Kehrtwende in der Nahost-Politik
Paraguay verlegt Botschaft zurück nach Tel Aviv

Nach dem Amtsantritt des Präsidenten Mario Abdo Benítez kehrt Paraguay zu seiner Linie in der Nahost-Politik zurück: Die Regierung des südamerikanischen Landes kündigte am Mittwoch an, seine Botschaft in Israel wieder zurück von Jerusalem nach Tel Aviv zu verlegen.
Publiziert: 05.09.2018 um 23:16 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 14:55 Uhr

Die Meldung hatte im Frühjahr für Aufsehen gesorgt: Anlässlich zum 70. Jahrestag der israelischen Staatsgründung wurde die amerikanische Botschaft in Jerusalem eingeweiht. US-Präsident Donald Trump (72) war es, der den viel kritisierten Umzug veranlasste (BLICK berichtete).

Paraguay geht nun den umgekehrten Weg. Nach dem Amtsantritt des Präsidenten Mario Abdo Benítez kehrt Paraguay zu seiner ursprünglichen Linie in der Nahost-Politik zurück: Die Regierung des südamerikanischen Landes kündigte am Mittwoch an, seine Botschaft in Israel wieder zurück von Jerusalem nach Tel Aviv zu verlegen.

Israel schliesst Botschaft in Paraguayy

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu ordnete daraufhin die Schliessung der israelischen Botschaft in Paraguay an. Die Palästinenserführung kündigte hingegen die Eröffnung einer Botschaft in dem südamerikanischen Land an.

Früher andere Politik: Israels Premier Benjamin Netanjahu (rechts) und der ehemalige Präsident Paraguays Horacio Cartés (links) pflegten eine freundschaftliche Beziehung. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/POOL AP/SEBASTIAN SCHEINER

Abdo Benítez hatte Mitte August sein Amt angetreten. Er gehört wie sein Vorgänger Horacio Cartés der seit Jahrzehnten nahezu ununterbrochen regierenden Colorado-Partei an. Cartés hatte erst im Mai die Botschaft in Jerusalem eingeweiht.

«Ich denke, das sollte unsere israelischen Brüder und Freunde nicht verärgern»

Mit der Rückverlegung der Botschaft nach Tel Aviv solle zu den diplomatischen Bemühungen um einen «umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden» in der Region beigetragen werden, erklärte die Regierung in Asunción.

Asuncion verwies auf die langen freundschaftlichen Beziehungen zu Israel. «Ich denke, das sollte unsere israelischen Brüder und Freunde nicht verärgern», sagte Aussenminister Luis Castiglioni bei einer Pressekonferenz. «Mehr als 85 Staaten haben ihre Botschaften in Tel Aviv gelassen und wir sind historische Verbündete.» Es dürfe nicht vergessen werden, dass «Paraguays Stimme die entscheidende Stimme bei der Gründung Israels war», fügte der Minister hinzu. Er bezog sich auf eine Abstimmung bei der Uno 1947.

Paraguay sei in seiner internationalen Politik stets verlässlich gewesen, sagte Castiglioni weiter. Der Entscheid von Cartés sei dagegen eine «Verzerrung dieser Tradition und Kultur des Respekts des internationalen Rechts» gewesen.

Aus Israel kam jedoch scharfe Kritik: Die Entscheidung Paraguays werfe einen Schatten über die Beziehungen zwischen beiden Ländern, hiess es aus dem Büro Netanjahus.

Palästinenser wollen Botschaft in Paraguay eröffnen

Die Palästinenser reagierten erfreut auf die Ankündigung aus Südamerika. Aussenminister Rijad al-Maliki sagte laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Wafa, die Palästinenser wollten «unverzüglich» eine Botschaft in Paraguay eröffnen. Dies habe Palästinenserpräsident Mahmud Abbas angeordnet, um die «mutige Entscheidung der paraguayischen Regierung zu würdigen».

Nach den USA und Guatemala hatte Paraguay im Mai als drittes Land seine Botschaft nach Jerusalem verlegt. International war es jahrzehntelang üblich, dass Staaten ihre diplomatischen Vertretungen in Israel in Tel Aviv ansiedeln. US-Präsident Donald Trump hatte im Dezember mit diesem Konsens gebrochen und den Umzug der US-Botschaft nach Jerusalem angeordnet.

Die umstrittene Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem am 14. Mai führte zu blutigen Unruhen. Im Grenzgebiet zwischen dem Gazastreifen und Israel wurden bei der Niederschlagung der Proteste durch die israelische Armee rund 60 Palästinenser getötet. Zwei Tage später verlegte dann auch Guatemala seine Botschaft in Israel nach Jerusalem.

Sowohl Israel als auch die Palästinenser beanspruchen Jerusalem als Hauptstadt für sich. Der Streit ist eines der Haupthindernisse für eine Lösung im jahrzehntelangen Nahost-Konflikt. (SDA)

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