Schluss mit Reisen für gefallene EU-Parlamentarierin
Jetsetterin Eva Kaili zog es immer wieder in die Schweiz

Ihre Teilnahme an einem St. Moritzer Krypto-Event im kommenden Januar musste Eva Kaili absagen. Die politische Karriere der Griechin endete am letzten Wochenende abrupt. Dabei hatte alles so vielversprechend angefangen.
Publiziert: 18.12.2022 um 11:28 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2022 um 16:59 Uhr
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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Eva Kaili (44) sitzt mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einem Ledersessel in einer Zuger Hotelbar, das lange blonde Haar fällt über den roten Schal, den sich die EU-Parlamentarierin eng um den Hals geschlungen hat. März in der Innerschweiz: Das ist nicht das ideale meteorologische Umfeld für die Griechin aus Thessaloniki, die mit ihrem italienischen Lebenspartner doch so gerne auf Segeljachten in der Ägäis herumkurvt und die architektonischen Meisterwerke auf der Arabischen Halbinsel bestaunt.

Doch Kaili, damals im Frühjahr 2018 gerade mal 39 und in ihrer Heimat doch schon längst ein gefeierter Polit-Star, steckt den Frust über die Zuger Kälte weg und sagt im Interview mit dem Sender CNN Money Switzerland lauter nette Dinge. Dinge, die sie in vielen Interviews immer und immer wieder sagt. Sie spricht über «smarte Lösungen», über «neue Vorgehensweisen», über den «Nutzen der Digitalisierung für die Bürger».

Eva Kaili weiss, wie man gescheit schwätzt. Und sie weiss, wie man das Publikum in den Bann zieht. Das Gesicht dreht sie häufig stark nach rechts - die linke Schokoladenseite präsentieren. Genau wie auf ihrem Insta-Profil, auf dem sie ihr politisch untermaltes Jetset-Leben mit immerhin 54'500 Followern teilt.

Da war das Leben noch in Ordnung: EU-Parlaments-Vizepräsidentin Eva Kaili mit ihrem Lebenspartner Francesco Giorgi.
Foto: ZVG
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Als Teenagerin bereits in der Politik aktiv

Mit all dem ist jetzt vorerst mal Schluss: mit den Interviews, mit Politisieren, mit dem Jetset-Leben sowieso. Eva Kaili sitzt seit vergangenem Freitag in einem belgischen Untersuchungsgefängnis. Die einstige Vizepräsidentin des EU-Parlaments wird verdächtigt, von Katar mehrere Hunderttausend Franken für ihre politischen Dienste angenommen zu haben. Es ist der bislang grösste Korruptionsskandal in der alles andere als skandalfreien Geschichte des 705-köpfigen Europaparlaments.

Ein unerwartet harsches Ende für die kometenhafte Laufbahn der studierten Architektin und talentierten Politikerin; ein tiefer Fall für die mächtige Griechin, die einst als 14-Jährige der linken Partei Pasok beigetreten war und mit gerade mal 20 in den Stadtrat von Thessaloniki gewählt wurde. Kaili verdiente sich ihr Geld als Nachrichtensprecherin beim griechischen Privatfernsehsender Mega TV, bevor sie mit 26 den Sprung ins nationale Parlament schaffte und schliesslich 2014 ins EU-Parlament in Strassburg wechselte.

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Eva Kaili muss erneute Schweiz-Reise absagen

Da lernte sie ihren heutigen Partner Francesco Giorgi (35) kennen, der als Assistent eines anderen EU-Parlamentariers arbeitete. Das attraktive Powerduo Giorgi und Kaili, von «Politico» bereits zum «Brüsseler Traumpaar Brangelina» auserkoren, hat gemeinsam eine Tochter. Unter deren Kinderbettchen hatten die belgischen Behörden vergangene Woche rund 160'000 Euro in bar gefunden. Das Mädchen wird derzeit fremdbetreut: Beide Eltern sitzen in Untersuchungshaft.

Papa Francesco beteuert nun, der vermeintliche Bestechungsskandal sei allein seine Schuld. Mama Eva hätte nichts davon gewusst. Das scheinen ihm die belgischen Behörden nicht zu glauben. Ihre anstehenden Reisepläne jedenfalls musste Kaili stornieren. Im Januar wäre sie bereits wieder in die Schweiz gekommen, um an einem St. Moritzer Krypto-Event aufzutreten. Die Organisatoren haben sie ausgeladen. Die Party ist vorbei – nicht nur für die Blockchain-Währungen.

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