Hier verschleppen Taliban Ex-Regierungsbeamte
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Rache in Afghanistan:Hier verschleppen Taliban Ex-Regierungsbeamte

Szene wie aus schlechtem Film
Hier verschleppen Taliban Ex-Regierungsbeamte

Seit knapp einem Monat haben die Taliban Afghanistan unter ihrer Gewalt. Eigentlich hatten sie eine allgemeine Amnestie versprochen. Das Blutvergiessen sollte ein Ende haben. Doch ein Video zeigt: Die Taliban sind auf Rache aus.
Publiziert: 14.09.2021 um 14:22 Uhr

Mit gefesselten Händen wird ein Mann in einen Kofferraum eines Autos gepackt. Nur wenige Meter weiter wiederholt sich die Szene. Es sind Szenen, die aus einem Gangsterfilm stammen könnten.

Tatsächlich wurde das Video in Afghanistan aufgenommen. Die Taliban nehmen im Moment Rache. Sie suchen Ex-Regierungsbeamte oder Personen, die der US-Besatzung halfen, und verschleppen sie.

«In einigen Fällen wurden die Beamten freigelassen, in anderen wurden sie tot aufgefunden», sagte Uno-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet am Montag schockiert vor dem Uno-Menschenrechtsrat.

Eine Szene wie aus einem Gangsterfilm. Die Taliban packen einen gefesselten Mann in einen Kofferraum.
Foto: Twitter
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Taliban versprach Amnestie für alle

In mehreren Städten sollen entsprechende Hausdurchsuchungen und Entführungen passiert sein. Bachelet warnt vor einer «neuen und gefährlichen Phase» in Afghanistan. Uno-Mitarbeiter seien davon ebenfalls betroffen, sagte die Hochkommissarin.

Bachelet zeigte sich allgemein besorgt über die zunehmende Gewalt in Afghanistan, die sich zuspitzende Versorgungslage der Bevölkerung und den Ausschluss von Frauen aus dem öffentlichen Leben. «Grundrechte und Freiheiten stehen allen Menschen in Afghanistan zu», sagte sie.

Extrem rigiden Auslegung der Scharia

Damit haben die Taliban ihr Versprechen gebrochen. Nach der gewaltsamen Machtübernahme hatte die Gruppe eine allgemeine Amnestie verkündet. «Der Krieg ist vorbei», und «jeder» sei begnadigt, hatte Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid versprochen.

Schon kurz nach der Machtübernahme der Taliban befürchteten viele Afghanen, dass die Islamisten eine ähnliche Schreckensherrschaft errichten könnten wie zwischen 1996 und 2001. Damals folgten die Taliban einer extrem rigiden Auslegung der Scharia, des islamischen Rechts.

Frauen durften keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, Mädchenschulen wurden geschlossen. Die Strafen bei Gesetzesverstössen waren oft grausam. Dieben wurde die Hand abgehackt. Frauen, die des Ehebruchs bezichtigt wurden, wurden zu Tode gesteinigt.

«Worte reichen nicht. Wir müssen Taten sehen»

Aus Angst flüchteten viele aus dem Land. Mehrere westliche Staaten begannen mit Evakuierungsflügen, darunter die USA und Deutschland.

Unterdessen haben die Vereinigten Staaten von den Taliban schriftliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit humanitärer Hilfe gefordert.

Es gehe dabei um die Rechte von Hilfsorganisationen, Frauen und Minderheiten, sagte die Uno-Botschafterin Washingtons, Linda Thomas-Greenfield, am Montag in Genf bei einer Geberkonferenz für Afghanistan. «Worte reichen nicht. Wir müssen Taten sehen», sagte sie.

Mehr als 600 Millionen für Afghanistan

«Hilfsorganisationen können ihre Arbeit nicht machen, wenn die Taliban diese zentralen Verpflichtungen und humanitären Regeln nicht einhalten», sagte Thomas-Greenfield in einer Videoschalte. Sie kündigte neue US-Hilfsgelder in der Höhe von fast 64 Millionen Dollar (54 Millionen Euro) an.

Die Vereinten Nationen haben an die Geberländer appelliert, bei der Konferenz mehr als 600 Millionen Dollar zuzusagen. Mit dem Geld sollen Menschen in Afghanistan bis zum Ende des Jahres vor Hunger bewahrt und ein Zusammenbruch öffentlicher Dienstleistungen verhindert werden. (jmh/AFP/SDA)

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