Angst vor nuklearer Katastrophe wächst – Ukrainer vermelden
Russen verkabeln AKW Saporischschja mit Sprengstoff

Russische Truppen haben laut ukrainischen Angaben Energieeinheiten des AKWs Saporischschja mit Sprengstoff verbunden. Die Angst vor einer nuklearen Katastrophe wächst immer weiter.
Publiziert: 08.08.2022 um 19:28 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2022 um 20:45 Uhr
Chiara Schlenz

Das Atomkraftwerk Saporischschja nahe der gleichnamigen südukrainischen Grossstadt rückt im Ukraine-Krieg immer weiter in den Fokus. Seit Anfang März ist das grösste AKW Europas von russischen Truppen besetzt, seit Juli wird es als Kommandoposten und Festung der Russen verwendet.

Anfang August erfolgten innert weniger Tage zwei Angriffe auf das Kernkraftwerk – beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig. Laut der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) wurden einige Hilfseinrichtungen getroffen und Strahlenmonitore beschädigt.

Der Uno-Generalsekretär António Guterres (73) sagte zu den Angriffen am Wochenende: «Jeder Angriff auf ein Atomkraftwerk ist eine Selbstmordaktion.» Die Angriffe zeigten «die sehr reale Gefahr einer nuklearen Katastrophe», sagte IAEA-Chef Rafael Grossi (61).

Das grösste AKW Europas, Saporischja in der Südukraine, steht unter Beschuss.
Foto: AFP
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Russen verkabeln AKW mit Sprengstoff – kommt die Katastrophe?

Die Ukrainer teilten mit, dass die russischen Truppen Energieeinheiten des AKWs mit Sprengstoff verkabelt hätten. Von russischer Seite wurde dies nicht bestätigt. Die Lage am Fluss Dnjepr spitzt sich immer weiter zu.

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Dmytro Kuleba (41), der Aussenminister der Ukraine, warnte bereits im März, als die ersten Feuer in Saporischschja ausbrachen: Ein Brand in Saporischschja könnte zehnmal schlimmer enden als Tschernobyl. Die Explosion in einem Kernkraftwerk in der Nordukraine im Jahr 1986 gilt als die katastrophalste Nuklearkatastrophe in der Geschichte.

Allerdings muss festgehalten werden, dass Saporischschja mit seinen sechs Reaktoren – von denen aktuell aber nur zwei in Betrieb sind – zwar grösser, aber auch moderner als Tschernobyl ist. Die Sicherheitsstandards sind höher, und um eine nukleare Katastrophe auszulösen, bräuchte es mehr als einzelne Raketeneinschläge.

Andreas Pautz (53), Leiter des Bereichs Nukleare Sicherheitsforschung am Paul Scherrer Institut (PSI), erklärt im Gespräch mit Blick: «Natürlich macht mir der Beschuss einer Nuklearanlage grosse Sorgen. Bis es zu einer nuklearen Katastrophe kommt, müssten aber die Reaktoren ernsthaft beschädigt werden und die Notkühlsysteme so stark beeinträchtigt sein, dass sie die Kühlung der Reaktoren nicht mehr gewährleisten können.»

Verteilung von radioaktiver Luft hängt von Jahreszeit ab

Falls aber doch radioaktives Material in die Umwelt austreten würde, wäre die Verbreitung von der Jahreszeit abhängig. Zu diesem Schluss kommt ein Paper von US-amerikanischen Forschenden. In den Sommermonaten können Luftpakete mit radioaktiv kontaminierten Aerosolen über die Länder in Mittel-, Nord-, Süd- und Südosteuropa, Teile des Nahen Ostens, Nordasien und sogar Nordafrika fliegen.

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