Putsch im Niger
General präsentiert sich als neuer Anführer des Landes

Der Chef der Präsidentengarde im Niger, General Omar Tchiani, hat sich selbst zum Präsidenten des Nationalen Rats und damit zum neuen Machthaber des Landes ernannt. Tchiani äusserte sich am Freitag im nationalen Fernsehen.
Publiziert: 28.07.2023 um 13:33 Uhr
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Aktualisiert: 28.07.2023 um 17:14 Uhr

Zwei Tage nach der Rebellion vom Militärs im Niger hat sich der Chef der Präsidentengarde, General Omar Tchiani (61), als neuen starken Mann des Landes präsentiert. Laut einem am Freitag im staatlichen Fernsehen verlesenen Statement ist Tchiani nun «Präsident des Nationalrats zum Schutz des Vaterlands».

Der demokratisch gewählte Präsident des Landes, Mohamed Bazoum (63), den Tchianis Elitetruppe eigentlich beschützen sollte, wird unterdessen weiter von den Putschisten festgehalten.

Tchiani ist General des Heeres und wurde von Bazoums Vorgänger Mahamadou Issoufou (71) nach dessen Amtsübernahme 2011 an die Spitze der Präsidentengarde befördert.

Omar Tchiani erklärte sich selbst zum Präsident im Niger.
Foto: Twitter @YourmediaAgency
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Sahelzone immer instabiler

Ob Tchiani Rückhalt der gesamten Armee hat, war zunächst unklar. Die Streitkräfte des westafrikanischen Landes hatten sich am Donnerstag der Forderung der rebellierenden Militärs nach einem Ende der Amtszeit von Bazoum angeschlossen. Experten befürchten, dass sich ein Machtkampf entspinnen könnte. Tchiani bezeichnete das Militär am Freitag als «Garanten der nationalen Einheit, der territorialen Integrität und der Interessen unserer Nation». Er rief «Partner und Freunde des Nigers» auf, den Sicherheitskräften zu vertrauen.

Der Militärputsch wird international mit Sorge betrachtet. Die europäischen Bemühungen um eine Stabilisierung der Sahelzone erlitten dadurch einen schweren Rückschlag. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde. Erst Ende 2022 hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen.

EU droht mit Stopp von Hilfszahlungen

Das französische Aussenministerium erklärte, die neuen Machthaber nicht anzuerkennen. Die EU verurteilte den Putsch aufs Schärfste. Jeder Verstoss gegen die verfassungsmässige Ordnung werde Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Niger haben, teilte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell im Namen der Mitgliedstaaten mit.

Die Auswirkungen schlössen auch das sofortige Aussetzen jeglicher Budgethilfe ein. Die EU hatte dem Niger - eines der ärmsten Länder der Welt - erst vor wenigen Wochen neue Investitionen in Höhe von 66 Millionen Euro in Bildungs- und Jugendprojekte in Aussicht gestellt. Sie ergänzen Finanzzusagen in Höhe von Hunderten Millionen Euro, die bereits in den vergangenen Jahren gemacht wurden.

Sorge um Russland-Beistand

Es gibt zudem die Sorge, dass der Niger unter einer Militärregierung näher an Russland rücken könnte. Auch die Nachbarländer Mali und Burkina Faso hatten sich in Richtung Russland orientiert und unter anderem Partnerschaften mit der russischen Wagner-Gruppe gesucht.

Der Chef der Privatarmee, Jewgeni Prigoschin, bezeichnete den Putsch im Niger am Donnerstag auf Telegram als gewöhnlichen Kampf der Menschen gegen die früheren Kolonialherren, die ihnen ihren Lebensstil aufzwingen wollten. Ehemalige Kolonialisten destabilisierten gezielt die Lage in afrikanischen Ländern und unterstützten dort «Terroristen und verschiedenen Bandengruppierungen», behauptete Prigoschin, der einmal mehr für den Einsatz seiner Wagner-Kämpfer warb.

Niger ist eines der ärmsten Länder der Welt

Für die EU ist die Lage im Niger auch bedeutend, weil es eines der wichtigsten Transitländer für afrikanische Migranten ist, die die Küsten des Mittelmeeres erreichen und von dort aus nach Europa übersetzen wollen. Deshalb hatten die EU und Niger bereits im vergangenen Sommer vereinbart, beim Thema Menschenschmuggel enger zusammenzuarbeiten.

Der Niger mit seinen rund 26 Millionen Einwohnern ist eines der ärmsten Länder der Welt. Auf dem Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen belegte das Land in der Sahelzone zuletzt Platz 189 von 191. Mehr als 40 Prozent der Menschen leben in extremer Armut. (AFP/SDA)

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