Trumps neues Internet
Vortritt für die Reichen

Die US-Regierung will die sogenannte Netzeutralität aufheben. Das Internet würde zum privaten Grund, auf dem die Konzerne Schranken errichten könnten. Wer nicht zahlt, hat Pech gehabt.
Publiziert: 23.11.2017 um 10:41 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:53 Uhr
Hernâni Marques, Experte vom Chaos Computer Club Zürich

Das Internet ist längst kein Spielfeld mehr nur für Akademiker, Hacker und Militärs, in deren Labors und Stuben es in den 1960er-Jahren entwickelt wurde. Der Durchbruch ist noch nicht so lange her: Mitte der 1990er-Jahre, kurz nachdem die erste Webseite weltweit am Cern bei Genf online gegangen war, boten erste Zeitungen und Dienstleister über das Web ihre Inhalte und Waren an. Privatpersonen und Behörden nutzen das Internet zur Kommunikation untereinander.

Internet ist ein öffentliches Gut

Das Internet veränderte die Welt. Im Arabischen Frühling bildeten Enthüllungen auf Wikileaks über die Korruption in Tunesien zusammen mit über Social Media organisierten Protestbewegungen das Rückgrat des erfolgreichen Aufstands gegen Machthaber Ben Ali. Das Internet ist für die Weltgesellschaft so wichtig, dass es den Charakter eines öffentlichen Gutes hat.

Trump will Netzneutralität aufheben

Doch damit soll jetzt Schluss sein. In den USA kommt es am 14. Dezember zum Showdown mit internationalen Auswirkungen: Ajit Pai, der von Präsident Donald Trump eingesetzte Leiter der US-Regulierungsbehörde für
Telekommunikation (FCC), möchte die bis anhin geltende Netzneutralität abschaffen. Trumps Vorgänger Barack Obama hatte noch Gebote zur Netzneutralität aufgestellt, nach denen Internet-Provider wie AT&T, Comcast oder Verizion nicht befugt waren, Internetverbindungen und -dienste künstlich zu verlangsamen oder künstlich zu blockieren.

Ist das Internet in den USA bald nicht mehr für alle zugänglich?
Foto: Ley Thomas
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Was bedeutet Netzneutralität?

Dem will die Trump-Regierung jetzt ein Ende setzen. Das bedeutet, dass künftig privatwirtschaftliche Zensur möglich wäre, die im Falle mächtiger Provider grosse Bevölkerungsteile betreffen würde. Das Internet würde damit zum privaten Grund, wo beliebig Barrieren aufgebaut werden könnten. Ohne Netzneutralität können Provider bestimmen, wer unter welchen Bedingungen – zum Beispiel gegen Bezahlung – Dienste erreichen kann. Gleichzeitig können politisch unliebsame Seiten oder Konkurrenten effektiv ausgeschaltet werden.

Der Entscheid fällt in den USA, aber er hätte auch international Folgen: Der Zugang zu den in Europa stark genutzten US-Diensten dürfte in Zukunft nur noch über Bezahlschranken oder auf dem Holzpfad, also ganz langsam, möglich sein. Neue Angebote könnten zudem schon früh und alternative Dienste gänzlich aus dem Internet verbannt werden. Zurück bliebe ein Internet voller Hindernisse und mit weniger Freiheitsräumen.

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