Olaf Scholz trifft Joe Biden
Pulli-Kanzler reist wegen Ukraine-Krise in die USA

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts wird Bundeskanzler Olaf Scholz an diesem Montag in Washington von US-Präsident Joe Biden empfangen. Dabei liefert nicht nur das Zögern von Scholz Gesprächsstoff, sondern auch sein legeres Outfit.
Publiziert: 07.02.2022 um 17:31 Uhr

Vor seinem Abflug nach Washington lehnte Olaf Scholz (63) am Sonntag im ARD-«Bericht aus Berlin» von der Regierung in Kiew geforderte deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine erneut strikt ab. Der deutsche Kanzler bemühte sich zugleich, Zweifel an der Bündnistreue zu zerstreuen.

Scholz wird von einigen Bündnispartnern vorgeworfen, in der Ukraine-Krise zu wenig Druck auf Russland auszuüben. Auch in den USA sind Zweifel laut geworden, ob man im Ernstfall auf den wichtigen Nato-Partner Deutschland zählen kann. Der Druck auf Scholz dürfte enorm sein. Doch anzusehen ist ihm dieser offensichtlich nicht. Ein Bild aus dem Flugzeug macht auf Twitter die Runde. Es zeigte den Kanzler kurz vor dem wichtigen Treffen, ganz leger in einem Pullover.

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Inzwischen ist Scholz in den USA angekommen. Der Besuch des Bundeskanzlers ist der Start einer diplomatischen Offensive. Eine Woche danach will Scholz nach Kiew und dann nach Moskau reisen. Er wird nach Angaben des Weissen Hauses um 13.30 Uhr Ortszeit (19.30 MEZ) von US-Präsident Joe Biden empfangen. Für 15.15 Uhr (21.15 MEZ) ist eine gemeinsame Pressekonferenz geplant.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz reist wegen der Ukraine-Krise in die USA. Seine legere Reisebekleidung sorgte dabei für Gesprächsstoff.
Foto: Twitter
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Schwächstes Glied in der Nato

Parallel zum Scholz-Besuch in Washington reist Deutschlands Aussenministerin Annalena Baerbock (41) am Montag zu Gesprächen nach Kiew. Kurz davor übermittelte die Ukraine dem Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium eine Liste mit Waffenwünschen. Scholz zeigte sich in der Frage am Sonntag hart. «Die Bundesregierung hat seit vielen Jahren einen klaren Kurs, dass wir nicht in Krisengebiete liefern und dass wir auch keine letalen Waffen in die Ukraine liefern», sagte er. Mit Blick auf Ex-Kanzlerin Angela Merkel (67) ergänzte Scholz: «Das hat schon meine Vorgängerin so gehalten, und das war richtig. Und das bleibt auch richtig.»

Auf den Vorhalt, Deutschland werde im Ukraine-Konflikt als schwächstes Glied in der Nato wahrgenommen, entgegnete Scholz in der ARD: «Das ist ein falscher Eindruck, der auch nicht in Washington vorherrschend ist, den aber einige äussern.» In einem Interview der «Washington Post» betonte Scholz die Geschlossenheit mit den USA. Ziel seines Besuchs sei «die Stärkung unserer transatlantischen Partnerschaft», sagte der Kanzler. «Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Verbündete Deutschlands und Europas.»

«Scholz wird für Klarheit sorgen»

In Deutschland äusserten Politiker von Koalition und Opposition die Erwartung, dass Scholz bei seinem Besuch in Washington Irritationen über die Rolle der Bundesrepublik im westlichen Bündnis ausräumen wird. «Olaf Scholz wird für Klarheit sorgen: Deutschland spielt im Team Europa und im Team Nato», sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (51, SPD), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der CDU-Aussenexperte Norbert Röttgen (56) erwartete die Klarstellung, «dass Deutschland ein aktiver und verlässlicher Verbündeter ist». Röttgen sagte dem RND: «Das heisst konkret, dass Deutschland in dem Konflikt mit Russland zusammen mit den USA und den anderen Partnern bereitsteht für glaubwürdige Abschreckung.»

Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan (45) warnte am Sonntag vor einer womöglich bald bevorstehenden Eskalation durch Russland. «Wir glauben, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass Wladimir Putin einen Angriff auf die Ukraine anordnen wird», sagte Sullivan dem US-Sender ABC. Ein solcher Angriff könne in verschiedenen Formen erfolgen. «Es könnte schon morgen geschehen oder noch einige Wochen dauern.» Putin (69) habe sich mit den Militäraufmärschen in die Lage versetzt, «jetzt jederzeit aggressiv gegen die Ukraine vorgehen zu können».

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Streitpunkt Nord Stream 2

Sullivan drohte Moskau für den Fall einer Invasion der Ukraine mit dem Aus für die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2. «Wenn das geschieht, wird Nord Stream 2 nicht weitergeführt», sagte Sullivan dem Sender NBC am Sonntag. Auf die Frage, ob Scholz eine solche Massnahme bei seinem Besuch öffentlich zusichern werde, sagte Sullivan: «Ich werde den deutschen Kanzler für sich selber sprechen lassen.» Der Biden-Berater machte auch keine Angaben dazu, ob die Bundesregierung der US-Regierung eine Zusage für ein Aus für Nord Stream 2 im Fall einer Eskalation gegeben habe.

Scholz hat Nord Stream 2 erst nach langem Zögern als mögliches Sanktionsinstrument auf den Tisch gelegt – und das auch nur verdeckt, ohne die Pipeline beim Namen zu nennen. Nord Stream 2 sorgt seit Jahren für Streit zwischen Washington und Berlin. Kritiker befürchten, dass sich Deutschland in Abhängigkeit von Russland begibt und dass Putin Energie als Waffe nutzen könnte. Die Pipeline, mit der unter Umgehung der Ukraine russisches Gas nach Deutschland gebracht werden soll, ist fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb.

Macron trifft Putin

Während Scholz in Washington Biden trifft, reist Emmanuel Macron (44) am Montag zu einem Treffen mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin nach Moskau. Macron und Putin hatten in den vergangenen Tagen bereits drei Krisengespräche am Telefon geführt. Frankreich hat derzeit die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union inne.

Vor seinem Besuch im Kreml stimmte sich Macron mit Scholz ab. Der französische Präsident telefonierte am Sonntag ausserdem mit Biden. Biden und Macron hätten unter anderem «die anhaltenden diplomatischen Bemühungen und Abschreckungsmassnahmen als Reaktion auf die fortgesetzte militärische Aufrüstung Russlands an den Grenzen der Ukraine» besprochen, teilte das Weisse Haus mit. Bei einem weiteren Telefonat von US-Aussenminister Antony Blinken (59) mit seinem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian (74) am Sonntag stand nach US-Regierungsangaben ebenfalls der Ukraine-Konflikt im Mittelpunkt. (bra)


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