Polizei-Grosseinsatz wegen Youtuber in Bayern (D)
Vandalen terrorisieren Drachenlord

In der bayerischen Provinz ist die Polizei täglich im Einsatz, weil Internet-Trolle einen Youtuber terrorisieren. Nun ist eine Hass-Demo komplett ausgeartet – auch Schweizer mobbten mit.
Publiziert: 22.08.2018 um 12:56 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 20:41 Uhr

Altschauerberg ist ein gewöhnliches 42-Seelen-Örtchen im deutschen Bundesland Bayern – mit einem nicht ganz gewöhnlichen Bewohner: Hier befindet sich die Drachenschanze, das Zuhause des «Drachenlords», wie sich der 29-jährige Rainer Winkler nennt. Er verdient sein Geld mit Youtube-Videos. 

Der Youtuber ist ein Phänomen. Seit Jahren veröffentlicht er Videos über sein Leben, über Metal-Musik und Videospiele. Er ist übergewichtig und vertritt teils extreme Ansichten, so bezeichnete er den Holocaust einmal als «nice Sache». So hat sich eine beträchtliche Troll-Gemeinde angesammelt, die dem Drachenlord das Handwerk legen wollen. 

In Altschauerberg tauchten trotz Versammlungsverbot Hunderte auf, um den Youtuber Drachenlord zu terrorisieren.
Foto: AFP
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Am Montag erreicht der Krach seinen vorläufigen Höhepunkt: Hunderte vorwiegend junge Männer strömen zu seinem Haus, um «dem Drachen das Fürchten zu lehren», wie es in einem Aufruf zu einer Hass-Demo gegen den Youtuber heisst. Sogar aus der Schweiz seien Teilnehmer dabei gewesen, sagt ein Polizeisprecher laut «Spiegel Online».

Feuerwehreinsatz wegen Knallkörpern

Die Horde versammelt sich vor dem Haus des Drachenlords und randaliert. Gemäss Polizei werden mehrere Knallkörper gezündet, dadurch gerät unter anderem eine Grasfläche am Strassenrand in Brand. Der Drachenlord sitzt während der Aktion im Haus und streamt live aus seinem Haus – sein Monolog wird von mehreren lauten Knallgeräuschen von draussen unterbrochen.

Auch sonst benehmen sich die Hass-Demonstranten daneben: Ein Polizist wird bespuckt, 25 Personen blockieren das Feuerwehrhaus und behindern die Einsatzkräfte, gegen rund 300 Leute muss die Polizei Platzverweise aussprechen. Die Polizei ist seit längerem praktisch täglich im Einsatz, doch die Hass-Demo hat eine bisher unerreichte Grösse. Als Verstärkung müssen sogar 20 Spezialkräfte anrücken, die vorher an einem Fussballspiel im Einsatz waren.

«Ich prügle die Scheisse aus euch raus»

Die Vorgeschichte: Als Drachenlord im Jahr 2013 erfährt, dass Trolle seine Schwester belästig haben, rastet er aus. In einem Wut-Video gibt er seine Adresse Preis und fordert die «kleinen Nazis» auf: «Kommt zu mir und legt euch mit mir an, ich prügle die Scheisse aus euch raus.»

Seither tauchen immer wieder Kritiker bei seinem Haus auf und werden auch mal übergriffig. Er wurde schon geschlagen und mit Eiern beworfen, jagte selbst schon mal einen Gegner mit der Eisenstange. Einer seiner Gegner setzte einen falschen Notruf ab und löste einen grossen Polizei- und Feuerwehreinsatz beim Drachenlord aus.

Den Nachbarn wird das ganze zu viel: Laut dem «Bayerischen Rundfunk» hat sich die Dorfgemeinschaft wegen den Unruhe an ihren Landtagsabgeordneten gewandt – dieser fordert Bayerns Innenminister zum Handeln auf. Im Schreiben heisst es: Die Polizei sei täglich im Einsatz. Frauen würden sich abends nicht mehr vors Haus trauen, Kinder könnten nicht mehr draussen spielen oder alleine zum Bus laufen. Die Anwohner könnten nachts nicht schlafen.

Sie fordern, dass der Drachenlord – der mit den Videos sein Geld verdient – sicherstellt, dass die Dorfbewohner in Zukunft nicht mehr belästigt werden. «Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es grössere Verletzungen geben wird.» (rey)

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