Menschenmenge empfängt sie als Heldin
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Kletterin Rekabi am Flughafen:Menschenmenge empfängt sie als Heldin

Sie trug kein Kopftuch an Meisterschaft
Jubel-Empfang für iranische Kletterin Rekabi in Teheran

Nachdem die iranische Kletterin Elnas Rekabi ohne Kopftuch an einem Wettkampf teilgenommen hatte, herrschte grosse Sorge. Man befürchtete, sie werde im Iran festgenommen. Am Mittwochmorgen versammelten sich Menschen in Teheran, um ihre Ankunft zu feiern.
Publiziert: 19.10.2022 um 08:52 Uhr
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Aktualisiert: 19.10.2022 um 16:18 Uhr

Die Menschenmassen in Teheran jubelten und applaudierten, nachdem die iranische Klettermeisterin Elnas Rekabi (33) am Mittwochmorgen in Teheran angekommen war. Videoaufnahmen, die in den sozialen Medien kursieren, zeigen, wie die Menge immer wieder Rekabis Namen ruft. Für sie ist Rekabi eine Heldin. Der Hintergrund: Sie nahm am Finale der Asien-Meisterschaften in Südkorea teil – ohne Kopftuch. Für Irans Sportlerinnen wäre dieses eigentlich strikte vorgeschrieben.

Nach dem Vorfall war die Sorge um Rekabi gross. Man befürchtete, sie könnte zu einer verfrühten Abreise gezwungen worden sein und im Iran festgenommen werden. Das bestritt Teheran allerdings. Die Sportlerin erklärte am Dienstag auf Instagram, sie entschuldige sich «für all die Unruhe, die ich ausgelöst habe». Dass sie in Seoul am Sonntag ohne Kopfbedeckung aufgetreten sei, sei «unbeabsichtigt» gewesen. Es sei vielmehr darauf zurückzuführen, dass sie früher als geplant an der Reihe gewesen sei.

Als Solidaritätsgeste ausgelegt

In ihrer ersten Disziplin hatte Rekabi ein Bandana auf dem Kopf getragen, bei einem späteren Klettereinsatz trug sie nur ein Band im Haar, wie auf einer Übertragung der Internationalen Föderation der Sportkletterer (IFSC) zu sehen war.

Die iranische Kletterin Elnas Rekabi kletterte an den Asien-Meisterschaften in Seoul ohne Kopftuch.
Foto: AFP
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Dass Rekabi ohne Kopfbedeckung kletterte, war von einigen Unterstützern der Massenproteste im Iran als Solidaritätsgeste ausgelegt worden. Sie bezeichneten die 33-Jährige in Online-Netzwerken als «Heldin» und veröffentlichten Bilder mit dem Protestruf «Frauen. Leben. Freiheit».

Die seit Wochen andauernden Massenproteste im Iran hatten sich am Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini († 22) entzündet. Sie war am 16. September in Teheran ums Leben gekommen, nachdem sie von der Sittenpolizei festgenommen worden war. Sie hatte ihr Kopftuch angeblich nicht vorschriftsgemäss getragen.

Funkstille nach Meisterschaftsfinale

Nach dem Wettbewerb, bei dem Rekabi auf dem vierten Platz landete, war zunächst nichts von ihr zu hören. Am Dienstag entschuldigte sie sich dann auf Instagram, wo ihr mehr als 200'000 Menschen folgen. Dabei erklärte sie, sie sei derzeit «auf dem Rückweg in den Iran, zusammen mit dem Team, wie von vornherein geplant».

Das Zustandekommen von Rekabis Erklärung löste indes eine Debatte aus, nachdem es in unbestätigten Berichten hiess, iranische Behördenvertreter hätten in Südkorea Druck auf sie ausgeübt.

Der persischsprachige BBC-Sender berichtete unter Berufung auf anonyme Quellen, Freunde hätten die 33-Jährige nicht kontaktieren können und ihr Team habe das Hotel in Seoul zwei Tage früher verlassen als geplant.

Die Website Iran Wire berichtete, der Chef der Iranischen Kletter-Vereinigung habe Rekabi «ausgetrickst», um sie in die iranische Botschaft in Seoul zu locken. Der Verbandschef habe ihr eine sichere Rückkehr in den Iran versprochen, wenn sie ihm ihren Pass und ihr Smartphone aushändige.

Verdacht auf erzwungenes Geständnis

Die iranische Botschaft in Seoul wies in einer Mitteilung «alle Fälschungen, Falschnachrichten und Desinformationen» über Rekabis Situation zurück. Die Sportlerin habe Südkorea am Dienstag zusammen mit ihrer Mannschaft verlassen, hiess es.

Das Nationale Olympische Komitee (NOK) des Irans habe dem Internationalen Olympische Komitee (IOC) und dem Weltverband IFSC bei einem Treffen am Mittwoch zugesichert, dass Rekabi «keine Konsequenzen» zu befürchten habe, teilte das IOC mit. Nach Angaben des NOK sei Rekabi inzwischen in den Iran zurückgekehrt und befinde sich bei ihrer Familie in Teheran.

Die staatliche iranische Nachrichtenagentur Fars fragte am Dienstag in einem Editorial, warum «westliche, zionistische und saudiarabische» Medien nicht den Erfolgen iranischer Sportlerinnen Aufmerksamkeit geschenkt hätten, die Kopftücher getragen hätten, sondern «die Performance eines Mädchens mit unkonventionellem Benehmen hervorgehoben haben».

Rekabi ist die zweite bekannte iranische Sportlerin, die ohne Kopftuch an einem Wettbewerb teilnahm. Die erste war die Boxerin Sadaf Chadem, die 2019 mit unbedecktem Haar in den Ring stieg. Chadem kehrte nicht in den Iran zurück, sie lebt in Frankreich im Exil. (bab/AFP)

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