20-mal näher
Schärfste Bilder der Region um Schwarzes Loch «Sagittarius A*»

Astronominnen und Astronomen haben die detailliertesten und schärfsten Bilder der Region um das Schwarze Loch «Sagittarius A*» im Zentrum der Milchstrasse geschossen. Von den dadurch gewonnenen Erkenntnissen berichten sie im Fachjournal «Astronomy & Astrophysics».
Publiziert: 14.12.2021 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 14.12.2021 um 17:40 Uhr

Das internationale Team um Physik-Nobelpreisträger Reinhard Genzel entdeckte einen bisher unbekannten Stern im Zentrum unserer Galaxie. Zudem gelang es, durch Analyse der Sternbahnen die bisher genaueste Messung der Masse des Schwarzen Lochs vornehmen.

Genzel, Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, erhielt im vergangenen Jahr für seine Forschung zu «Sagittarius A*» (ausgesprochen Sagittarius A Stern) den Physik-Nobelpreis. Um mehr über das dunkle Zentrum der Milchstrasse zu erfahren, etwa, wie massiv das Schwarze Loch dort genau ist, ob es sich dreht und ob sich die Sterne in seiner Umgebung genauso verhalten, wie man es aufgrund von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie erwartet, sei es am besten, «Sterne auf ihren Bahnen in der Nähe des supermassereichen Schwarzen Lochs zu verfolgen», sagte Genzel in einer Mitteilung der Europäischen Südsternwarte (ESO).

«Verblüfft von Detailfülle»

Die Forschenden konnten nun mithilfe des «Very Large Telescope» (VLT) der ESO und dem Instrument «Gravity», welches das Licht aller vier 8,2-Meter-Teleskope des VLT kombiniert, diese Beobachtungen mit bisher unerreichter Genauigkeit durchführen und laut ESO 20-mal näher an die Region heranzoomen als bisher.

Fürs menschliche Auge verdeckt: So stellen sich Forscher in einer Computersimulation das schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstrasse vor.
Foto: Event Horizon Telescope project

«Wir sind verblüfft von der Detailfülle, der Bewegung und der Anzahl der Sterne, die sich um das Schwarze Loch herum zeigen», erklärte Julia Stadler vom Max-Planck-Institut für Astrophysik. So konnten die Forschenden erstmals den bisher unbekannten Stern «S300» sehen, der ihnen aufgrund seiner schwachen Helligkeit bisher entgangen war.

Bei ihren jüngsten Beobachtungen zwischen März und Juli dieses Jahres konzentrierten sich die Forschenden auf die genaue Vermessung von Sternen, die sich dem Schwarzen Loch nähern. Dazu gehört auch der Stern «S29», der das Schwarze Loch Ende Mai in einer Entfernung von nur 13 Milliarden Kilometern mit einer Geschwindigkeit von 8740 Kilometern pro Sekunde passiert hat. Bisher wurde kein anderer Stern beobachtet, der so nahe an einem Schwarzen Loch vorbeigezogen ist oder sich so schnell um dieses herum bewegt hat.

Wissenschaftler wollen noch mehr Sterne finden

«Aus den Beobachtungen konnten wir auch die Masse des Schwarzen Lochs genauer bestimmen, sowie dessen Abstands zu unserem Sonnensystem», erklärte Gernot Heissel, der derzeit als Postdoc am Observatoire de Paris forscht und dem «Gravity»-Konsortium angehört, gegenüber der APA. Demnach besitzt «Sagittarius A*» die 4,3-millionenfache Masse der Sonne und ist 27'000 Lichtjahre von uns entfernt. Noch genauer als bisher wurde bestätigt, dass die Sternbahnen mit den Vorhersagen von Einsteins Relativitätstheorie übereinstimmen.

Zudem begrenzen die neuen Beobachtungen die Menge an Dunkler Materie, die sich eventuell zwischen dem Schwarzen Loch und den untersuchten Sternen aufhalten könnte. «Dort scheint nicht viel zu sein, jedenfalls nicht Materie in herkömmlicher Form», erklärte Heissel.

Geplant ist, dass «Gravity» noch in diesem Jahrzehnt aktualisiert und damit seine Empfindlichkeit weiter gesteigert wird, um schwächere Sterne noch näher am Schwarzen Loch zu entdecken. Als Ziel nennen die Wissenschaftler, Sterne zu finden, die so nahe sind, dass ihre Umlaufbahnen jene Gravitationseffekte spüren würden, die durch die Rotation des Schwarzen Lochs verursacht werden.

Zudem wollen sie mit dem derzeit in Bau befindlichen «Extremely Large Telescope» (ELT) der ESO die Geschwindigkeit dieser Sterne mit sehr hoher Präzision messen. So hoffen sie herauszufinden, wie schnell sich das Schwarze Loch dreht – ein Wert, den bisher noch niemand bestimmen konnte. (SDA)

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