Indien stellt gigantischen Flugzeugträger vor
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17 Jahre Bauzeit:Indien stellt gigantischen Flugzeugträger vor

Ukraine-Krieg, Unabhängigkeit von China, Rüstungsallianzen
Der Westen buhlt um Indiens Gunst

Seit der Invasion der Russen in die Ukraine werden geopolitisch die Karten neu gemischt. Zwischen den Fronten steht Indien. Das Land könnte neue Absatzmärkte bieten, China auf vielen Gebieten in der Güterproduktion ablösen und im Ukraine-Konflikt vermitteln.
Publiziert: 01.03.2023 um 21:15 Uhr
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Aktualisiert: 02.03.2023 um 17:02 Uhr
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Myrte MüllerAussenreporterin News

Indien ist zur Zeit ein beliebtes Reiseziel. Nicht etwa wegen des Taj Mahals oder den Traumstränden von Goa. Es sind auch nicht nur die üblichen Touristen, die in diesen Tagen nach Neu-Delhi oder Bangalore pilgern, sondern westliche Regierungschefs und Aussenminister. In deren Gepäck: Angebote für wirtschaftlichen sowie technologischen Austausch und neue geopolitische Allianzen. Als Souvenirs würden die Indien-Besucher gern neues Big Business, vorneweg Rüstungsaufträge, und ein deutliches Nein zum Ukraine-Krieg mit nach Hause nehmen.

Am Wochenende besuchte der deutsche Bundeskanzler seinen indischen Amtskollegen Narendra Modi (72). Olaf Scholz (64) drängt auf ein Freihandelsabkommen mit der EU, bietet Visa-Erleichterungen für indische Fachkräfte, insbesondere IT-Spezialisten, und wirbt für ein Rüstungsgeschäft mit der Thyssen-Krupp-Gruppe, die Indien gern sechs U-Boote im Wert von knapp fünf Milliarden Euro verkaufen würden.

Auch Italiens Premierministerin hofft auf Rüstungsgeschäfte

Am Mittwoch steigt auch US-Aussenminister Anthony Blinken (60) aus dem Flieger, nachdem er die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan besucht hat. Er reist wegen des G20-Aussenministertreffens an, das in Neu-Delhi stattfindet. In seiner Agenda stehen Gespräche zu einer klaren Positionierung Indiens gegen Russlands Angriffskrieg, aber auch der Entwurf einer strategischen Partnerschaft mit Auge auf kritische und aufstrebende Technologien. Zudem wollen die USA die Handelshemmnisse für Exportgüter nach Indien lockern.

Am vergangenen Sonntag, den 26. Februar 2023, besuchte Bundeskanzler Olaf Scholz seinen indischen Amtskollegen Narendra Modi in Neu-Delhi. Danach reist der deutsche Regierungschef weiter ins indische Silicon-Valley nach Bangalore.
Foto: Getty Images
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Ebenfalls im Anmarsch ist Giorgia Meloni (46). Die italienische Premierministerin landet am Donnerstag in Neu-Delhi und wird im Rahmen der «Raisina Dialogue»-Konferenz, bei der es um geopolitische und weltwirtschaftliche Themen geht, den indischen Regierungschef Modi treffen. Auch Meloni hofft auf Rüstungsdeals.

Indien schaut auf zweistelliges Wirtschaftswachstum

Selten wurde die indische Regierung so hofiert wie seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Nicht nur vom Westen – auch Russland und China bemühen sich um Indiens Schulterschluss. «Jede dieser Grossmächte buhlt intensiv um Indien, um ihren Gegnern einen strategischen Vorteil zu verwehren», meint der Sicherheitsexperte Derek Grossmann von der US-Denkfabrik Rand Corporation gegenüber der «Frankfurter Rundschau». Für das aktuelle Reisefieber gibt es verschiedene Gründe. Einer ist sicherlich, dass Indien in diesem Jahr Gastgeber des G20-Gipfels ist.

Indien ist mittlerweile die fünftstärkste Volkswirtschaft der Welt. Es wird in Kürze das bevölkerungsreichste Land der Welt sein, da China (noch an erster Stelle) nicht mehr wachsen, sondern schrumpfen wird. Die Atommacht blickt in den vergangenen Jahren auf ein stetiges, zweistelliges Wirtschaftswachstum. Der Wohlstand nimmt zu, wenn auch nicht überall. Zudem macht Indien Geld locker für Investitionen in die Zukunft. Allein in die Verteidigung will Modi 200 Milliarden Euro stecken.

Öl, Gas und Rüstungsgüter kommen aus Russland

Narendra Modi ist offen für neue Partnerschaften mit dem Westen. Die USA und die EU-Staaten wollen sich aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China lösen. Da kämen neue Absatzmärkte und Herstellungsstandorte in Indien gerade recht. Im Bündnis mit Indien könnte auch mehr Druck auf Russland ausgeübt und ein Ende des Ukraine-Krieges erzwungen werden.

Doch mit dem Kreml will es sich der hinduistische Nationalist Modi nicht verderben. Sein Land bezieht günstiges Öl und Gas aus Russland sowie über 75 Prozent seiner Rüstungsgüter. 2024 sind Parlamentswahlen. Billige Energie hält das Wahlvolk bei Laune. So wird sich Indien wohl weiter bei den UN-Resolutionen gegen Russland der Stimme enthalten und diplomatisch neutral bleiben.

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