Ukrainischer Geheimdienstchef
Russen-Grossoffensive «so schlecht, dass man sie nicht bemerkt»

Kommt die entscheidende Grossoffensive? Laut dem ukrainischen Generalmajor Kyrylo Budanow ist sie in vollem Gange – wenn auch nicht erfolgreich. Die entscheidenden Schlachten kommen Ende Frühjahr. Laut ihm endet der Krieg in dreieinhalb Monaten.
Publiziert: 23.02.2023 um 21:20 Uhr

Immer wieder wurde vor einer Grossoffensive in der Ukraine zum Jahrestag gewarnt. Am Freitag ist es so weit – doch bisher gibt es kaum Anzeichen für einen grossen Angriff. «Die grosse russische Offensive, die die Russen anstreben, ist bereits im Gange», erklärt der ukrainische Generalmajor und Geheimdienstchef Kyrylo Budanow (37) in einem Interview mit der ukrainischen «Forbes».

Budanows Worte werden häufig Realität. Er gehört zu den engsten Beratern des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (45). Der Major war einer der Ersten, der vor einer russischen Invasion warnte und lag mit seinen Prognosen fast immer richtig.

Zwar laufe die Grossoffensive, «aber so schlecht, dass man sie nicht einmal bemerkt», stellt Budanow fest. Bis Ende März wolle das russische Militär die Volksrepubliken unter russische Kontrolle gebracht haben. Ob es das wirklich schaffen könne, daran zweifelt der Generalmajor.

Der ukrainische Geheimdienstchef Kyrylo Budanow ist sicher, der Krieg endet in dreieinhalb Monaten.
Foto: AFP
1/7

Russland kämpft seit Monaten erfolglos in Bachmut

In Bachmut etwa toben seit Monaten blutige Auseinandersetzungen. «Seit Juni haben die Russen laut offiziellen Quellen immer wieder versucht, Bachmut einzunehmen», so Budanow weiter. «Es ist Februar und sie sagen noch immer: ‹Wir haben es gleich geschafft!›». Russland führe damit einen Informationskrieg. Dessen Berichte unterscheiden sich von der Realität an der Front, erklärt der Geheimdienstchef weiter.

Die Offensive stagniert und die Russen brauchen mehr Kämpfer, um Gebiete zu erobern. Deshalb laufe eine «versteckte Mobilmachung». Der Ukrainer weiter: «In einem Land mit über 100 Millionen Einwohnern ist es einfach, 500'000 Menschen zu rekrutieren.» Die Tatsache, dass Russland über 300'000 Menschen mobilisiert hat und das offenbar nicht ausreicht, spreche dafür, dass Russland sehr viele Menschen im Krieg verloren hat.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Auch die Waffenbestände seien nach Budanows Einschätzung niedrig. Erst am Montag klagte Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin (61) darüber, dass ihm keine Munition geliefert werde. Budanow ist sicher, dass Munition auf russischer Seite knapp ist. «Deshalb wird diese Grossoffensive auch nicht von allen wahrgenommen», erklärt er.

Ukraine und Russland kurz vor dem Showdown

Die entscheidenden Schlachten stehen noch bevor. Laut Budanow sei es Ende des Frühjahrs so weit. «Der Spielstand ist 1:1 in der 70. Minute», sagt er in einer Fussball-Metapher. Die Ukraine und Russland befinden sich in einer Pattsituation. Nach seiner Einschätzung wäre der Krieg in dreieinhalb Monaten zu Ende.

Die bevorstehenden Kämpfe stellen den entscheidenden Showdown dar. «Sie sind ein Wendepunkt», so Budanow. Er zeigt sich siegessicher: «Wir haben nur eine Bedingung – die administrativen Grenzen von 1991 zu erreichen, und alles andere werden wir später entscheiden.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?