Nächste Runde gegen Böhmermann
Erdogan will komplettes Schmähgedicht verbieten lassen

Der türkische Präsident Erdogan hat durchgesetzt, dass Teile des Schmähgedichts von Jan Böhmermann nicht mehr verbreitet werden dürfen. Das reicht ihm aber nicht: Er will das komplette Werk verbieten.
Publiziert: 02.07.2016 um 08:16 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 08:35 Uhr

Der Rechtsstreit um das Schmähgedicht von ZDF-Moderator Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geht in die nächste Runde: Erdogan will nun den kompletten Text verbieten lassen.

Teile des Werks sind bereits verboten

Erdogans Anwalt Michael-Hubertus von Sprenger habe am Mittwoch Klage beim Landgericht Hamburg eingereicht. Mitte Mai hatte das Gericht bereits eine einstweilige Verfügung erlassen, nach der ein Grossteil des Werkes nicht weiterverbreitet werden darf (BLICK berichtete).

Erdogans Anwalt wolle nun im Hauptsacheverfahren ein Komplettverbot des Gedichts erwirken, berichtete der «Spiegel». Sprenger berufe sich dabei im Wesentlichen auf die Argumente, die er auch schon im Verfügungsverfahren vorgebracht habe, allerdings mit einer Ergänzung: «Böhmermann kann sich nicht auf Kunst berufen, wenn er selbst behauptet, das Kunstwerk stamme gar nicht von ihm», sagt Sprenger dem Nachrichtenmagazin.

Böhmermanns Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Erdogan will dieser komplett verbieten lassen. (Archiv)
Foto: KEYSTONE/EPA FILE/DPA/BRITTA PEDERSEN

Böhmermann gibt Internet als Quelle an

Böhmermann hatte in einem mit der «Zeit» schriftlich geführten Interview auf die Frage geantwortet, ob er das Gedicht selbst geschrieben habe: «Nein. Quelle: Internet.» Böhmermann hatte Erdogan mit dem Gedicht in seiner Sendung «Neo Magazin Royale» angegriffen - teilweise unter der Gürtellinie.

Erdogan geht seither juristisch gegen ihn vor. Das Landgericht Hamburg stufte das Gedicht grundsätzlich als Satire ein, erklärte aber, die verbotenen Passagen müsse Erdogan «angesichts ihres schmähenden und ehrverletzenden Inhalts nicht hinnehmen». Böhmermanns Anwalt Christian Schertz kritisierte die Verbots-Entscheidung als «falsch».

Zweites Verfahren läuft noch

Ausser dem Verfahren in Hamburg ist in Mainz ein Ermittlungsverfahren gegen Böhmermann wegen des Verdachts auf Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts hängig. Die Bundesregierung hatte zuvor aufgrund eines Strafverlangens der türkischen Regierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt.

Der «Spiegel» zitierte die zuständige Staatsanwaltschaft in Mainz mit den Worten, dass «ganz kurzfristig» nicht mit einer abschliessenden Verfügung zu rechnen sei. Derzeit wird demnach auf eine Stellungnahme von Böhmermanns Anwälten gewartet. (SDA)

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