine Einschätzung erforderlichen Daten. Nach einer weitgehend ergebnislosen WHO-Mission im Januar 2020 nach Wuhan forderte die Genfer Uno-Organisation erneuten und uneingeschränkten Zugang zu Wuhan. China stellt auf stur und warf der WHO eine «Missachtung des gesunden Menschenverstandes und eine Arroganz gegenüber der Wissenschaft» vor. Es gebe kein «sogenanntes menschengemachtes Virus», so Vize-Gesundheitsminister Zeng Yixin. Covid-19 habe «mehrere Ursprünge» und sei «an mehreren Orten ausgebrochen».

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