Stichwahlen in Frankreich:
Entscheidet sich heute Macrons Zukunft?

Weil keine Partei bei den Regionalwahlen eine Mehrheit erzielen konnte, müssen die Franzosen erneut an die Urne. Für die Partei des Staatspräsidenten sieht es schlecht aus.
Publiziert: 27.06.2021 um 12:57 Uhr
Fabienne Kinzelmann

Man kann Emmanuel Macron (43) nicht vorwerfen, er habe nicht versucht, bei den Regionalwahlen zumindest eine passable Figur zu machen. In Hauts-de-France, der an Belgien grenzenden und nach Einwohnern drittgrössten Region, hat er gleich fünf Kabinettsmitglieder ins Rennen geschickt, darunter seinen Justizminister und seinen Innenminister. Allerdings chancenlos.

Auch bei den Stichwahlen von heute Sonntag wird die Regierungspartei La République en Marche! keinen Boden gutmachen. Stattdessen liegt das bürgerlich-konservative Lager vorne. Der frühere Minister und Regionalpräsident Xavier Bertrand (56) bringt sich bereits für die Präsidentenwahl in zehn Monaten in Stellung.

«Die Volksparteien haben national keine Kandidaten»

«Es ist Macron nicht gelungen, eine politische Kraft im Land aufzubauen, die auf unterschiedlichen Ebenen vertreten ist», sagt Caroline Kanter, Leiterin des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Paris. Und das ein Jahr vor den französischen Präsidentschaftswahlen, bei denen der Staatspräsident voraussichtlich wieder antreten will.

Nach den Kommunalwahlen schneidet Emmanuel Macrons Partei La République en Marche! auch bei den Regionalwahlen schlecht ab.
Foto: keystone-sda.ch
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Ist dies der Stimmungstest, der das Ende Macrons schon einläutet? «Ich würde aus den Regionalwahlen keine direkten Schlüsse für die Präsidentschaftswahl ziehen», sagt Kanter. Ähnlich habe die politische Landschaft schliesslich auch bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr ausgesehen. «Die Volksparteien sind regional gut verankert, haben aber national keine aussichtsreichen Kandidaten.»

Anders ist es bei Macron – und seiner rechten Gegenspielerin Marine Le Pen (52).

Macron braucht starke Wirtschaft – und bitte keinen Terror

Auch Le Pen schneidet bei den Regionalwahlen schlecht ab. Dabei konnte ihr Rassemblement National (früher Front National) laut Prognosen auf bis zu 6 der 13 Regionen hoffen. Nun wird es höchstens eine. In mehreren Regionen steht sie allerdings an zweiter Stelle. Das liegt auch am dominierenden Thema, der Sicherheit. Obwohl es gar nicht in der Kompetenz der Regionen liegt.

Die Terroranschläge auch in kleinen und mittelgrossen Städten und in Schulen zeigen politisch Wirkung. Ein weiterer könnte Le Pen im nächsten Jahr den Sieg bringen.

Macron muss hoffen, dass sich die Wirtschaft nach Corona weiterhin gut erholt. Helfen könnten dabei auch die 750 Milliarden Euro im Europäischen Wiederaufbauplan. Für das grösste EU-Konjunkturpaket aller Zeiten hat Macron gekämpft. Zudem könnte ihm der Glanz der EU-Ratspräsidentschaft Aufwind verleihen, die Frankreich in der ersten Jahreshälfte 2022 innehat.

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