Trumps gefährlichster Rivale
So will DeSantis die USA umkrempeln

Ron DeSantis will US-Präsident werden. Das macht er mit seinem neuen Buch noch einmal überdeutlich. Das Rezept, mit dem er Amerika von sich überzeugen will, ist weder neu noch besonders originell. Es könnte aber funktionieren.
Publiziert: 04.03.2023 um 19:01 Uhr
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Aktualisiert: 04.03.2023 um 19:29 Uhr
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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Tropische Strände, goldene Sonnenuntergänge, mondäne Beachside-Metropolen und freiheitliches Flirren in der Luft: Florida zieht die Massen magisch an. 137 Millionen Touristen schauten letztes Jahr im Sunshine State vorbei. Und die inzwischen 80'000-Einwohner zählende Rentner-Residenz The Villages – eine Altersheim-Stadt für Vermögende – gehört zu den schnellst wachsenden Siedlungen in ganz Amerika.

Florida hat viele Fans. Das weiss auch Ron DeSantis (44), als Gouverneur sowas wie der alleinige Bundesrat der gut 22 Millionen «Floridians». DeSantis, ein blitzgescheiter Ex-Anwalt mit drei Kindern und zwei Elite-Uni-Abschlüssen, hat Anfang der Woche ein Buch auf den Markt gebracht mit dem Titel «Der Mut, frei zu sein. Florida als Vorlage für die Wiederbelebung Amerikas». Das Fazit des Buches: «Make America Florida!»

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DeSantis darf Trump nicht erzürnen

DeSantis weiss natürlich, dass er die vielen Sonnenstunden und Touristenattraktionen seiner Heimat nicht ins ganze Land exportieren kann. Mit der Freiheit aber, die er den Floridianern als Gouverneur ermöglicht hat, will der Mann mit den schneeweissen Zähnen und den weit geschnittenen Anzügen jetzt im ganzen Land hausieren gehen.

Ron DeSantis mit seiner jüngsten Tochter Mamie: Der Gouverneur von Florida wurde im November mit einem Glanzresultat wiedergewählt.
Foto: AFP
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Ron DeSantis möchte US-Präsident werden. Offiziell verkündet hat er das zwar noch immer nicht – aber mit der Veröffentlichung seines Buches überdeutlich gemacht. Die Publikation der eigenen Überzeugungen in Buchform ist ein fast unumgängliches Ritual auf dem Weg eines jeden Anwärters auf den Top-Job im Weissen Haus. Selbst Donald Trump (76), eher bekannt für seine Kurzform-Botschaften auf Twitter denn für tiefgründige Wälzer, hatte in seinen beiden präsidialen Wahlkämpfen immer wieder auf sein 1987 erschienenes Buch «Die Kunst des Deals» verwiesen.

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Genau diesen Donald Trump muss Ron DeSantis auf seinem langen Weg zur republikanischen Nomination als Präsidentschaftskandidat hinter sich lassen. Kein einfaches Unterfangen. Der Ex-Präsident liegt in fast sämtlichen Umfragen deutlich vor DeSantis. Und DeSantis weiss: Er darf weder Trump noch dessen Anhänger zu fest erzürnen. Bei der Endrunde gegen den wahrscheinlichen demokratischen Kandidaten Joe Biden (80) hätte er ohne ihre Unterstützung keinen Stich.

DeSantis liebt provokative Polit-Spielchen

Also haut DeSantis vorläufig auf anderen rum. Dem Entertainment-Giganten Disney, zum Beispiel. Der betreibt in Florida mehrere grosse Freizeitparks und hat sich zuletzt gar nicht erfreut gezeigt über DeSantis' Gesetz, das es Lehrpersonen bis zur dritten Klasse verbietet, im Klassenzimmer über Gender oder Homosexualität zu sprechen. DeSantis entzog Disney daraufhin kurzerhand gewichtige Steuerprivilegien und verunglimpft dessen Freizeitpark als «Wunderland für Woke».

Vor solchen politischen Rache-Spielchen ist der einstige republikanische Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus (2013 bis 2018) und Berater der US-Eliteeinheit Navy Seals im Irak (2007 bis 2008) auch in der Vergangenheit nicht zurückgeschreckt. Als sich das Baseball-Team Tampa Bay Rays 2022 nach mehreren Massakern für eine Reform des Waffengesetzes starkmachte, blockierte DeSantis 35 Millionen Dollar, die für die Erneuerung der Baseball-Anlage gedacht waren.

Im selben Jahr liess er 50 venezolanische Migranten mit dem Flieger auf die bei Politikern beliebte Ferieninsel Martha's Vineyard zwischen Boston und New York fliegen, um den «Ostküsten-Eliten» das Migranten-Problem der Südstaaten unter die Nase zu reiben.

Überhaupt: Die Eliten hat der Mann mit Uni-Diplomen von Harvard und Yale als ideale Projektionsfläche für seine politischen Visionen auserkoren. Sie seien schuld am Angriff auf die Freiheit der gewöhnlichen Amerikaner, schreibt er in seinem Buch. Florida aber habe sich als «Hort der Vernunft und Freiheit» etabliert in einer «immer wahnsinniger werdenden Welt». «Florida beweist, dass wir trotz allem nicht machtlos sind», schreibt DeSantis und verweist auf die frühen Lockerungen in seinem Staat während der Corona-Pandemie und die Massnahmen gegen den «linken Woke-Wahnsinn an unseren Schulen».

Mehr Lohn für die Lehrer, mehr Schutz für die Alligatoren

Grosszügig hinweg schaut DeSantis allerdings über an sich durchaus vernünftig klingende politische Errungenschaften, die ihm im Vorwahlkampf gegen Trump wichtige rechte Wählerkreise kosten könnten: So liess er als Gouverneur die Lehrerlöhne anheben, boxte einen schärferen Schutz für den Alligatoren-Nationalpark Everglades durch und legalisierte medizinisches Marihuana.

All diese Initiativen machten DeSantis zu einem der erfolgreichsten Gouverneure Amerikas. Im November wurde er mit knapp 60 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Auch viele Latinas und Afroamerikaner legten ihre Stimme für den gottesfürchtigen Republikaner in die Urne. Sein Polit-Rezept scheint bei einer breiten Basis zu verfangen. Angereichert mit einer Prise Florida-Freiheits-Feeling ein durchaus attraktiver Mix für republikanische Wähler.

Das weiss auch Front-Runner Donald Trump, ebenfalls wohnhaft in Florida. Anders als die meisten Floridianer in seinem Alter wird sich der 76-Jährige in den kommenden Monaten alles andere als zurücklehnen und das Leben geniessen, sondern zum politischen Angriff auf seinen smarten Nachbarn blasen. Die Show dürfte in Kürze beginnen.

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