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Südafrika-Auswanderer Rolf Bill (72) lebt in ständiger Angst
«Ich schlafe nie ohne Handy, Funkgerät und Pistole»

Am Sonntag ist in Südafrika ein Weinbauer ermordet worden. Kein Einzelfall. Jährlich kommt es zu mehreren Hundert Überfällen von Schwarzen auf weisse Farmer. Der Schweizer Rolf Bill (72) hat daher vorgesorgt.
Publiziert: 05.06.2019 um 23:51 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:04 Uhr
Rolf Bill aus Uzwil SG hatte früher mehrere schwarze Angestellte auf seiner Farm.
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Guido FelderAusland-Redaktor

Die Farmer in Südafrika leben gefährlich. Allein dieses Jahr wurden bei 184 Überfällen auf Bauernhöfe mindestens 20 Menschen ermordet. Der 1970 aus Uzwil SG ausgewanderte Farmer Rolf Bill (72) kennt das Risiko. BLICK verrät er: «Ich schlafe nie ohne Handy, Funkgerät und Pistole.»

Vor wenigen Tagen erschütterte ein neuer Mord die weisse Bevölkerung in Südafrika. Am Sonntag wurde in Stellenbosch der Weingutsbesitzer Stefan Smit (†62) mit drei Schüssen in den Rücken hingerichtet. Seine Frau sowie eine Schweizerin, die zu Besuch war, mussten die Tat mitansehen. Anschliessend verprügelten die Täter die Frauen und raubten der Schweizerin die Uhr und Geld (BLICK berichtete).

Das Motiv für den Mord am Weinbauern in Stellenbosch ist noch nicht klar. Tatsache ist aber, dass Smit gegen schwarze Eindringliche vorging, die sich wiederrechtlich auf seinem Grundstück niedergelassen hatten und er Morddrohungen erhalten hatte.

Rache an den Weissen

«Es ist eine sehr schlimme Sache, und leider schreiben viele Medien gar nicht darüber», sagt Rolf Bill, der einst auf 35 Hektaren mit Schweizer Braunvieh Milchwirtschaft betrieb und heute auf einem Teil der Farm noch einige Schafe hält. Mit der schlimmen «Sache» meint Bill die «meistens rassistisch motivierten Überfälle auf Farmen».

Tatsächlich handelt es sich bei den Tätern in der Regel um Schwarze, die nicht einfach nur auf Beute aus sind, sondern sich an den Weissen für deren ehemalige Herrschaft rächen wollen. Auch heute gehören noch 72 Prozent der Agrarfläche den Weissen – obwohl sie lediglich 8,2 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Enteignung von Farmern bald auch in Südafrika legal?

Jährlich gibt es Hunderte solcher Überfälle auf Farmen mit Dutzenden von Toten. Auch schwarze Angestellte weisser Chefs werden nicht verschont. Auftrieb bekommen die Schwarzen durch eine Motion, die das Parlament im Februar überwiesen hat: Sie sieht vor, dass Farmen ohne Abgeltung enteignet werden können. Auch der ANC, die Partei des Friedensnobelpreisträgers und ersten schwarzen Präsidenten, Nelson Mandela (1918-2013), unterstützte diese Forderung.

Damit folgt Südafrika dem Vorbild Simbabwe, wo unter dem damaligen Präsidenten Robert Mugabe (95) über 4000 weisse Farmer enteignet worden waren. Das führte zum einen dazu, dass sich eine schwarze, mit dem Staatsapparat verbandelte Elite, auf Kosten der Bauern bereichern konnte. Zum anderen fehlte der schlecht ausgebildeten Bevölkerung das Wissen und der Erfahrungsschatz, um industrielle Landwirtschaft zu betreiben. Ergebnis: Die Nahrungsmittelproduktion brach zusammen.

Schweizer in Angst

In Südafrika gehen Farmer inzwischen auch auf die Strasse, um gegen den Rassismus zu protestieren. Bekannt ist vor allem der «Schwarze Montag», bei dem vor zwei Jahren Tausende Menschen in schwarzer Kleidung zusammenkamen. Der Auslöser für diesen Tag war ebenfalls ein Mord an einem weissen Winzer.

Selber ist Rolf Bill auf seiner zwischen Meyerton und Heidelberg gelegenen Farm nie überfallen worden. «Aber in der Community kennt praktisch jeder einen, der betroffen ist», sagt er. Viele Farmer haben ihre Gehöfte zu richtigen Festungen ausgebaut. Bill betreibt mit den Nachbarn «Farm Watch» – man schaut gegenseitig zueinander.

Der Auswanderer lebt in ständiger Unruhe: «Obwohl ich das Grundstück bezahlt habe und im Grundbuch eingetragen bin, könnte auch ich eines Tages enteignet werden. Ich weiss nicht, was dann passieren würde.»

«Mandela würde sich im Grabe umdrehen»

Ebenfalls in den 70er-Jahren war der Schweizer Marc Cathomen (68) nach Johannesburg ausgewandert, wo er das Theaterrestaurant La Parisienne sowie die Pizzeria La Terrazza führte. Nachdem er aber viermal überfallen worden war, kehrte er 1992 nach Mels SG zurück.

Trotz der schmerzhaften Erlebnisse verbringt er jedes Jahr mit seiner Frau Mara (67) die Ferien in Südafrika. Zu BLICK sagt er: «Es ist ein wunderschönes Land, in dem nun aber leider das Pendel auf die andere Seite ausschlägt.» Wie in Simbabwe würden auch in Südafrika die Schwarzen mit dem wiedergewonnen Land nichts anzufangen wissen. «Es liegt teilweise einfach brach», weiss Cathomen. Das sei wirtschaftlich fatal: Die Arbeitslosigkeit steige, Investoren zögen ab.

Für den Mandela-Fan ist Südafrika nicht mehr das Land, das der erste schwarze Präsident aufbauen wollte. Cathomens Urteil: «Wenn Mandela sähe, was seine Leute daraus gemacht haben, würde er sich im Grab umdrehen.»

Südafrika-Touris lassen sich nicht abschrecken

Südafrika gehört zu den Trenddestinationen bei Schweizer Touristen. «Gemäss aktuellem Buchungsstand liegen wir bei Südafrika leicht über Vorjahr», sagt Corina Räber, Sprecherin von Tui Suisse. «Wir bemerken im Moment keinen Buchungsrückgang aufgrund der Vorkommnisse.» Damit meint Räber die sich zuletzt häufenden Meldungen von Übergriffen auf Gutsbesitzer. Das Reiseland zog in der jüngeren Vergangenheit immer mehr Gäste an, auch wenn die Preise im Steigflug sind. Räber: «In Südafrika sind vor allem Rundreisen und selbst zusammengestellte Paketreisen gefragt.» Konkurrent Hotelplan Suisse bearbeitet via Tochter Travelhouse Südafrika. Aktuell liegt der Buchungsstand leicht unter Vorjahr. In den letzten drei Jahren stiegen diese allerdings jeweils im zweistelligen Prozentbereich. «Zieht man die Buchungen für die kommende Wintersaison mit ein, so liegen wir für Südafrika auch dieses Jahr im zweistelligen Plusbereich», sagt Hotelplan-Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir. Ulrich Rotzinger

Südafrika gehört zu den Trenddestinationen bei Schweizer Touristen. «Gemäss aktuellem Buchungsstand liegen wir bei Südafrika leicht über Vorjahr», sagt Corina Räber, Sprecherin von Tui Suisse. «Wir bemerken im Moment keinen Buchungsrückgang aufgrund der Vorkommnisse.» Damit meint Räber die sich zuletzt häufenden Meldungen von Übergriffen auf Gutsbesitzer. Das Reiseland zog in der jüngeren Vergangenheit immer mehr Gäste an, auch wenn die Preise im Steigflug sind. Räber: «In Südafrika sind vor allem Rundreisen und selbst zusammengestellte Paketreisen gefragt.» Konkurrent Hotelplan Suisse bearbeitet via Tochter Travelhouse Südafrika. Aktuell liegt der Buchungsstand leicht unter Vorjahr. In den letzten drei Jahren stiegen diese allerdings jeweils im zweistelligen Prozentbereich. «Zieht man die Buchungen für die kommende Wintersaison mit ein, so liegen wir für Südafrika auch dieses Jahr im zweistelligen Plusbereich», sagt Hotelplan-Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir. Ulrich Rotzinger

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