In Afrika brodelts. Nach Putschs in mehreren Staaten ist nun auch die Regierung von Gabun gestürzt und Staatschef Ali-Ben Bongo Ondimba (64) unter Hausarrest gestellt worden. Das Land war bis 1960 eine französische Kolonie und wird seit 1967 vom Bongo-Clan regiert, der nach eigenen Angaben die Wahlen am Samstag wieder gewonnen hat.
Die Putschisten bestehen aus Mitgliedern der Republikanischen Garde sowie Soldaten der regulären Armee und Polizisten. Sie erklärten das Wahlergebnis als gefälscht und haben es annulliert.
Wieso wurde in Gabun die Regierung gestürzt?
Der Putsch richtet sich gegen den Bongo-Clan, der am Samstag den Wahlsieg des langjährigen Staatschefs Ali-Ben Bongo Ondimba verkündet hat. Während der Auszählung hatte Bongo den Internetzugang gesperrt, eine Ausgangssperre von 19 bis 6 Uhr verhängt und mehreren französischen Rundfunksendern die Ausstrahlung verboten. Ein Regierungssprecher rechtfertigte die Internetsperre damit, «falsche Informationen» und «Aufrufe zur Gewalt» zu bekämpfen.
Warum ist der Bongo-Clan so verhasst?
Der Clan bereichert sich vor allem am Verkauf von Öl- und Gasvorräten, während die 2,3 Millionen Einwohner grösstenteils in Armut leben. Die Militärs begründen den Putsch mit der «unverantwortlichen, unvorhersehbaren Regierungsführung», der das Land ins Chaos zu stürzen drohe. Bongo-Gegner werfen dem Staatschef vor, viel angekündigt, aber nichts umgesetzt zu haben.
Wird auch hier Russland versuchen, Einfluss zu nehmen?
Russland steigert seinen Einfluss in mehreren afrikanischen Staaten. Es gibt aber keine Anzeichen dafür, dass russische Kräfte hinter dem Putsch in Gabun stecken oder ihn unterstützt haben. Der Einfluss Moskaus auf das Land ist klein, Gabun war nicht einmal an Putins Afrika-Gipfel Ende Juli in St. Petersburg vertreten. Es ist aber davon auszugehen, dass der Kreml die instabile Lage ausnützen und seinen Einfluss vergrössern könnte.
Wie geht es in Gabun weiter?
Die Putschgruppe, die sich «Ausschuss für Übergang und Wiederherstellung von Institutionen» (CTRI) nennt, teilte mit, dass staatliche Institutionen ab sofort aufgelöst seien. Es bleibt abzuwarten, ob das Militär auch Kontrolle über die anderen Hebel der Macht gewinnen oder es Widerstand von Loyalisten geben wird. Von einem Bürgerkrieg gehen Experten nicht aus, da in diesem kleinen Land beide Fronten auf Familienebene miteinander verwandt oder verbandelt sind.
Warum gibt es zurzeit so viele Putschs in Afrika?
Viele junge Menschen in Afrika kennen nur ein Leben unter französischem Einfluss. Dominik Langenbacher (72), ehemaliger Schweizer Botschafter in mehreren afrikanischen Ländern, erklärt: «Die Regierungen sehen in der neuen multipolaren Weltordnung eine Chance, aus dem Schatten der Kolonialmacht und den USA hervorzutreten und andere Optionen zu prüfen. Das wird die Zustimmung der Jungen finden.»
Ein anderer Grund sei die weitverbreitete Korruption. Langenbacher: «In all diesen Ländern gibt es um die Regierung herum eine korrupte politische Elite. Der Kuchen wird innerhalb dieser aufgeteilt, und die Armee fühlt sich ausgeschlossen. Sie will auch an die Töpfe.»
Wo könnte es zu weiteren Putschs kommen?
Die Putsch-Serie im frankophonen Afrika weitet sich nach den Umstürzen in Guinea, Mali, Burkina Faso und zuletzt Niger schnell aus. Ein weiterer Putsch wäre im Tschad möglich. Auch da ist weiterhin ein Militärführer an der Macht. 2021 übernahm der Präsidentensohn, General Mahamat Idriss Déby Itno (39), nach dem Tod seines Vaters die Staatsführung. Die erfolgreichen Putschs könnten die Opposition im Tschad anspornen.
Welches sind die Auswirkungen der Putschs auf Europa?
Durch den Sturz von Regierungen dürften Terroristen, vor allem Islamisten, Auftrieb bekommen. Auch in der Migration kann es zu neuen Wellen kommen. Der Putsch allein in Gabun wird sich – im Gegensatz zum bevölkerungsmässig zehnmal grössere Niger – kaum auf Europa auswirken.