Trump-Kenner Peter Hossli zur Comey-Show
«Jetzt sind alle Augen auf den Sonderermittler gerichtet»

Drei Stunden lang wurde Ex-FBI-Chef James Comey vom Senats-Ausschuss zu Trump, Russen-Hacks und seiner Entlassung befragt. USA-Experte Peter Hossli* erklärt, warum es nun auf Sonderermittler Robert Mueller ankommt.
Publiziert: 08.06.2017 um 21:32 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 00:48 Uhr
«Trump ist ein Lügner»
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Ex-FBI-Chef:«Trump ist ein Lügner»
Interview: Thomas Benkö

Peter Hossli, James Comey hat keine «Smoking Gun» präsentiert. Ist Trump nun aus dem Schneider?
Nein. Comey hat die heiklen Fragen nicht beantwortet und gesagt, darüber könne er öffentlich nicht reden. Er hat impliziert, dass Trump die Justiz behindert hat. Das wäre ein Vergehen.

Vieles wusste man schon vorher, was ist die brisanteste Erkenntnis aus dem Hearing?
Comey sagt, dass Trumps Wunsch an ihn, die Untersuchung von Michael Flynn fallen zu lassen, innerhalb des FBI auf «investigative interest» gestossen sei. Das hiess, dass Trump selbst Ziel der Untersuchungen ist. Ebenfalls von Brisanz ist, dass Comey über einen Freund an der Columbia Law School der Presse seine Notizen zukommen liess. Dieses Leck sorgte schliesslich dafür, dass ein Sonderermittler eingesetzt worden ist.

Der Präsident blieb während des Hearings still: «Dass Trump nicht twittert zeigt, wie ernst er die Sache nimmt», urteilt Hossli.
Foto: Imago

Ist dieser Trick legal? Lieferte Comey seinen Freund ans Messer?
Nein. Comey hat sichergestellt, dass die von ihm fabrizierten Gesprächsnotizen nicht als geheim klassifiziert sind. Deshalb konnte er sie legal weitergeben. Fraglich ist, ob es seinem Freund gefällt, dass er ihn geoutet hat.

Aber Trumps Anwalt Kasowitz sagte im Anschluss, Comey habe private Gespräche zwischen ihm und dem Präsidenten weitergegeben?
Comey selbst war einst Staatsanwalt. Er dürfte wissen, wie weit er gehen kann. Er sagte, er habe die Gesprächsnotizen erstellt, weil er Trump nicht traute. Ganz bewusst sorgte er dafür, dass sie nicht als geheim eingestuft wurden. Es liegt letztlich am Sonderermittler zu beurteilen, ob Comey hier Gesetze gebrochen hat.

Zurück zu Trump: Kostet ihn die Behinderung der Justiz den Job?
Sonderermittler Bob Mueller untersucht, ob Behinderung der Justiz vorliegt. Bei einem Ja, entscheidet das Repräsentantenhaus, ob es ein Amtsenthebungsverfahren – ein Impeachment – einleiten möchte. Am Schluss urteilt der Senat darüber. Klar ist: Behinderung der Justiz ist ein ein schweres Vergehen, das dem US-Präsidenten das Amt kosten könnte.

Auf ihn kommts jetzt an: Sonderermittler Robert Mueller.
Foto: Reuters

Bisher musste nur einmal ein Präsident zurücktreten (Nixon, 1974). Ist Trumps Vergehen vergleichbar mit Watergate?Es gibt Parallelen. Wie damals scheint das Vertuschen heute gewichtiger als das eigentliche Verbrechen. Damals brachen Personen um Präsident Nixon in das Hauptquartier der Demokraten im Watergate-Gebäude ein, was eine kriminelle Tat ist. Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt nicht, ob Trump oder sein Team tatsächlich mit den Russen versucht haben, die Wahlen zu fälschen. Comey hat heute unter Eid aber gesagt, dass Trump versucht hat, die Untersuchung dieser Sache zu stoppen.

Hat Trump ihn tatsächlich dazu gedrängt?
Es geht um die Bedeutung der beiden Worte: «Ich hoffe». Trump sagte zu Comey, «Ich hoffe, sie lassen die Sache mit Michael Flynn fallen.» Ist das ein Befehl? Wenn der Präsident das sagt, vermutlich schon, sagte Comey.

Die Republikaner haben die Mehrheit im Parlament. Die würden doch nie ihren Präsidenten absägen?
Auffallend am Hearing war, wie viel Lob Comey von republikanischen Senatoren erhalten hat. Längst nicht mehr alle Republikaner stehen hinter Trump. Aber letztlich ist das die entscheidende Frage: Wie loyal sind die Republikaner zu ihrem Präsidenten? Schwindet diese Loyalität, hat Trump ein Problem.

Comey hat Trump als «Lügner» bezeichnet. Trumps Sprecherin hat den Vorwurf entsetzt zurückgewiesen. Aber Trump selber schwieg bisher. Auch auf Twitter. Überrascht?
Dass Trump schweigt und nicht twittert, zeigt wie ernst er und sein Team die Sache endlich nehmen. Er überlässt das Reden jetzt seinem Anwalt. Was er schon lange hätte tun sollen. Seine Tweets sind für ihn juristisch heikel.

Amerika-Kenner: Peter Hossli bei Trumps Inauguration im Januar.
Foto: Stefan Falke

Trumps Anwalt widerspricht Comey in einigen Punkten. Wer hat recht?
Comey sagte unter Eid aus, was Trumps Anwalt Marc Kasowitz nicht tut. Sonderermittler Robert Mueller wird nun prüfen, wer die Wahrheit sagt. Sollte Comey heute gelogen haben, wird er wohl wegen Meineids angeklagt. Sagte Comey die Wahrheit, ist Trump arg in Rücklage geraten.

Und wie geht es weiter?
Alle Augen sind auf Robert Mueller gerichtet. Der Sonderermittler untersucht mit weitreichenden Befugnissen, ob Vergehen vorliegen. Bis er seine Untersuchungen abgeschlossen hat, werden noch Monate verstreichen. Es wird weitere Enthüllungen geben, da kaum etwas geheim gehalten wird. Ob Trump in diesem Umfeld in der Lage sein wird, Anliegen wie die Steuerreform durchzubringen, ist fraglich.

* Peter Hossli ist Autor und ehemaliger US-Korrespondent. Er hat seit dem Jahr 2000 jede US-Präsidentschaftswahl vor Ort als Reporter verfolgt. Bis Ende Mai arbeitete er bei BLICK.

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