Nahost vor Eskalation
Israel riskiert mit Tötung von Hamas-Führern einen regionalen Krieg

Nach der Tötung von Hamas-Führern durch Israel drohen Iran und Hisbollah mit Vergeltung. Experten warnen vor Eskalation und einem Zwei-Fronten-Krieg. Fluggesellschaften setzen Flüge in den Libanon aus.
Publiziert: 01.08.2024 um 18:35 Uhr
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Aktualisiert: 02.08.2024 um 15:40 Uhr
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Der Konflikt zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas droht – erneut – zu eskalieren und den ganzen Nahen Osten miteinzubeziehen. Am Donnerstag teilen die israelischen Streitkräfte mit, dass der Militärchef der Hamas, Mohammed Deif (†58), bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen getötet wurde. Deif war einer der führenden Köpfe hinter dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023.

Gestorben soll er bereits vor einigen Wochen sein – doch die israelische Bestätigung seines Todes kommt zu einem sehr kritischen Zeitpunkt. Denn bereits am Mittwoch tötete das israelische Militär den politischen Führer der Hamas, Ismail Hanija (†62), als er sich auf Staatsbesuch in der iranischen Hauptstadt Teheran befand. Am Dienstag machte Israel zudem öffentlich, dass der hohe Hisbollah-Kommandeur Fuad Shukr (†61) in Beirut, der Hauptstadt des Libanons, getötet worden sei.

«Israel riskiert Zwei-Fronten-Krieg»

Israel wertet die Schläge gegen diese wichtigen Personen der beiden Terrororganisationen als Erfolg. Ob die Tötung von Deif, Shukr und Hanija aber tatsächlich ein Erfolg ist, bleibt laut Experten fraglich. Nahost-Experte Erich Gysling (88) gibt am Mittwoch gegenüber Blick zu bedenken: «Diese israelischen Angriffe auf Teheran und Beirut bergen die Gefahr, eine Eskalationsspirale loszutreten.» Laut Gysling ist es wahrscheinlich, dass sich Israel in eine noch viel verzwicktere Situation manövriert hat. «Israel riskiert einen Zwei-Fronten-Krieg, der das Land in existenzielle Schwierigkeiten bringen wird.»

Am Donnerstag verkündete das israelische Militär IDF, dass es den militärischen Führer der Hamas, Mohammed Deif, getötet habe.
Foto: AFP
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Tatsächlich kündigten der Iran, die Hisbollah und die Hamas bereits am Mittwoch Vergeltung an. Die Rache für die Ermordung Hanijas sei «Teherans Pflicht», da sie sich in der iranischen Hauptstadt ereignet habe. Dies sagte der oberste Führer des Iran, Ayatollah Ali Chamenei (85) am Donnerstag. Israel habe «eine harte Strafe für sich selbst» vorbereitet.

Nachfolger für Hanija bereits festgelegt

Die «New York Times» berichtete unter Berufung auf drei iranische Beamte, die über den Befehl unterrichtet waren, dass Chamenei dem Iran den Befehl erteilt habe, Israel direkt anzugreifen. Es war nicht möglich, den Bericht zu überprüfen. Laut der Nachrichtenagentur Reuters sollen sich die Verbündeten am Donnerstag miteinander getroffen haben, um eben diese Vergeltungsmassnahmen zu besprechen.

Der stellvertretende Hamas-Chef im Gazastreifen, Khalil Al-Hayya (63), sagte, die Hamas und der Iran wollten keinen regionalen Krieg, aber die Ermordung Hanijas sei ein Verbrechen, das bestraft werden müsse. Auf einer Pressekonferenz in Teheran sagte er ausserdem, dass derjenige, der Hanijas Nachfolge antreten werde, «dieselbe Vision» in Bezug auf Verhandlungen zur Beendigung des Krieges verfolgen und die gleiche Politik des Widerstands gegen Israel fortsetzen werde.

Aus Sicherheitsgründen haben der Lufthansa-Konzern, zudem auch die Swiss gehört, sowie einige amerikanische und französische Fluggesellschaften ihre Flüge in den Libanon bis Montag ausgesetzt.

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