Terror in Paris
Europarat warnt vor Gleichsetzung von Flüchtlingen mit Terroristen

Strassburg/Genf – Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, hat nach den Anschlägen von Paris vor einer Gleichsetzung von Flüchtlingen mit Terroristen gewarnt. Auch das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR erklärte sich besorgt über eine Dämonisierung von Flüchtlingen.
Publiziert: 17.11.2015 um 14:05 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 03:54 Uhr

Die Terroristen hätten es nicht nötig, sich unter Flüchtlinge zu mischen, um zum Verüben von Anschlägen ins Ausland zu gelangen, sagte Jagland in einem Interview der Nachrichtenagentur AFP. Wer dies glaube, sei «auf die Propaganda der Terroristen hereingefallen». Dies sei genau das, was die Attentäter wollten.

Der Norweger äusserte zugleich die Befürchtung, dass muslimfeindliche Bewegungen wie Pegida in Deutschland nun noch mehr Zulauf bekommen könnten. Die politisch Verantwortlichen in Europa müssten sich daher klar von Äusserungen distanzieren, die die aktuelle Flüchtlingskrise mit den Anschlägen von Paris vermengen. Anschläge dieser Art habe es in Europa schon lange vorher gegeben, sagte Jagland.

Der tschechische Regierungschef Bohuslav Sobotka warnte ebenfalls vor Flüchtlingsfeindlichkeit als möglicher Folge der Terroranschläge in Frankreich: «Unsere Wut muss sich gegen die gut organisierten islamistischen Radikalen richten, die in Paris mordeten, nicht gegen die Flüchtlinge», mahnte er am Dienstag in Prag.

Die Flüchtlinge seien aus ihrer Heimat «gerade aufgrund von religiöser und ethnischer Gewalt vertrieben worden, die genau die selben mordenden Fanatiker verbreiten», die auch für die Pariser Anschläge verantwortlich seien.

Das UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) erklärte sich besorgt über eine Verknüpfung der Anschläge in Paris durch islamistische Attentäter mit der Aufnahme von Flüchtlingen aus muslimischen Ländern. «Wir sind sehr besorgt durch die Sprache, die die Flüchtlinge als Gruppe dämonisiert», sagte eine UNHCR-Sprecherin am Dienstag in Genf.

US-Präsident Barack Obama machte deutlich, es sei eine «moralische Pflicht», den Flüchtlingen zu helfen. «Die Menschen, die aus Syrien fliehen, sind diejenigen, die am meisten vom Terrorismus geschädigt sind», sagte er am Montag beim G20-Gipfel im türkischen Antalya. «Es ist sehr wichtig, dass wir den Opfern von solcher Gewalt nicht unsere Herzen verschliessen.»

Für den Asylexperten Peter Arbenz bergen Attentate wie das in Paris immer die Gefahr, dass sie für politische Motive instrumentalisiert werden. «Angesichts der menschlichen Dramen halte ich dies für zynisch und verwerflich», sagte der ehemalige Direktor des Bundesamtes für Flüchtlinge am Montag der Nachrichtenagentur sda.

In der Nähe der Leiche eines Selbstmord-Attentäters von Paris war ein syrischer Pass gefunden worden, mit dem sich jemand zuvor auf der griechischen Insel Leros als Flüchtling hatte registrieren lassen. Die Echtheit des Dokuments ist laut der französischen Staatsanwaltschaft aber noch nicht geklärt.

Nach Informationen der Belgrader Tageszeitung «Blic» nahm die serbische Polizei unterdessen einen Mann fest, dessen Pass identische Personaldaten enthält.

Nach der Anschlagsserie in Paris wächst in Europa und Amerika der Widerstand gegen die Aufnahme syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge. Das ungarische Parlament verabschiedete am Dienstag ein Gesetz, das der Regierung eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das EU-Quotensystem zur Verteilung von Flüchtlingen erlaubt.

Auch in den USA und Kanada wehren sich einige Bundesstaaten und Provinzen gegen die Entscheidung ihrer Regierungen, Kontingente syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge aufnehmen zu wollen.

Sowohl die EU-Kommission als auch die kanadische und die US-Regierung bekräftigten inzwischen, an der vereinbarten Verteilung festhalten zu wollen. Das US-Aussenministerium erklärte, die Regierung wolle im kommenden Jahr 10'000 Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufnehmen. Auch der kanadische Regierungschef Justin Trudeau erneuerte die Zusage, bis Jahresende 25'000 Flüchtlinge aufnehmen zu wollen.

Die Regierungen der EU-Staaten hatten sich nach langen und harten Diskussionen darauf verständigt, insgesamt 160'000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland innerhalb der EU umzuverteilen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte die EU-Staaten am Sonntag aufgefordert, sich an diese Vereinbarung zu halten.

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