Ukrainer Michajlo Dianow war vier Monate in russischer Kriegsgefangenschaft
«Sie haben uns wie Tiere behandelt»

Der Ukrainer Michajlo Dianow sass vier Monate in einem russischen Gefängnis. Jetzt will er, dass die Welt von den brutalen Foltermethoden und unhaltbaren Zuständen dort erfährt.
Publiziert: 03.10.2022 um 14:47 Uhr
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Aktualisiert: 03.10.2022 um 15:32 Uhr

Vier Monate in einem russischen Gefängnis. Vier Monate Überlebenskampf. Der Ukrainer Michajlo Dianow ging durch die Hölle. Mit «Sky News» hat er jetzt über seine Zeit hinter Gittern gesprochen.

«Es war unmöglich zu essen. Für jede Mahlzeit hatten wir 30 Sekunden Zeit, dann mussten wir sofort aufstehen und wegrennen», sagt der Asowstal-Kämpfer. 40 Kilo nahm der Kriegsgefangene im Oleniwka-Gefängnis im von Russland kontrollierten Donezk ab. Das Brot sei absichtlich hart gewesen: «Für Leute, denen man die Zähne ausgeschlagen hatte, war die Zeit erst recht zu kurz. Wenn du nach einem Monat Hunger die Augen schliesst, vergisst du deine Familie, dein Land, einfach alles. Das Einzige, woran du denkst, ist Essen.»

«Jeder ist traumatisiert»

Als er eine Beere vom Boden aufhob, sperrten die Russen Dianow in Einzelhaft. «Ich wurde mit Stöcken geschlagen, bekam Elektroschocks verpasst und sie steckten Nadeln unter meine Nägel», sagt er. In Blöcken, die für 150 Personen Platz bieten, hätten 800 Leute gelebt. Die Bedingungen seien derart katastrophal gewesen, dass die Beinmuskeln von Dianow verkümmerten. Gehen ist heute eine Herausforderung für ihn. «Sie haben uns wie Tiere behandelt», fasst der Ukrainer zusammen.

Derart abgemagert verliess der Ukrainer Michajlo Dianow ein russisches Gefängnis. Er verlor innerhalb von vier Monaten 40 Kilogramm.
Foto: Twitter
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Auch sein Arm bereite ihm Probleme. «In Gefangenschaft haben sie mich rücksichtslos operiert, mit einer Zange und ohne Betäubung.» Nun muss er 20 Kilo zunehmen, bevor eine korrigierende Operation möglich ist. Die Folter habe aber nicht nur körperliche Spuren hinterlassen: «Jeder ist traumatisiert. Ich halte mich für einen psychisch starken Menschen, aber viele Dinge haben ihren Wert verloren.»

Der Moment der Freilassung

Nach vier Monaten die Erlösung. «Wir zogen uns aus und nahmen uns die medizinischen Verbände ab. Dann mussten wir fünf Stunden lang am Boden sitzen. Nackt.» Niemand habe gewusst, was geschieht. Einige Zeit später seien ihnen die Augen mit Klebeband verbunden worden. So ging es auf eine 36-stündige Reise per Bus und Flieger. Als ihm jemand das Klebeband abnahm, sei er in der Ukraine gewesen.

Seine Freilassung verdankt er einem Gefangenenaustausch. Insgesamt 215 Personen durften das Gefängnis verlassen. (nab)

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