Trump fordert Biden zur Atom-Drohung auf
«Sag ihnen endlich, dass wir mehr haben!»

Bei einer Rally in South Carolina bringt der Ex-Präsident die Atom-Option ins Spiel. Er verstehe nicht, warum Biden nicht mit Nuklearwaffen drohe, sagt Trump.
Publiziert: 13.03.2022 um 02:26 Uhr
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Aktualisiert: 13.03.2022 um 09:52 Uhr

Wladimir Putin (69) hat mit Atomwaffen gedroht. Nur drei Tage nach seinem Einmarsch in die Ukraine versetzte er die «Abschreckungskräfte» des Landes in Alarmbereitschaft.

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Ex-Präsident Donald Trump (75) hätte darauf am liebsten mit Atom-Drohungen reagiert. «Putin ist doch nicht der Einzige mit Atomwaffen!», sagte Trump am Samstag bei einer Rally in Florence (South Carolina). «Warum drohen wir denn nicht damit?» Er sei der Überzeugung, die Drohung mit den eigenen Atomwaffen würde Russland abschrecken. «Wir haben viel mehr. Sag ihnen das endlich!»

Psaki: «Provokative Rhetorik erhöht Risiko»

Angesichts Putins Atom-Drohung setzte US-Präsident Joe Biden (79) auf Deeskalation. Er lehnte es ab, seinerseits die US-Nuklearstreitkräfte in Alarmbereitschaft zu versetzen. Die Amerikaner müssten sich keine Sorgen vor einem Atomkrieg machen, sagte Biden zudem einen Tag später bei einer Pressekonferenz.

Trump würde Putin gern mit Atomwaffen abschrecken.
Foto: imago images/UPI Photo
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«Wir prüfen die Anweisung von Präsident Putin und sehen derzeit keinen Grund, unsere eigenen Alarmstufen zu ändern», sagte Bidens Pressesprecherin Jen Psaki (43) am selben Tag.

Die Vereinigten Staaten und das 30-köpfige NATO-Bündnis hätten keinen «Appetit oder Wunsch» nach einem Konflikt mit Russland, so Psaki. «Provokative Rhetorik wie diese in Bezug auf Atomwaffen ist gefährlich, erhöht das Risiko von Fehleinschätzungen, sollte vermieden werden, und wir werden uns nicht darauf einlassen.»

Die meisten Experten begrüssten den Entscheid der USA. Putins Drohung offenbare nur seine «Frustration und Verzweiflung», schrieb der ehemalige US-Botschafter in Moskau, Michael McFaul, in einem Kommentar für die «Washington Post». «Rationale Führer deuten nicht an, einen nuklearen Holocaust zu starten.»

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Experte: Putin-Drohung war Warnung vor Einmischung

Matthew Bunn, Professor an der Harvard Kennedy School und ehemaliger Berater des Büros für Wissenschafts- und Technologiepolitik von Präsident Bill Clinton, sagte gegenüber «Vox»: «Ich denke, es besteht praktisch keine Chance, dass Atomwaffen in der Ukraine eingesetzt werden.» Der Hauptgrund dafür sei, dass die USA keine Soldaten schicken würden und Russland dem ukrainischen Militär zahlenmässig überlegen sei.

Ähnlich sieht das auch Andrej Kortunow vom unabhängigen Moskauer Thinktank RIAC gegenüber der «Zeit»: Putins Drohung sei ein «Signal» an den Westen, sich nicht in die Militäroperation einzumischen. «Russland behält sich das Recht vor, im Falle eines grossen europäischen Kriegs, der mit konventionellen Waffen geführt wird, auszubrechen und zum Beispiel taktische Nuklearwaffen im Gefechtsfeld einzusetzen. Denn bei den konventionellen Waffen ist die Nato objektiv viel stärker als Russland.»

Würde Putin tatsächlich einen Atomkrieg starten?

Russlands Nuklearpolitik sieht keinen aktiven Einsatz von Atomwaffen vor. Nur in vier Fällen würde das Land laut der russischen Nukleardoktrin, die Putin selbst erst 2020 bestätigt hat, zurückgreifen. Keine der Optionen ist im Krieg gegen die Ukraine aktuell der Fall:

1.) Wenn ballistische Raketen auf Russland oder das Gebiet eines Verbündeten abgefeuert werden

2.) Wenn ein Feind Atomwaffen einsetzt

3.) Als Reaktion auf einen Angriff auf eine russische Atomwaffenanlage

4.) Als Reaktion auf einen Angriff, der die Existenz des russischen Staates bedroht

Ex-Präsident Trump hätte dennoch lieber die Nuklearoption auf den Tisch gepackt. Während seiner Rally behauptete er auch, «niemand» sei je härter zu Russland gewesen als er. Putin habe sich nicht getraut, die Ukraine anzugreifen, solange er US-Präsident gewesen sei. Eine Behauptung, die sich schwerlich nachprüfen lässt – schliesslich wurde Trump vor gut einem Jahr abgewählt. (kin)

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